AfD-Spendenaffäre: Petry: Geheimtreffen mit Milliardär Conle
AfD-Spendenaffäre:Petry: Geheime Treffen mit Milliardär Conle
von Ulrich Stoll und Marcus Bensmann
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AfD-Spitzenpolitiker haben sich laut der Ex-Parteichefin mehrfach mit dem Unternehmer Conle getroffen. Er habe anonyme Spenden angeboten, sagte Petry zu Frontal21 und CORRECTIV.
Das erste Treffen des Milliardärs und Immobilienunternehmers Henning Conle mit der damaligen AfD-Parteichefin Frauke Petry fand nach Angaben Petrys im Oktober 2015 in einem Hotel am Flughafen Leipzig statt. Petry sagte gegenüber CORRECTIV und dem ZDF-Magazin Frontal21:
Mein Eindruck war, dass Henning Conle die AfD unterstützen wollte, dass er letztlich dabei nicht persönlich in Erscheinung treten wollte.
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Frauke Petry, ehemalige AfD-Parteichefin
Sie habe Conle zwischen Oktober 2015 und Mai 2016 mehrfach in Leipzig und Zürich in dieser Sache getroffen. In der Schweiz sei auch der jetzige Partei-Sprecher Jörg Meuthen dabei gewesen.
Meuthen bei Conle in Zürich?
Dass Meuthen den Milliardär Conle tatsächlich in Zürich getroffen hat, legen auch Kurznachrichten nahe, die den Redaktionen vorliegen. "Montag Zürich klappt bei mir, LG Jörg", schrieb Meuthen per SMS im Dezember 2015 zu einem geplanten Treffen. Meuthen war zu dieser Zeit im Wahlkampf und klagte über Geldnot.
In einer SMS an Petry schrieb Meuthen im November 2015: "Wenn ich also kein Geld für den Wahlkampf haben werde, werde ich auch keinen aussichtslosen Kampf führen." Trotz mehrfacher Anfrage wollte sich Meuthen nicht zu etwaigen Treffen mit Conle und Spendenangeboten des Milliardärs äußern.
Geld aus der Schweiz: Meuthen und die Spendenaffäre24.06.2020 | 3:07 min
Fest steht, ab März 2016 begannen mehrere dubiose Werbeaktionen für die AfD. Mit einer millionenschweren Kampagne warb der "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten" bei mehreren Landtagswahlen und der Bundestagswahl 2017 für die AfD. Eine Schweizer Werbefirma half bei der Verwaltung des Vereins.
Dieselbe Firma unterstützte Jörg Meuthen mit Werbekampagnen im Landtagswahlkampf 2016. Die Bundestagsverwaltung hat diese Unterstützung für Meuthen als illegale Spenden bewertet und gegen die AfD Strafzahlungen in Höhe von insgesamt rund 270.000 Euro verfügt.
Tarnfirmen und Strohmann-Spenden
Nachweislich hat Conle im Jahr 2017 der AfD-Politikerin Alice Weidel auf verdecktem Weg 132.000 Euro gespendet. Die Spende wurde in Tranchen unter 10.000 Euro gestückelt und zunächst als Zuwendungen eines Züricher Pharmaunternehmens deklariert. Später gab die AfD 14 angebliche Spender an, die sich aber als Strohleute erwiesen. Die Bundestagsverwaltung verhängte wegen der anonymen Spende Henning Conles eine Strafzahlung von 396.000 Euro.
Laut Petry hat der Milliardär schon sehr früh intensiv Kontakt zur Parteispitze gesucht und anonyme Spendenwege sondiert. Für sie sei es ein Tabu gewesen, illegale Spenden anzunehmen, sagt Petry. Die ehemalige AfD-Vorsitzende wertet das Agieren ihrer früheren Parteifreunde so:
Wie wir heute wissen, haben Jörg Meuthen und Alice Weidel Spenden angenommen und haben sich dadurch nicht nur persönlich erpressbar gemacht.
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Frauke Petry, ehemalige AfD-Parteichefin
Indizien für eine einzige große Spendenaffäre?
Petrys Aussagen über die Treffen mit Conle könnten den Druck auf die AfD deutlich erhöhen, meint Professorin Sophie Schönberger, Leiterin des Instituts für Parteienrecht und Parteienforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Bisher haben wir ja verschiedene Arten von Spenden-Affären, die aus verschiedenen Bausteinen bestehen. Jetzt gibt es zunehmend Indizien, dass es sich möglicherweise um eine einzige große Spendenaffäre handelt, hinter der Herr Conle steckt.
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Sophie Schönberger, Parteienforscherin
Unternehmer Conle reagierte nicht auf Fragen von Frontal 21 und CORRECTIV.
Die AfD-Spendenaffäre:
In mehreren Landtagswahlkämpfen und zur Bundestagswahl 2017 wurden Großplakate plakatiert und Werbezeitungen in Millionenauflage verteilt, die für die AfD warben und die der "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten" verantwortete. Der Verein ist mit der Schweizer Werbeagentur Goal AG verbunden; die Finanziers der Kampagnen werden bis heute verschleiert.
Im Vorstand des Vereins ist ein Notar aus Sonthofen, der in unmittelbarer Nähe zu einem früheren Wohnsitz des Unternehmers Henning Conle im Allgäu lebt. Eine Notarin, die für die Familie Conle Dokumente beurkundet, hat die Kundschaft des pensionierten Notars aus Sonthofen übernommen.
Sollte Milliardär Conle die Aktivitäten des Vereins finanziert haben, könnten der AfD Strafzahlungen von mehreren Millionen Euro drohen, meinen Experten.
Im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg 2016 unterstützte die Schweizer Goal AG Jörg Meuthen mit Anzeigen und Großplakaten im Wert von 90.000 Euro. Wegen dieser illegalen Spende muss die AfD rund 270.000 Euro Strafe zahlen. Wer die Geldgeber der Goal AG sind, ist bislang unbekannt.
Im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen 2017 unterstützte die Schweizer Goal AG den AfD-Kandidaten Guido Reil mit Großplakaten im Wert von rund 44.000 Euro. Die AfD muss wegen illegaler Parteispenden rund 130.000 Euro Strafgelder zahlen.
Im Bundestagswahlkampf 2017 bekam Alice Weidel, Spitzenkandidatin der AfD Baden-Württemberg, 132.000 Euro aus der Schweiz - angeblich von der Schweizer Firma PWS Pharmawholesale. Später präsentierte die AfD Listen mit angeblichen Spendern für Weidel, Reil und Meuthen, um Strafgelder zu vermeiden. Die Spender erwiesen sich zum Teil als Strohleute, die Geld für ihre Unterschrift als Spender erhalten hatten. Auf allen drei Strohmann-Listen findet sich der Mitarbeiter eines Immobilienunternehmens der Conle-Firmengruppe.
Wegen der Weidel-Spende hat die Bundestagsverwaltung eine Strafzahlung von rund 396.000 Euro gegen die AfD verhängt. Die Partei klagt dagegen.
Im Februar 2016 veranstaltete der damalige EU-Abgeordnete und AfD-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, einen Kongress für die EKR-Fraktion im Europaparlament. Die Schweizer Goal AG übernahm einen Großteil der Kosten, nachdem die EKR-Fraktion die Finanzierung verweigert hatte. Die Bundestagverwaltung bewertete die Zahlung als illegale Parteispende und verfügte eine Strafzahlung von 108.000 Euro gegen die AfD. Die Partei klagt dagegen.
Insgesamt fordert die Bundestagsverwaltung von der AfD bislang rund 900.000 Euro Strafe wegen der Annahme illegaler Spenden.