Schärfere EU-Asylregeln endgültig beschlossen

    FAQ

    Nach jahrelangem Streit:Schärfere EU-Asylregeln endgültig beschlossen

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    Die EU-Asylreform ist endgültig beschlossen. Die EU-Staaten stimmten den Plänen, die unter anderem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen vorsehen, in Brüssel zu.

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    Nach fast zehnjährigen Debatten können die neuen europäischen Asylregeln in Kraft treten. Die EU-Mitgliedsländer besiegelten die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts (Geas) an diesem Dienstag in Brüssel. Das Paket aus zehn Gesetzestexten sieht eine deutliche Verschärfung der Verfahren vor. Zugleich sollen Hauptankunftsländer wie Italien oder Griechenland entlastet werden. Die Asylagentur der Europäischen Union hatte im vergangenen Jahr rund 1,1 Millionen Anträge verzeichnet, den höchsten Wert seit 2016. Das ist geplant:

    Was ist an Europas Außengrenzen vorgesehen?

    Erstmals soll es dort Asylverfahren geben, um Migranten mit geringen Aufnahmechancen an der Weiterreise zu hindern. Dies betrifft etwa Menschen aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch, die eine höchstens 20-prozentige Anerkennungsquote in der EU haben.
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    In die Grenzverfahren kommen zudem Migranten, die als Sicherheitsgefahr eingestuft werden, oder die die Behörden in die Irre geführt haben, etwa mit einem falschen Pass. Betroffene sollen einen kostenlosen Rechtsbeistand erhalten.

    Was passiert bei den Grenzverfahren?

    Die Migranten sollen in Grenznähe festgehalten und von dort aus direkt abgeschoben werden. Juristisch werden sie als nicht in die EU eingereist betrachtet. Das Asylverfahren und die Rückführung sollen im Regelfall bis zu zwölf Wochen dauern. Die Mitgliedsländer wollen zunächst 30.000 Plätze in Grenzlagern schaffen, nach vier Jahren sollen es 120.000 sein.
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    Warum war das umstritten?

    Die Bundesregierung und insbesondere die Grünen wollten neben unbegleiteten Minderjährigen auch Familien mit Kindern von den Grenzverfahren ausnehmen. Dies scheiterte jedoch. Auf Druck des EU-Parlaments sollen Familien mit Kindern aber als letzte in die Grenzverfahren kommen, ihre Anträge sollen als erste bearbeitet werden und sie sollen "geeignete Aufnahmebedingungen" vorfinden. Die EU-Asylagentur mit Sitz in Malta soll dies überwachen.

    Wo soll es noch Asylverfahren geben?

    Die Mitgliedsländer können Asylbewerber künftig in "sichere Drittstaaten" wie Tunesien oder Albanien zurückschicken. Voraussetzung ist, dass Migranten eine Verbindung zu dem Drittstaat haben, etwa durch Angehörige. Eine Durchreise reicht nicht aus. Eine EU-Liste sicherer Länder gibt es bisher nicht, sie soll aber erarbeitet werden.
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    Was ist bei der Verteilung von Migranten geplant?

    Auch künftig ist das Land der ersten Einreise in der Regel für einen Asylantrag zuständig. Es greift aber ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus. So will die EU jährlich mindestens 30.000 Migranten aus Italien oder Griechenland umverteilen. Auf Deutschland kämen theoretisch rund 6.600 Menschen pro Jahr zu. Allerdings können Vorjahresankünfte abgezogen werden.
    Staaten wie Ungarn können sich von einer Aufnahme zudem freikaufen, im Gespräch sind 20.000 Euro pro Migrant. Alternativ können sie Grenzbeamte entsenden oder Projekte in Drittländern finanzieren.
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    Was ist mit der Erfassung der Migranten?

    Bislang kommen zahlreiche Menschen unregistriert in Deutschland an. Dies soll sich mit der Reform ändern. Grenzländer wie Italien oder Griechenland sollen biometrische Fingerabdrücke oder Fotos der Migranten in der Eurodac-Datenbank der EU registrieren. Erstmals sind Kinder ab sechs Jahren davon betroffen, bisher galt 14 als Untergrenze.
    Wer ein "Sicherheitsrisiko" darstellt, soll speziell gekennzeichnet werden, vor allem bei Verbindungen zu "Terrorgruppen". Der Schnell-Check soll maximal sieben Tage dauern.
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    Was passiert bei Ankunft besonders vieler Geflüchteter?

    Das regelt eine Krisenverordnung. Auch Migranten mit bis zu 50-prozentiger Anerkennungsquote sollen dann die Grenzverfahren durchlaufen. Sie können dann sogar 18 statt zwölf Wochen festgehalten werden. Wenn Russland oder andere Drittländer Geflüchtete "instrumentalisieren", müssen sie vollständig in Grenzverfahren. Das träfe dann auch Syrer oder Afghanen, die mit die höchsten Anerkennungschancen in Europa haben.
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    Ab wann soll das neue Recht gelten?

    Die EU-Länder haben jetzt zwei Jahre Zeit zur Umsetzung. In diesem Sommer, wenn wieder besonders viele Migranten in Europa erwartet werden, greift die Reform noch nicht.

    Was heißt das jetzt für Deutschland?

    Kurzfristig wird sich an der Situation in Deutschland nichts ändern. Denn bis die Regelungen greifen, werden noch Jahre vergehen. Die Reform könnte die Zahl der Geflüchteten in Deutschland verringern, denn ein Teil der Schutzsuchenden wird dann von den Außengrenzen direkt zurückgeschickt, und die verschärften Regeln könnten abschreckend wirken. Darauf hoffen neben den Verhandlern auch CDU und CSU sowie Länder und Kommunen.
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    Dieses FAQ zur Asylrechtsreform der EU ist bereits im April auf der ZDFheute erschienen. Es wurde jetzt, nach Zustimmung der EU-Länder, lediglich angepasst.
    Quelle: AFP, dpa

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