Wahl in Algerien: Wie ein Präsident seine Macht sichert

    Wahl in Algerien:Wie ein Präsident seine Macht sichert

    von Carolin Auen
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    Algerien wählt, bereits im Vorfeld scheint der amtierende Präsident Tebboune als Gewinner festzustehen. Einige erhoffen Stabilität, viele jedoch fürchten seine Autorität.

    Algerien, Algier: Ein Wähler gibt in einem Wahllokal seine Stimme ab.
    Amtsinhaber Tebboune strebt bei den Wahlen in Algerien eine zweite Amtszeit an. Seine Wiederwahl ist so gut wie sicher. Innenpolitisch wird sein Kurs zunehmend autoritär.07.09.2024 | 1:23 min
    37 Grad im Schatten, mit voller Wucht empfängt die Sonne bereits am Vormittag die wenigen, die sich in Algier auf den Weg in die Wahlbüros machen. Doch nicht nur die Hitze hält viele von der Stimmabgabe fern, es herrscht Resignation. Hier steht für viele bereits im Vorfeld fest, dass der aktuelle Präsident Algeriens, Abdelmadjid Tebboune, für eine zweite Amtszeit gewählt werden wird.
    Seine Wahlversprechen: Sicherheit, Stabilität und Wohlstand. Tebboune lockt seine Wählerschaft mit wirtschaftlichem Aufschwung. Dieser entstand nicht zuletzt durch die Öl- und Gasgeschäfte des ressourcenreichen Landes seit Beginn des Ukraine-Krieges, auch mit Deutschland.

    Finanzielle Anreize, "damit man sich in Staatsnähe begibt"

    Diese vermeintliche wirtschaftliche Stabilität sei differenziert zu betrachten, erklärt Isabelle Werenfels von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Algerien sei, im Gegensatz zu seinen Nachbarn, etwa Tunesien, ein reiches Land und ein Teil dieses Reichtums komme auch bei den Leuten an.

    Wir haben in den letzten Jahren dreimal Lohnerhöhungen gesehen, die Inflation flacht gerade ab, also da wird schon ordentlich Geld verteilt.

    Isabelle Werenfels, Stiftung Wissenschaft und Politik

    Und das gezielt auch an junge Leute. Seit 2022 gibt es ein Startup-Ministerium, das junge algerische Unternehmen fördert, auch einen Jugendrat. Doch wer Förderung erhält, darüber entscheidet der Staat. "Da winken oft finanzielle Anreize, damit man sich in Staatsnähe begibt. Für den Staat bedeutet das, dass er die Kontrolle behält", so Werenfels.
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    Auswanderung als Zukunftsplan

    Doch fragt man junge Menschen nach ihren Zukunftsplänen, sprechen sie vor allem von dem Wunsch, Algerien zu verlassen. Auch Houssem Eddine Bouslimane, Ingenieurstudent, spielt mit dem Gedanken. "Ich möchte mich ausprobieren, eine neue Welt kennenlernen." Und vor allem einen Job finden.
    Der Großteil seiner Kommilitonen sei bereits ausgewandert, in die USA oder nach Kanada. Denn mit seinem Abschluss sieht es am Arbeitsmarkt in Algerien schlecht aus. Bouslimane möchte sich weiterbilden, Geld verdienen und vielleicht danach zurück nach Algerien kommen.

    Hoffnung auf Demokratie und Veränderung

    Für Abdel Moumene Khelil hingegen ist klar, dass er in Algerien bleiben will und das, obwohl er täglich damit rechne, festgenommen zu werden. Bis 2023 war er Generalsekretär der algerischen Liga für Menschenrechte.
    Seit der Auflösung der Organisation engagiert er sich weiter, im Untergrund. "Ich sehe meine Rolle und die meiner Generation darin, dieses Land aufzubauen und die Bemühungen unserer Großväter und Väter fortzusetzen, die das Land befreit haben, um einen demokratischen, sozialen Staat für alle Algerier zu errichten."
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    2019 war er für Algerien und einen Wandel auf die Straße gegangen. Von der Aufbruchstimmung der Protestbewegung, des sogenannten Hirak, sei nicht mehr viel übrig. "Leider sehen wir, dass sich in den letzten fünf Jahren in Sachen Freiheit nichts verändert hat. Im Gegenteil, wir haben Räume verloren, in denen wir uns ausdrücken konnten", sagt Abdel.

    Jetzt sehen sich die Menschen einem Regime gegenüber, das jede Idee des demokratischen Wandels abwehrt.

    Abdel Moumene Khelil, Ex-Generalsekretär algerischer Liga für Menschenrechte

    Für Abdel sind die jetzigen Wahlen nur eine Formsache. Doch er gibt die Hoffnung nicht auf, "Algerien hat etwas Besseres verdient."
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    Meinungsfreiheit mit Grenzen

    Wer sich heute in Algerien die Regeln hält, dem geht es gut, wer rebelliert, dem eher nicht. Da ist man sich auch im Wahllokal einig: "Wir haben Meinungsfreiheit, aber es gibt Grenzen. Wenn man sich für die Interessen des Landes ausspricht, gibt es keine Hürden, keine Probleme", sagt Mahdi Rehal, nachdem er seine Stimme abgegeben hat.
    Und was gegen die Interessen des Landes geht, das entscheidet die Regierung.
    Carolin Auen arbeitet im ZDF-Studio Paris.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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