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FAQ
Mithäftling packt aus:Was geschah kurz vor Nawalnys Tod?
von Oliver Klein und Jan Schneider
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Ein Mithäftling berichtet, was im Straflager kurz vor Nawalnys Tod geschah. Was ist zum Tod des Putin-Kritikers bekannt und warum ist die Darstellung des Kreml zweifelhaft?
Nawalny während eines Videotelefonats in der arktischen Strafkolonie (Archivbild).
Quelle: dpa
Die genauen Umstände des Todes des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny werden vielleicht niemals ans Tageslicht gelangen. Doch fest steht: An der offiziellen Version, nach der Nawalny im Straflager "Polarwolf" nach einem Spaziergang das Bewusstsein verloren haben und dann plötzlich gestorben sein soll, gibt es immer mehr Zweifel.
Was ist bisher über den Fall bekannt? Was geschah in den Stunden vor Nawalnys Tod? Und warum ist die Kreml-Version unglaubwürdig? ZDFheute beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was geschah im Gefängnis?
Die kremlkritische Zeitung "Nowaja Gaseta" konnte nach eigenen Angaben mit einem Insassen des Straflagers sprechen. Am Abend vor Nawalnys offiziellem Todestag sei eine seltsame Aufregung in dem Gefängnis ausgebrochen, heißt es in dem Bericht. Plötzlich seien verstärkte Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt worden. Am nächsten Morgen seien die Kontrollen weitergegangen.
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Solche Maßnahmen würden dem Bericht zufolge sonst immer länger im Voraus angekündigt. Mehrfach seien am Abend Autos in das Lager gefahren, berichtet der Mann. Das sei ebenfalls ungewöhnlich.
Höchstwahrscheinlich sei Nawalny in der Nacht zuvor gestorben. "Warum war es sonst nötig, uns fest in der Kaserne einzusperren und am Morgen eine Durchsuchung zu organisieren?", wird der Mithäftling zitiert.
Dazu passt: Zunächst war in Nachrichtenagenturen offenbar der 15. Februar als Todeszeitpunkt angegeben worden, das wurde erst danach auf den 16. korrigiert.
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Wann starb Nawalny genau?
Misstrauen erregte vor allem die Schnelligkeit, mit der in Russland über den Tod Nawalnys berichtet wurde. Angeblich hätten zwischen dem Todeszeitpunkt und der ersten Agenturmeldung nur drei Minuten gelegen, berichteten etliche Medien. Auch habe sich Kremlsprecher Dmitri Peskow bereits 13 Minuten nach dem offiziellen Todeszeitpunkt zu dem Vorfall geäußert - für viele der Beweis, dass die offizielle Version nicht stimmen kann.
Aber: Die Verwirrung entstand wahrscheinlich durch die zweistündige Zeitverschiebung zwischen Moskau und Sibirien, wo Nawalny gefangen gehalten wurde. Der offizielle Todeszeitpunkt ist 14:17 Ortszeit in Sibirien, die ersten Meldungen der russischen Nachrichtenagenturen "Tass" und "RIA Novosti" kamen um 14:20 Uhr Moskauer Zeit - also etwa zwei Stunden später. Auch der Kommentar von Kremlsprecher Peskow zu Nawalny kam demnach nicht 13 Minuten nach dem Tod, sondern zwei Stunden und 13 Minuten später.
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Welche weiteren Ungereimtheiten gibt es?
- Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur "Tass" erreichten die Ärzte des Stadtkrankenhauses von Labytnang die Strafkolonie innerhalb von nur sieben Minuten. Das kann kaum stimmen: Die Stadt liegt mehr als 30 Kilometer von dem Gefängnis entfernt.
- Schon kurz nach Nawalnys Tod zitierte der russische Sender "RT" eine namentlich nicht genannte Quelle mit den Worten, Nawalny sei an einem Blutgerinnsel gestorben - was sich ohne eine Autopsie so nicht sagen lässt.
- Der Sender "Radio Free Europe" entdeckte eine weitere Ungereimtheit: In der offiziellen Mitteilung heißt es, Nawalny sei sofort nach seinem regulären Hofgang kollabiert, also mittags. Doch die Ausgangszeiten in dem Straflager seien frühmorgens.
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In welchem Zustand war Nawalny vor seinem Tod?
Noch einen Tag vor seinem Tod wurde Nawalny in einer Video-Schalte in einem Gerichtsprozess gezeigt. Die Strafkolonie "Polarwolf" gilt als eines der härtesten Gefängnisse in Russland - trotzdem war Nawalny zu einem Scherz auf Kosten des Richters aufgelegt.
Nawalny selbst wies auf die mangelnde Ernährung in russischen Gefängnissen hin, wegen der viele Häftlinge ihre Zähne verlieren würden. Im vergangenen Jahr berichteten Unterstützer, Nawalny leide unter starken Magenschmerzen.
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Wo befindet sich die Leiche Nawalnys?
Es ist bislang unklar, wo sich Nawalnys Leiche befindet. Die Zeitschrift "Nowaja Gaseta" berichtete unter Berufung auf einen nicht näher genannten Informanten, der Leichnam sei in ein Krankenhaus im Distrikt Salechard gebracht worden. Er weise Blutergüsse auf. Dies seien Hinweise auf eine Art Krampfanfall und Herzmassagen zur Wiederbelebung. Einige russische Blätter berichteten, dass ein spezielles Ermittlerteam aus Moskau eingetroffen sei.
Auch Nawalnys Mutter hat am Montag keinen Zutritt zur Leiche ihres Sohnes erhalten. Ljudmila Nawalnaja und Nawalnys Anwälte seien nicht in die Leichenhalle in Salechard gelassen worden, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf X mit. Auf die Frage, ob die Leiche dort sei, hätten sie keine Antwort bekommen. Die russischen Behörden wollen die Leiche laut Jarmysch für mindestens 14 Tage weiter unter Verschluss halten. Das sei mit "chemischen Untersuchungen" am Toten begründet worden.
Quelle: mit Material von Reuters und AP
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