Mehr Nachhaltigkeit und weniger Müll: Der Zero-Waste-Friseur
Leben ohne Müll:Zero Waste im Friseursalon
von Susanne Ladopoulos
|
Verpackungen, Einwegprodukte: Beim Friseur entsteht normalerweise viel Müll. Nicht bei Juliette Beke. Sie führt in Dresden den einzigen Zero-Waste-Friseursalon Deutschlands.
Friseursalon ohne Plastik und Kiel ist erste Zero Waste City.19.12.2024 | 29:49 min
"In einem konventionellen Salon produziert man circa zwei Gelbe Säcke am Tag": Juliette Beke weiß, wovon sie spricht. Jahrelang hat sie in verschiedenen Friseurgeschäften gearbeitet. Heute macht sie vieles anders.
Erster Schritt: Ohne Müll im Privatleben
Eine persönliche Zäsur veränderte 2015 Juliette Bekes Leben. Sie hörte mit dem Rauchen auf und stellte ihre Ernährung um. Mehr oder weniger durch Zufall bekam sie auch das Buch der französisch-amerikanischen Zero-Waste-Pionierin Bea Johnson in die Hände. Darin las sie von den Müllmengen, die wir täglich produzieren und wie man diese vermeiden kann.
Juliette Beke durchleuchtete ihren Alltag und begann durch bewussteren Konsum und das Vermeiden von Verpackungen, ihren Abfall im privaten Bereich zu reduzieren. Doch in ihrem Beruf als Friseurin konnte sie das zunächst nicht umsetzen.
So beschreibt Beke die Gefühle bei ihrem Job damals. Deshalb versuchte sie, nach und nach Materialien zu reduzieren. Sie verdünnte Shampoos, verzichtete auf Folien, arbeitete mit anderen Farbtechniken. Doch irgendwann reichte ihr das nicht mehr. Sie wollte konsequenter bei der Müllvermeidung sein.
Jede Minute landen weltweit zwei Lkw-Ladungen Plastik in unseren Meeren, Flüssen und Bächen. Eine gigantische Müllflut mit katastrophalen Auswirkungen auf Natur und Mensch.10.08.2024 | 29:51 min
Ersten Zero-Waste-Friseursalon gegründet
2021 gründete die Dresdnerin ihren eigenen Salon und erfüllte sich damit einen Traum. Es ist der erste Zero-Waste-Salon in Deutschland.
Designerin Jana kreiert Mode aus recyceltem Material und will damit auf die Berlin Fashion Week.24.03.2024 | 26:50 min
Und das gelingt ihr. Sie und ihre fünf Mitarbeiter*innen produzieren maximal einen Liter Abfall in der Woche.
Um das zu erreichen, arbeitet Juliette Beke anders als klassische Friseurinnen und kann Haare zum Beispiel nicht aufhellen oder umformen. "Auch in den chemischen Produkten wie Haarfarbe, Tönung oder Dauerwelle ist eben Flüssigplastik oder Granulat, welches sich auf das Haar drauflegt oder auf die Kopfhaut drauflegt und das ist für mich auch Müll", sagt die 43-Jährige.
Plastik ist überall, auch in den Ozeanen. Adidas bewirbt einen teilweise aus Meeresplastik gefertigten Schuh. Das große Ding in Sachen Nachhaltigkeit oder nur Greenwashing?07.04.2024 | 29:10 min
Nur Naturprodukte nutzen
Beke nutzt deshalb ausschließlich natürliche Produkte und stellt ihre Pflegeprodukte selbst her. Die Rohstoffe, die sie dafür braucht, kauft sie größtenteils in nachfüllbaren oder kompostierbaren Verpackungen. Die Haarfarben bestehen zum Beispiel aus Henna, Indigo, Walnussschalen oder Rote Bete. Haargel stellt sie aus Leinsamen her, Haarcreme aus Bienenwachs und Kokosöl. Die Haare ihrer Kund*innen wäscht sie mit Natron.
Plastikschalen im Supermarkt oder Verpackungen beim Onlineshopping. Ständig entsteht neuer Abfall. Mit ein paar smarten Ideen können die steigenden Müllberge vielleicht verringert werden.07.12.2023 | 29:42 min
Keine Einwegprodukte
Auch Einwegprodukte haben in ihrem Zero-Waste-Salon keinen Platz. Die Friseurmeisterin nutzt waschbare Umhänge aus Baumwollstoff, die ihre Mutter für sie näht. Auch Kosmetiktücher und Handschuhe werden gewaschen und immer wieder verwendet.
Selbst Zeitschriften sucht man im Zero-Waste-Salon vergeblich. Die Kund*innen können während der Wartezeit papierfrei auf dem Tablet schmökern.
In 50 Tagen vom ekligen Abfall zur frischen Gartenerde - Eric Mayer verfolgt die Reise des Biomülls.07.06.2023 | 12:05 min
Kompostkiste für die Haare
Eine Art Abfall kann allerdings auch Juliette Beke nicht vermeiden: Haare. Dafür steht eine Wurmkiste im Salon. Ihre 250 tierischen Mitarbeiter zersetzen Haare und andere kompostierbare Abfälle. Alles geruchsfrei.
Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Rohstoffe und Nahrungsmittel werden immer teurer. Ihre Erzeugung und Verarbeitung geht oft mit Umweltschäden einher. Aber es geht anders.
von Frank Zintner
mit Video
Noch ist der Dresdner Zero-Waste-Salon der einzige, doch das soll nicht so bleiben. Juliette Beke erarbeitet gerade ein Franchise-Konzept, um anderen den Einstieg ins müllfreie Arbeiten zu ermöglichen. Kolleginnen aus der Schweiz und Osnabrück haben bereits Interesse angemeldet.
Die Zero-Waste-Bewegung will durch verschiedene Maßnahmen in der Freizeit, im Alltag, im Handel und in der Produktion möglichst wenig Abfall produzieren und Rohstoffe schonen. Die Zero-Waste-Methode setzt sich aus den 5 R zusammen.
Refuse = das Ablehnen, zum Beispiel von Einwegprodukten Reduce = das Reduzieren, zum Beispiel von Verpackungen Reuse = das Wiederverwenden, zum Beispiel indem man repariert statt wegzuwerfen oder Secondhand kauft Recycle = das Recyceln, um Wertstoffe im Kreislauf zu behalten Rot = den Rest kompostieren
Zero Waste ist mehr als eine Methode zur Vermeidung von Müll, es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der zu einem nachhaltigeren und bewussteren Lebensstil führen soll.