Radikale Maßnahmen angekündigt:Proteste gegen neue Milei-Regierung
von Tobias Käufer
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Erstes Kräftemessen in Argentinien nach den Wahlen: Während Gewerkschaften zu Protesten aufrufen, will der neue Präsident das Land radikal entbürokratisieren.
Wahlsieger Milei hatte angekündigt, mit einem radikal marktliberalen Kurs Argentinien aus der Wirtschaftskrise führen zu wollen.
Quelle: IMAGO/JAVIER TORRES/ATON CHILE
Noch ist Javier Milei keine 100 Tage im Amt, doch die ersten Proteste gegen den vor gut einem Monat gewählten libertären Ökonomen sind bereits geplant. Heute wollen zahlreiche Organisationen in Buenos Aires gegen die bereits verkündeten Sparmaßnahmen auf die Straße gehen.
Der neue Präsident wird sich wiederum laut argentinischen Medienberichten ebenfalls zu Wort melden. Per nationaler TV-Ansprache will Milei heute die Maßnahmen verkünden, mit denen die argentinische Wirtschaft radikal entbürokratisiert und dereguliert werden soll.
Ministerin Bullrich: Sicherheitskräfte können eingreifen
Im Vorfeld der angekündigten Proteste hatte es bereits eine scharfe Debatte über die von der konservativen Sicherheitsministerin Patricia Bullrich verkündeten Maßnahmen zum "Schutz der argentinischen Straßen" gegeben.
Bullrich kündigte an, mit massiver Präsenz der Sicherheitskräfte gegen "illegale Straßenblockaden" vorzugehen. Das von ihr geleitete Sicherheitsministerium gab eine entsprechende Erklärung heraus. Die Sicherheitskräfte "können gemäß der geltenden Verfahrensvorschriften eingreifen, wenn eine Straftat in flagranti vorliegt".
Scharfe Kritik aus dem Lager der Gewerkschaften
Scharfe Kritik an dem Maßnahmenpaket Bullrichs kam aus dem Lager der Gewerkschaften, die in Argentinien traditionell dem Peronismus nahestehen. Sie sehen das Streikrecht und das Recht auf freie Demonstrationen gefährdet und warnen vor einem Rückfall in die Zeiten der argentinischen Militärdiktatur.
In der Stellungnahme der Gewerkschaften heißt es weiter, die Initiative der neuen libertär-konservativen Regierung zeige eine "klare und offensichtliche Entscheidung, Protest zu kriminalisieren", indem der Umgang mit Arbeitnehmerdemonstrationen von den Arbeitsgerichten auf die Strafgerichte übertragen werden. Politisch bedeutsam wird sein, wie viele Menschen an diesen Protesten teilnehmen werden.
Umfragen: Mehrheit hinter Sparmaßnahmen von Milei
Die Provinz Buenos Aires wurde am Wochenende von einem starken Unwetter heimgesucht, Straßen wurden von umgestürzten Bäumen blockiert, der Strom fiel vielerorts aus.
Zudem gibt es nach dem monatelangen Wahlkampf eine politische Erschöpfung in der argentinischen Bevölkerung, die nach Vorwahlen, erstem Durchgang und Stichwahl einen langen Wahlkampf erlebte. Ob sich angesichts dieser Begleitumstände, der Sommerferien und so kurz vor dem Weihnachtsfest viele Menschen mobilisieren lassen, wird eine spannende Frage sein.
Laut Umfragen steht eine Mehrheit hinter den ersten Sparmaßnahmen von Milei, die allerdings erst einmal eine deutliche Verteuerung der Lebensmittel und der Spritpreise zur Folge hatte. Ein Teil der Maßnahmen greift ohnehin erst zum 1. Januar.
Mileis Entbürokratisierungsinitiative
Ebenfalls am Mittwoch will die neue Regierung per "cadena nacional" - also einer verpflichtend von TV- und Radiostationen auszustrahlenden Erklärung - eine radikale Entbürokratisierungs- und Deregulierungsinitiative der Wirtschaft ankündigen.
Im Gespräch sind mehr als 3.500 Maßnahmen, die per Dekret aufgehoben werden sollen. Dies soll helfen, die argentinische Wirtschaft wieder anzukurbeln und der Privatwirtschaft eine Perspektive zu geben.
Schweren Wirtschaftskrise in Argentinien
Argentinien wird von einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise erschüttert. Laut Einschätzung der Katholischen Universität (UCA) lebten zum Ende des dritten Quartals rund 44,7 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Fast zwei Drittel (62,9 Prozent) der argentinischen Kinder und Jugendlichen bis zu 17 Jahren sind von Armut betroffen.
Wahlsieger Milei hatte angekündigt mit einem radikal marktliberalen Kurs, das südamerikanische Land aus der schweren Wirtschaftskrise führen zu wollen. Er hatte mit mehr als elf Prozent Vorsprung die Stichwahl gewonnen.