Russischer Oppositioneller:Nawalny: Freiheitskämpfer oder Populist?
von Christoph Pöthke
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Er gilt als der wohl bekannteste Vertreter der russischen Opposition und als Heilsbringer eines neuen Russlands, gleichzeitig polarisiert er wie kaum ein anderer.
Alexej Nawalny, russischer Oppositionsführer und Antikorruptionsaktivist. Während er international für seinen Einsatz gelobt wird, werfen ihm Kritiker Nationalismus und Populismus vor.23.11.2023 | 17:57 min
Spätestens seit August 2020 dürfte der russische Aktivist und Blogger Alexej Nawalny den meisten Menschen im Westen ein Begriff sein. Auf dem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau wird er Opfer eines Anschlags mit dem gefährlichen Nervengift Nowitschok.
Doch Ärzte der Berliner Charité können Nawalny retten, er überlebt. Europäische Sicherheitsbehörden gehen inzwischen davon aus, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB hinter dem Attentat steckt.
Nawalny seit 2021 im Gefängnis
Trotz eindeutiger Warnungen aus dem Kreml kehrte Nawalny im Januar 2021 nach Russland zurück, wurde sofort festgenommen und sitzt seitdem im Gefängnis. Es ist das vorläufige Ende einer steilen Karriere als Oppositionspolitiker und Anti-Korruptionskämpfer.
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Als junger Mann glaubte Nawalny noch an die postsowjetischen Reformen Boris Jelzins und verstand sich als überzeugter Liberaler. Sein Ziel: Geld, so schnell und so viel wie möglich. Bis er Ende der 1990er Jahre als Jurist und erfolgreicher Geschäftsmann hinter die Kulissen russischer Unternehmen blickte.
Umstrittene Äußerungen zu Migration und ethnischen Konflikten
Desillusioniert begann er, in seinem Blog über Korruption und kriminelle Machenschaften zu berichten und sich für Politik zu interessieren. Seine politische Heimat fand er zunächst in der sozialliberalen Partei "Jabloko", der er 1999 beitrat. Das Problem: Politisch spielt sie keine Rolle.
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Ab 2006 sympathisierte Alexej Nawalny schließlich mit rechtsnationalistischen Strömungen und nahm unter anderem am "Russischen Marsch" teil, einer jährlichen Demonstration von Konservativen, Nationalisten und Rechtsextremisten. In diese Zeit fallen auch seine umstrittenen Äußerungen zu Migration und ethnischen Konflikten.
Unter anderem bezeichnete er in einem Youtube-Video tschetschenische Terroristen als Ungeziefer, dem man nur mit einer Pistole Herr werden könne. Auch wenn er sich heute von Aussagen wie "Russland den Russen" distanziert, schien dem charismatischen Populisten das Aufgreifen nationalistischer Propaganda damals ein probates Mittel, um die Aufmerksamkeit der breiten Bevölkerung zu gewinnen.
Durch Proteste an die Spitze der Opposition
Nach mutmaßlichen Wahlfälschungen durch Putins Partei "Einiges Russland" und massiven Protesten der Bevölkerung katapultierte sich Nawalny im Dezember 2011 an die Spitze der Opposition. In der Folgezeit mobilisiert er die russische Bevölkerung vor allem mit einem Thema: dem Kampf gegen Korruption.
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Gemeinsam mit den Mitarbeitern seiner "Stiftung für Korruptionsbekämpfung" veröffentlichte er Recherchevideos auf YouTube, die bis heute von etlichen Millionen Menschen gesehen wurden. 2013 kandidierte er bei den Bürgermeisterwahlen in Moskau und verlor - erhielt aber immerhin 27 Prozent der Stimmen.
19 Jahre Straflager für Nawalny
Nach zahlreichen Verhaftungen, mehreren Strafverfahren und einer gescheiterten Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2018 steht für Nawalny fest: Solange Putin an der Macht ist, kann es in Russland keine echte Demokratie geben. Danach verfolgte er die Strategie des sogenannten "Smart Voting", eine Taktik, bei der es gezielt darum ging, Kandidaten der Regierungspartei "Einiges Russland" zu schlagen.
Nach seiner Verhaftung 2021 wurde Nawalny im August 2023 zu 19 Jahren Straflager verurteilt. Unter anderem wegen Gründung und Finanzierung einer extremistischen Organisation.
Obwohl es fraglich ist, ob Alexej Nawalny die Haft jemals verlassen wird, hat er es geschafft, die unterschiedlichsten politischen Strömungen zu vereinen und ein Netzwerk über ganz Russland aufzubauen. Wenn es sein muss, auch mit einer gehörigen Portion Populismus und nationalistischer Propaganda.
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