Argentinien unter Präsident Milei: Erholte Wirtschaft?

    Folgen der Politik Milei:Argentinien: Zwischen Armut und Aufbruch

    von Tobias Käufer, Buenos Aires
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    Die ökonomischen Kennziffern deuten in dem südamerikanischen Land auf eine wirtschaftliche Erholung. Doch der radikale Sparkurs des Präsidenten produziert auch Verlierer.

    Soziale Bewegungen protestieren gegen Präsident Javier Milei in Buenos Aires
    In Argentinien versprach Präsident Javier Milei eine Verbesserung der Wirtschaft. Doch vor allem Rentner sind noch immer von Armut betroffen, weshalb es bereits zu Protesten im Land kam.
    Quelle: ddp

    Die Armenpriester haben gerufen und mehr als 4.000 Bedürftige sind gekommen: Vor dem Kongressgebäude in der argentinischen Hauptstadt versammeln sich nun seit acht Jahren jedes Jahr um Weihnachten Arme, Bedürftige und Obdachlose. Eine Aktion der an der linken Befreiungstheologie orientierten katholischen Geistlichen in Buenos Aires.
    Sie wollen den Blick auf jene richten, die bereits seit Jahren oder auch erst seit kurzem in die Armut abgerutscht sind. Für diese Bedürftigen ist die Kirche und deren Armenspeisungen ein Rettungsanker:

    Ohne sie würde ich vielleicht verhungern. Ich weiß nicht, wie ich sonst über den Monat kommen soll.

    Julio (78), Rentner in der Armensiedlung "Ciudad Oscura", über die Armenküche der Kirche

    Argentiniens neuer Präsident Javier Milei winkt der Menge von einem Balkon der Casa Rosada-Regierung zu.
    Mit seinem radikalen Ansatz konnte Präsident Javier Milei die Inflation von 25,5% auf 2,7% senken. Zugleich ist die Armut in der argentinischen Bevölkerung groß. 10.12.2024 | 1:30 min

    Hilfseinrichtungen spüren die sozialen Erschütterungen

    Eine der sozialen Einrichtungen, die sich um Senioren kümmert, ist das Zentrum "Cura Brochero" in der Armensiedlung "Ciudad Oscura". Hier spüren die Ordensschwestern jede soziale Erschütterung sofort. In dem nach einem prominenten Armenpriester aus dem 19. Jahrhundert benannten Sozialküche werden täglich Gemüse geputzt, Kartoffeln geschält und Hähnchenfleisch gekocht.

    Armenküche als Rettungsanker

    Abnehmer der Mahlzeiten sind Senioren, die in das Zentrum zum Mittagessen kommen oder die ihr Haus selbst nicht mehr verlassen können. Ihnen bringen die katholischen Ordensschwestern das Essen persönlich vorbei.
    Der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz, Erzbischof Marcelo Daniel Colombo (63) aus Mendoza, sagte jüngst der Katholischen Nachrichtenagentur, dass die Sparmaßnahmen der Regierung vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten treffe:

    Ich spreche von den Rentnern, die Menschen ohne festen Arbeitsplatz, ohne Arbeit. Jene Menschen, die immer noch keinen Zugang zu einem Minimum an Einkommen haben.

    Erzbischof Marcelo Daniel Colombo (63) aus Mendoza

    Javier Milei, Präsident von Argentinien
    Seit einem Jahr ist der argentinische Präsident Javier Milei im Amt. Mit seinem Sparkurs konnte er die Inflation senken, aber vor allem viele Rentner haben es schwer.10.12.2024 | 2:00 min
    Seit gut einem Jahr ist der libertäre Präsident Javier Milei im Amt. Seine Strategie: Armutsbekämpfung nicht durch vom Steuerzahler finanzierte Sozialprogramme, sondern durch Wachstum der Privatwirtschaft, die dann über benötigte Arbeitskräfte die Menschen aus der Armut holt.

    Kollateralschäden der Reformen

    Gleich zu Beginn seiner Amtszeit setzte Milei Reformen um: Die Zahl der Ministerien wurde fast halbiert, Zeitverträge in staatlichen Behörden und Institutionen nicht verlängert, Angestellte entlassen. Subventionen zum Beispiel für den Nahverkehr abgebaut. "Es gibt kein Geld", begründete Milei das mit Blick auf die leere Staatskasse. Die sozialen Folgen waren sofort auf der Straße zu spüren. Die Armutsrate wuchs innerhalb von wenigen Monaten spürbar und übersprang sogar die Grenze von 50 Prozent deutlich.

    Armut auch bei Rentnern gestiegen

    "Es sind mehr Leute gekommen. Wir haben den Anstieg der Armut gespürt", sagt eine der Helferinnen des Zentrums. Eindrücke, die auch eine Studie der Universität von Buenos Aires (UBA) bestätigt. Die Armutsquote bei Rentnern sei von 13,2 Prozent im ersten Halbjahr 2023 auf 30,8 Prozent im gleichen Zeitraum 2024 gestiegen:

    Diese Daten zeigen, dass einer von drei Rentnern in Armut lebt und dass im letzten Jahr mehr als eine halbe Million Rentner hinzugekommen sind.

    Studie der Universität von Buenos Aires (UBA)

    Argentinischer Präsident Milei
    Die rechtsextreme Regierung von Präsident Milei hat die finanzielle Unterstützung für Medikamente drastisch eingeschränkt. Dagegen protestieren viele Rentner und Pensionäre.05.12.2024 | 0:19 min

    Wirtschaftswachstum - wie wirkt sich das auf die Armen aus?

    Inzwischen gibt es aber einen gegenläufigen Trend: Es gibt erstmals wieder ein Wirtschaftswachstum von 3,9 Prozent - und auch die Armutsquote begann nun, im dritten Quartal von 2024, wieder zurückzugehen. Die monatliche Inflation ist von 25 Prozent auf knapp drei Prozent gesunken. Argentinien produziert erstmals wieder Haushaltsüberschüsse.
    Das Problem sind allerdings Preissteigerungen bei den Lebensmitteln. Die Armenpriester haben errechnet: Umgerechnet etwa 950 Euro braucht ein Rentner, um über den Monat zu kommen, die Mindestrente liegt aber bei rund 250 Euro. Bei diesem Einkommen bleibt nur der Gang in die Armenküche.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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