Nawalnys Todestag: Was vom mächtigsten Gegner Putins bleibt

    Alexej Nawalnys erster Todestag:Was vom mächtigsten Gegner Putins bleibt

    Felix Klauser in Tiflis zu den Protesten in Georgien.
    von Felix Klauser
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    Ein Jahr nach dem Tod von Alexej Nawalny geht die russische Staatsmacht hart gegen sein Team vor. Die Opposition ringt unterdessen mehr mit sich als mit dem Kreml.

    Bild von Alexej Nawalny , Gedenken
    Vor einem Jahr ist der Kritiker von Kreml-Chef Putin in einem russischen Straflager unter ungeklärten Umständen gestorben. Hunderte haben sich heute an seinem Grab versammelt. 16.02.2025 | 1:22 min
    Das Urteil, das die Richterin am 17. Januar in der Region Wladimir verhängt, mag im Russland dieser Tage nur wie eines von vielen wirken - und ist es doch bei weitem nicht. Zwischen dreieinhalb und fünf Jahre Haft für drei ehemalige Anwälte von Alexej Nawalny, verkündet auf den Tag genau vier Jahre nach Nawalnys Rückkehr nach Russland.
    Der prominente Kremlkritiker flog am 17. Januar 2021 zurück nach Russland - wenige Monate nachdem er am Flughafen von Tomsk vergiftet und anschließend in der Berliner Charité behandelt wurde. Schon bei der Einreise wurde er festgenommen, anschließend zu jahrelanger Haft verurteilt. Am 16. Februar 2024 starb er - unter noch immer nicht vollends geklärten Umständen - im Straflager "Polarwolf".
    Das Urteil gegen seine Anwälte, genau an dem Tag seiner Rückkehr nach Russland, ist wohl auch ein klares Signal: Die Staatsmacht vergisst nicht.
    Nawalnys Anwaelte vor Gericht
    Anfang 2024 starb Nawalny in einem Straflager. Nun wurden drei seiner Anwälte zu Haftstrafen verurteilt.17.01.2025 | 0:24 min

    Juristisches Vorgehen erstmals gegen Anwälte

    Die Verurteilung von Wadim Kobsew, Igor Sergunin und Alexej Lipzer markiert einen Wendepunkt: Erstmals geht der Staat nicht nur gegen Oppositionelle vor, sondern auch gegen ihre Anwälte.
    Olga Michailowa, die jahrelang selbst als Anwältin für Nawalny tätig war, ist der Verfolgung nur durch Zufall entkommen. Als ihre Kollegen verhaftet wurden, machte sie Urlaub außerhalb Russlands. Heute lebt sie in Paris und sieht ein neues Level staatlicher Repression in Russland erreicht.

    Die Behörden haben eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden durfte. Wenn es keinen unabhängigen Rechtsberuf mehr gibt, dann gibt es im Land auch keine Gerechtigkeit mehr.

    Olga Michailowa, ehemalige Anwältin von Alexej Nawalny

    Die Memoiren des verstorbenen russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny mit dem Titel „Patriot“, ausgestellt in einer Waterstones-Buchhandlung in London, Großbritannien, 22. Oktober 2024. Der russische Oppositionsführer und unverblümte Kremlkritiker Alexej Nawalny starb am 16. Februar 2024 im Alter von 47 Jahren in einer Strafkolonie. Die Autobiographie, die seine geheimen Tagebücher aus dem Gefängnis enthält, wurde am 22. Oktober 2024 in Großbritannien veröffentlicht.
    Julia Nawalnaja sieht in der Autobiografie "Patriot" eine Art Vermächtnis ihres verstorbenen Mannes Alexej Nawalny.22.10.2024 | 2:32 min

    Russlands Opposition zerstritten

    Ein Jahr nach Nawalnys Tod sucht die Opposition nach einer Strategie und nach einer Führungsfigur. Allein: wirklich gefunden hat sie beides nicht.
    "Nach Nawalnys Tod gibt es keine Figur, die unter den Russen in Russland und im Exil dieselbe moralische Autorität hätte", meint Alexander Gabuev von der Denkfabrik Carnegie Russia Eurasia Center. Hinzu kämen Konflikte innerhalb der russischen demokratischen Opposition.
    Die verschiedenen oppositionellen Lager ringen vielmehr miteinander, als mit dem Kreml. Jene die sich noch im Land befinden, müssen die Verfolgung der Sicherheitskräfte fürchten. Der Opposition im Exil gelingt es nicht, die Exilrussen hinter sich zu versammeln, eine gemeinsame Linie zu finden. In die Fußstapfen Alexej Nawalnys vermag bislang niemand zu treten.
    Antikriegsdemonstration der russischen Opposition in Berlin
    Die Opposition in Russland ist politisch tief gespalten.15.01.2025 | 2:10 min

    Präsident Putins Kalkül droht aufzugehen

    So schlecht die Lage der russischen Opposition ist, so gut ist die Lage für Wladimir Putin. Militärisch kann der Herrscher aus dem Kreml in der Ukraine Erfolge vorweisen - wenn auch unter massiven Verlusten. Dass die Trump-Administration den Gesprächsfaden mit Putin wieder aufgenommen hat, Narrative und Forderungen aus Moskau teils übernimmt, ist für den Kreml ein Triumph.
    "Wladimir Putin ist zumindest in einem Aspekt ein sehr fähiger Herrscher: im Machterhalt", sagt Alexander Gabuev.

    Er hat es geschafft, das System und das Land hinter sich zu bringen und die volle Kontrolle zu behalten. Er fühlt sich an diesem Punkt vermutlich ziemlich wohl.

    Alexander Gabuev, Denkfabrik Carnegie Russia Eurasia Center

    eine Reihe Demonstranten halten ein Plakat mit Sprüchen gegen den Krieg in die Luft
    Viele russische Oppositionelle leben im Exil und kämpfen von dort aus gegen das Regime. Doch trotz ihrer Kritik an Putin ziehen die Oppositionsgruppen nicht an einem Strang.15.01.2025 | 6:39 min

    Nawalnys Begräbnis zog Tausende an

    Proteste gegen den Krieg, die es noch zu Beginn desselben durchaus gab, sind in Russland selbst mittlerweile kaum noch vorstellbar. Dass es unter der Oberfläche trotzdem rumort, zeigte vor einem Jahr: Alexej Nawalny - selbst nach seinem Tod. Tausende pilgerten am Tag der Beerdigung zu seinem Grab, um dem Kremlkritiker die letzte Ehre zu erweisen. "Nawalny"-Rufe machten am Friedhof die Runde.
    Auch am ersten Todestag werden wieder hunderte, vielleicht tausende, am Grab Nawalnys erwartet. Genauso wie ein stattliches Aufgebot an Sicherheitskräften.
    Nach dem Tod von Kremlgegner Nawalny
    Gemäß der russischen Tradition gedachten Nawalnys Angehörige am 40. Tag nach dem Ableben des Oppositionspolitikers.26.03.2024 | 2:02 min

    Gedenkveranstaltung für Alexej Nawalny in Berlin

    Das Gedenken, das in Russland schwerlich möglich ist, findet dieses Jahr auch in Berlin statt. Witwe Julia Nawalnaja hat zur Andacht in die Berliner Gedächtniskirche geladen.
    Ein Jahr nach seinem Tod ist Alexej Nawalny weder für die Staatsmacht noch für die Opposition vergessen. Für den Kreml bleibt sein Name, und das wofür er stand, eine Gefahr - für seine Anhänger bleibt die Hoffnung, dass ein freieres Russland möglich ist.
    Felix Klauser berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.

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    Quelle: dpa

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