Fall Al-Fayed: Sexueller Missbrauch im Nobelkaufhaus Harrods?
Der Fall Al-Fayed:Sexueller Missbrauch im Nobelkaufhaus Harrods?
von Yacin Hehrlein, London
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111 Frauen könnte der Harrods-Boss sexuell belästigt oder vergewaltigt haben. Al-Fayed ist seit einem Jahr tot, dennoch gehen die Ermittlungen weiter. Schilderungen zweier Opfer.
Nach dem Tod von Mohamed Al-Fayed brechen Betroffene seines Systems des Missbrauchs ihr Schweigen.
Quelle: AP
Es scheint, als herrschte hinter den Türen der Büroetagen des berühmten Londoner Kaufhauses Harrods eine Atmosphäre der Angst und des Schweigens. Und so wundert es nicht, dass erst jetzt - gut ein Jahr nach dem Tod Mohamed Al-Fayeds - nach und nach herauskommt, dass möglicherweise eine hohe Anzahl von Frauen von diesem sexuell belästigt und vergewaltigt wurden.
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Opfer spricht über ihre Erfahrungen
"Der Boss könne manchmal seine Hände nicht bei sich behalten, hieß es, aber niemand warnte mich davor, ernsthaft in Gefahr zu sein", erklärt Cheska Hill-Wood. Sie ist eines der Opfer der zahlreichen sexuellen Übergriffe, die der verstorbene Harrods-Besitzer Mohamed Al-Fayed verübt haben soll. Eines, das noch einmal davongekommen ist, wie sie selbst es umschreibt. "Niemand redete miteinander. Es gab keinerlei Bürotratsch und Freundschaften wurden dort auch nicht geschlossen."
Im Falle der damals 19-jährigen Kunststudentin Cheska Hill-Wood, deren Foto Al-Fayed offenbar in einer Zeitschrift entdeckt hatte und ihr daraufhin ein Job im Kaufhaus angeboten wurde, fing alles zunächst mit eher unangemessenen Fragen nach ihrem Privatleben an. Al-Fayed riet ihr, besser keinen Freund zu haben. Das brauche sie doch nicht. Sie schildert: "Ich tat das zunächst als die Phantasien eines schmutzigen alten Mannes ab." Und weiter:
Aber es dauerte nicht lange bis er übergriffig wurde und versuchte mich zu küssen. Dabei lachte er und ich drehte mich weg.
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Cheska Hill-Wood
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Kapitänin von Fußballmannschaft wurde begrabscht
Doch nicht nur bei Harrods, auch bei seinem zweiten Prestige-Objekt, dem Erstliga-Fußballclub FC Fulham, nutzte Al-Fayed wie es scheint seine Machtposition aus. Ronnie Gibbons, die Kapitänin der Frauenmannschaft des Vereins, wurde zweimal ins Kaufhaus Harrods gefahren: "Ich war blond, ich war schlank. In den Medien wurde ich die 'David Beckham des Frauenfußballs' genannt."
Und jeder wusste, Al-Fayed mochte blonde Frauen oder Mädchen.
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Ronnie Gibbons, Kapitänin der Frauenmannschaft des FC Fulham
Gibbons berichtet, sie habe sich auf Al-Fayeds Schoß setzen müssen und sei von ihm begrabscht worden. Insgesamt vier Spielerinnen des FC Fulham lassen sich inzwischen in einem Zusammenschluss der Missbrauchs-Opfer Al-Fayeds juristisch vertreten.
Sie ist schön, jung und engagiert - er ist der erfolgreiche Boss, der mehr will. Acht Frauen berichten davon, wie Männer ihre Macht in Kultur, Politik und Wirtschaft missbrauchen.11.10.2023 | 89:18 min
111 Frauen könnten betroffen sein
Eine Anstellung, die Fußball-Karriere und andere Versprechungen waren offenbar die Druckmittel, die Al Fayed benutzte. Cheska Hill-Wood versprach Al-Fayed eine Rolle in einem Film, den sein Sohn Dodi angeblich produzieren wollte, und lockte sie zum Vorsprechen in seine Gemächer.
'Ich kann dir bei deiner Schauspiel-Karriere nicht helfen, wenn du nicht mit mir schläfst.' So unverhohlen sagte er das.
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Cheska Hill-Wood
Hill-Wood erzählt weiter: "Und ich dachte nur: Ich muss hier raus. Ich bin hier nicht sicher. Und so lächelte ich ihn an und meinte: 'Was für ein wundervolles Angebot. Kann ich darüber nachdenken?' Und aus irgendeinem Grund sagte er ja." Danach kehrte sie nie mehr an ihren Arbeitsplatz zurück.
Für zahlreiche Frauen gab es allerdings wohl kein so glückliches Entrinnen. Basierend auf einer zunehmenden Anzahl von Zeugenaussagen könnte Al-Fayed nach Angaben der Londoner Polizei über vier Jahrzehnte hinweg mindestens 111 Frauen sexuell belästigt oder vergewaltigt haben. Der Harrods-Besitzer ist tot und kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Mehr als fünf Personen, die Al-Fayed mutmaßlich ermöglicht haben, ein derartiges System organisierten sexuellen Missbrauchs aufrecht zu erhalten, könnte jedoch nun Strafverfolgung drohen.
Yacin Hehrlein ist ZDF-Korrespondent in London.
Quelle: dpa
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