Ex-Chefstrategin der Nato:Was von der Nato-Zusage der USA zu halten ist
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Bei der Verteidigung müsse Europa selbstbewusster werden, mahnt die frühere Nato-Strategin Babst anlässlich eines Nato-Treffens. Versprechen der USA seien mit Vorsicht zu genießen.
Rubios Aussage sorge für "große Erleichterung" in Brüssel, so Stefanie Babst, ehem. Stellv. Nato-Generalsekretärin. Doch sie stehe "im deutlichen Gegensatz zur konkreten Politik" in Washington.04.04.2025 | 5:59 min
Bei einem Nato-Treffen in Brüssel beraten die Außenminister der Mitgliedsstaaten unter anderem über den Beitrag der Europäischen Union zu aktuellen Aufrüstungsbemühungen. Anwesend ist auch US-Außenminister Marco Rubio.
Er beteuerte zwar, die USA würden in der Nato bleiben, forderte zugleich jedoch von den Mitgliedern, ihre Militärausgaben auf fünf Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) anzuheben.
Eine Einschätzung dazu, wie verlässlich Rubios Bekenntnis zur Nato ist und wie realistisch seine Forderung höherer Militärausgaben, gab im ZDF-"Morgenmagazin" Stefanie Babst. Sie leitete bis 2020 den strategischen Planungsstab der Nato.
Lesen Sie das Interview hier in Auszügen oder schauen Sie es im Video in voller Länge. Das sagte Babst...
... zur Verlässlichkeit der USA und über Befürchtungen eines US-Truppenabzugs:
Zunächst einmal sei die Aussage, dass die USA weiterhin zur Nato stehen, mit großer Erleichterung aufgenommen worden, so Babst. "Aber sie ist in meinen Augen mit sehr großer Vorsicht zu genießen."
Beim Treffen der Nato-Außenminister stehen die Themen Aufrüstung und Unterstützung der Ukraine im Fokus. Kiew fordert die Nato auf, den Druck auf Russland zu erhöhen.
04.04.2025 | 0:25 min
Rubio habe im Team von US-Präsident Donald Trump eine "eher marginale Rolle". Seine Aussage stehe "in einem deutlichen, krassen Gegensatz zu der Politik, die wir in den letzten Wochen aus Washington kommend gesehen haben".
Als Beispiele nannte sie die Annäherung an Russland sowie die Angriffe gegenüber Kanada und Dänemark. Trumps aggressive Zollpolitik hatte zunächst Nachbarländer wie Kanada und Mexiko ins Visier genommen, zudem verprellte er mit Spekulationen über eine Annexion Grönlands sowohl Dänemark als auch Grönland selbst.
Zu hoffen, wir könnten ihn (Trump) mit ein paar Verteidigungszahlen beeinflussen und ihn beispielsweise davon abbringen, den engen Schulterschluss mit dem Kriegsverbrecher in Russland zu suchen, halte ich für ziemlich naiv.
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Stefanie Babst, ehemalige NATO-Strategin
"Trumps Gruppe", wie Babst sein Regierungsteam nannte, sei kein "erratisches Einzelphänomen". "Hinter Präsident Trump und in seinem Team gibt es eine ganze Reihe von wirklich scharfmachenden Make-America-Great-Again-Ideologen, die seit einiger Zeit ganz offen die Zerstörung liberal-demokratischer Institutionen propagieren." Diese seien der Meinung, Europa werde "von einer dekadenten, korrupten, links-gerichteten Elite regiert". Dies sei der ideologische Hintergrund, vor dem Trump agiere.
... arbeitete über 20 Jahre lang in verschiedenen hochrangigen Funktionen bei der Nato in Brüssel. Im Mai 2006 ernannte sie der Nato-Generalsekretär zur Stellvertretenden Beigeordneten Generalsekretärin für Public Diplomacy der Nato. Damit wurde sie zur ranghöchsten deutschen Frau im Internationalen Stab der Nato. Von 2012 bis 2020 leitete sie den strategischen Planungsstab. Mittlerweile ist sie als Sicherheitsexpertin und Strategieberaterin gefragt.
... über die Bedeutung von Rubios Aussagen für die weitere Unterstützung der Ukraine:
Sie gehe davon aus, dass die Nato-Mitglieder - jedenfalls überwiegend - weiterhin versuchen werden, "sich an Herrn Trump zu klammern und den transatlantischen Schulterschluss wieder zu bemühen."
Nato-Generalsekretär Mark Rutte habe sich in ihren Augen schon sehr an das Narrativ Trumps angelehnt. Der frühere Ministerpräsident der Niederlande hatte wiederholt gefordert, die Mitglieder müssten deutlich mehr als drei Prozent ihres BIP ausgeben, um Lücken in der Verteidigungsbereitschaft der Nato zu schließen. Dazu sagte Babst:
Ich würde mir wünschen, dass die Europäer im Bündnis sehr viel selbstbewusster auftreten.
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Stefanie Babst, ehemalige NATO-Strategin
Der norwegische Außenminister habe richtigerweise darauf hingewiesen, dass es in der Nato nicht nur um Prozentzahlen, sondern um Verpflichtungen wie den Washingtoner Vertrag gehe. Darunter falle, davon Abstand zu nehmen, "Verbündete politisch, wirtschaftlich oder sogar in ihrer territorialen Integrität zu bedrohen". Dies müssten Europa und Kanada deutlich machen.
Washington äußere "freundliche Worte" an Europa, diese würden aber "konterkariert vom US-Präsidenten", so ZDF-Korrespondent David Sauer aus Washington, die Ansprüche an die Nato-Verbündeten seien zudem "illusorisch".04.04.2025 | 2:10 min
... über die geforderten fünf Prozent Verteidigungsausgaben:
In erster Linie sei das von Rubio genannte Fünf-Prozent-Ziel eine künstliche, politisch motivierte Größe, betonte Babst:
Das Verweisen auf Prozentzahlen sagt erst einmal überhaupt nichts darüber aus, wie einsatzfähig und abschreckungsfähig Streitkräfte am Ende sind.
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Stefanie Babst, ehemalige NATO-Strategin
Auch die USA selbst würden unter fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Grundsätzlich sei aber richtig, dass sich die Schlusslichter bei den Verteidigungsausgaben mehr anstrengen müssten. Babst nannte Italien, Spanien, Portugal, Belgien und Luxemburg, die jeweils weit unter zwei Prozent ihres BIP ausgeben würden.
Die großen Bündnispartner sowie die nordischen und baltischen Staaten hätten schon bewiesen, dass sie bereit seien, Geld in die Hand zu nehmen. "Das ist etwas, das in die richtige Richtung geht." Wichtig sei, dass den Absichtserklärungen jetzt zügig konkrete Handlungen folgten, mahnte Babst.
Die Fragen stellte Morgenmagazin-Moderatorin Mirjam Meinhardt. Zusammengefasst hat das Interview Anja Engelke.
Quelle: dpa
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