Humanitäre Aufnahme statt individuelles Asyl?

Bamf-Chef: "Persönliche" Meinung:Humanitäre Aufnahme statt individuelles Asyl?

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Eine Abkehr vom individuellen Asylrecht hin zur humanitären Aufnahme - dafür plädiert Hans-Eckhard Sommer. Der Bamf-Chef betont: Es sei seine "persönliche Einschätzung".

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Um eine nachhaltige Steuerung und Begrenzung der Migration zu erreichen, ist nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, ein radikaler Kurswechsel nötig. Es sei falsch, am individuellen Asylrecht festzuhalten und auf positive Effekte der beschlossenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu hoffen, sagte Sommer bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zur Zukunft des Asylrechts.

Sommer: Aufnahme "in beachtlicher Höhe"

Sinnvoller wäre es nach seinen Worten, das aktuelle System durch humanitäre Aufnahmen "in beachtlicher Höhe" zu ersetzen. Dabei wäre die Zahl der Menschen festzulegen, die die Europäische Union jährlich aufnähme, ebenso wie die Staaten auszuwählen wären, aus denen Menschen aufgenommen würden. Neben humanitären Gesichtspunkten könne hier auch die Integrationsfähigkeit des Arbeitsmarktes eine Rolle spielen.
Wer dennoch unerlaubt nach Deutschland einreise, hätte dann keine Aussicht mehr auf ein Bleiberecht. Mache nicht gerade der individuelle Anspruch auf Asyl eine Steuerung der Fluchtmigration unmöglich, weil er viel zu weitgehend sei, fragte der Bamf-Chef.
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Sommer: Verträge können geändert werden

Es gehe ihm um einen besseren, zielgerichteten und humaneren Schutz, sagte Sommer. "Solange wir an unsere europäischen Werte glauben, sind wir in der Verpflichtung, Menschen in Not mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen."
Auf die Frage zur Umsetzbarkeit seines Vorschlags sagte er:

Politik kann vieles, wenn sie nur will.

Hans-Eckhard Sommer, Bamf-Chef

Schließlich hätten sich zuletzt auch die Mehrheitsverhältnisse auf europäischer Ebene geändert. Auch internationale Verträge wie die Genfer Flüchtlingskonvention könnten geändert werden. Man müsse sich "aus alten Denkschemata befreien", forderte Sommer. Mit Blick auf den Aufstieg populistischer und rechtsextremer Parteien in Europa dürfe man nicht ausblenden, dass der demokratische Rechtsstaat "an diesem Thema auch zugrunde gehen kann".
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Sommer: "Persönliche Einschätzung"

Sommer betonte, seinen Vortrag halte er nicht als Bamf-Präsident. Es gehe ihm vielmehr darum, seine "persönliche Einschätzung" und eine Zusammenfassung seiner Erfahrungen zu präsentieren.
Das aktuelle europäische System sei zynisch, sagte er. Es ziehe vor allem junge Männer aus der Mittelschicht an, während Frauen, Kranke und Familien oftmals keine Chance hätten, nach Europa zu gelangen. Die Forderung nach "Schutz der Grenzen" offenbare nur Hilflosigkeit. Die von einigen Politikern als Maßnahme zur Begrenzung der Fluchtmigration nach Deutschland vorgeschlagene Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten ist aus Sicht von Sommer "keine realistische Option".
Quelle: dpa, KNA

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