80 Jahre D-Day: Gemeinsam feiern in der Normandie

    Normandie-Landung vor 80 Jahren:D-Day-Soldaten: Früher Feinde, heute Freunde

    von Lukas Nickel, Picauville
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    Deutsche und US-amerikanische Soldaten zu Gast bei Franzosen: In der Normandie wird gemeinsam an den D-Day erinnert - an Krieg und das, was daraus gelernt wurde.

    Anlässlich des 80. Jubiläums des D-Days kommen in der Normandie Franzosen und Deutsche zu einem Abendessen zusammen.
    Vor 80 Jahren landeten die Alliierten in der Normandie - zum Gedenken organisieren Deutsche und Franzosen ein gemeinsames Essen.
    Quelle: Lukas Nickel

    Es ist mittlerweile eine Tradition in dem kleinen Ort Picauville in der Normandie: Jedes Jahr um den 6. Juni laden einheimische Familien US-amerikanische und deutsche Soldat*innen zu sich nach Hause zum Essen ein - um an die Landung der Alliierten in der Normandie zu erinnern, den D-Day. Die Idee hinter dem Ganzen erklärt Gastgeberin Aimée Auvray:

    Wenn sich Menschen gut verstehen, haben sie vielleicht keinen Grund, sich zu bekriegen. Natürlich kann man die Welt nicht mal eben so ändern. Aber so kleine Gesten wie diese sind wichtig, weil sie ein Zeichen setzen.

    Aimée Auvray

    Und wie könnte die Verständigung besser funktionieren, als bei einem gemeinsamen Essen? Vor Ort sind Soldat*innen aus der Luftlandebrigade mit Standort im saarländischen Saarlouis.
    Ein historisches Militärfahrzeug am Strand der Normandie.
    Vor genau 80 Jahren landeten Soldaten der Alliierten an den Stränden der französischen Normandie.06.06.2024 | 1:03 min
    Französisch sprechen die meisten nicht, man verständigt sich mit Hand, Fuß und Online-Übersetzer. Die Sonne geht langsam unter, am Himmel nur ein paar kleine Wolken, bestes Wetter für einen langen Abend.

    Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich

    Mehr als zehn Menschen versammeln sich auf der Terrasse. Weil der Platz im Garten der Auvrays nicht reicht, wird kurzerhand noch ein Tisch aus dem Haus geholt. "Wir müssen etwas improvisieren", sagt Aimée Auvray. Für sie und ihre Familie ist das gemeinsame Essen immer wieder ein Highlight.
    Frankreich-Korrespondent Thomas Walde im Gespräch mit Moderatorin Jana Pareigis.
    Welche Zeichen sendet das Gedenken in der Gegenwart, Thomas Walde? 06.06.2024 | 1:04 min
    Bei all der Lockerheit und dem Spaß geht es aber auch darum, an die Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich zu erinnern. Die Essenseinladungen sind damit auch ein Zeichen für den Frieden - hier, wo im Zweiten Weltkrieg viele Menschen ums Leben kamen. Auvrays Familie litt damals selbst unter der deutschen Besatzung.

    Ein Jeep am Utah Beach in der französischen Normandie.
    06.06.2024 | 1:03 min
    Am 6. Juni 1944 landeten die Alliierten an der Küste der Normandie. Der Auftrag: Westeuropa von den Nazis zu befreien, die damals auch die Normandie besetzt hatten. Der Tag war der Auftakt für blutige Schlachten im Zweiten Weltkrieg - und leitete die Befreiung Frankreichs sowie Westeuropas ein. Allein am D-Day kamen tausende Alliierte ums Leben.

    D-Day: 80 Jahre später

    Die Alliierten landeten am 6. Juni 1944 an den Stränden der Normandie, um Westeuropa von den Nazis zu befreien. Jetzt 80 Jahre später zusammen am Tisch zu sitzen, sei auch für ihn etwas Besonderes, erklärt Bundeswehrsoldat Oliver: "Man darf auf gar keinen Fall vergessen, was da früher passiert ist. Zu fremden Familien zu kommen, überhaupt in das Land zu kommen und die Freundschaft aufrechtzuerhalten, das ist auf jeden Fall wichtig."
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    Denkmal für US-Frauen im Zweiten Weltkrieg

    Der nächste Morgen: In Picauville wird ein Denkmal für die US-amerikanischen Frauen im Zweiten Weltkrieg eingeweiht. Es geht um das Leid, die Toten, den Horror dieser Zeit. Die Soldat*innen der Bundeswehr stehen stramm, hören sich die Zeremonie an. Sie alle wurden hier herzlich aufgenommen, erklärt Major Mario Wagner von der Luftlandebrigade:

    Ich halte es für nicht selbstverständlich, dass wir 80 Jahre später jetzt hier als Freunde eingeladen werden, um an diesen Zeremonien teilzunehmen, die ja eigentlich eben nun mal die Landung der Alliierten in Frankreich feiern.

    Major Mario Wagner, Luftlandebrigade

    Nach der Zeremonie lädt die Bundeswehr dann selbst zum Essen ein: Spaghetti Bolognese für mehrere Schulklassen aus der Nähe. Keine französische Haute Cuisine, aber den Kindern schmeckt es trotzdem.
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    Früher Krieg, heute Frieden

    Sie haben sich Fragen überlegt und kommen langsam mit den Soldat*innen ins Gespräch. Manchmal auf Französisch, manchmal auch auf Englisch. Die Kinder würden sich freuen über den Austausch mit den Soldat*innen, erklärt Lehrerin Estelle Chaulieu. Die Lehrerin betont:

    Vor 80 Jahren waren wir im Krieg, das wissen sie. Aber man muss ihnen auch beibringen, dass heute Frieden herrscht.

    Estelle Chaulieu, Lehrerin

    Wie es zu diesem Austausch unter Völkern kam, daran kann sich in Picauville niemand so genau erinnern. Es war einfach irgendwann so, sagen sie hier. Dass dann neben der US-amerikanischen Armee irgendwann auch die deutsche dazu kam, scheint vielen hier eine logische Konsequenz zu sein. "Wir sind Nachbarn", erklärt Gastgeberin Aimée Auvray, und:

    Wir konnten doch nicht unser Leben lang Feinde bleiben.

    Aimée Auvray

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