Mehr Nachhaltigkeit und weniger Müll: Der Zero-Waste-Friseur

    Leben ohne Müll:Zero Waste im Friseursalon

    von Susanne Ladopoulos
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    Verpackungen, Einwegprodukte: Beim Friseur entsteht normalerweise viel Müll. Nicht bei Juliette Beke. Sie führt in Dresden den einzigen Zero-Waste-Friseursalon Deutschlands.

    In ihrem Zero Waste Salon produziert Friseurin Juliette nur ca. 1 Liter Müll in der Woche
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    "In einem konventionellen Salon produziert man circa zwei Gelbe Säcke am Tag": Juliette Beke weiß, wovon sie spricht. Jahrelang hat sie in verschiedenen Friseurgeschäften gearbeitet. Heute macht sie vieles anders.

    Erster Schritt: Ohne Müll im Privatleben

    Eine persönliche Zäsur veränderte 2015 Juliette Bekes Leben. Sie hörte mit dem Rauchen auf und stellte ihre Ernährung um. Mehr oder weniger durch Zufall bekam sie auch das Buch der französisch-amerikanischen Zero-Waste-Pionierin Bea Johnson in die Hände. Darin las sie von den Müllmengen, die wir täglich produzieren und wie man diese vermeiden kann.
    Juliette Beke durchleuchtete ihren Alltag und begann durch bewussteren Konsum und das Vermeiden von Verpackungen, ihren Abfall im privaten Bereich zu reduzieren. Doch in ihrem Beruf als Friseurin konnte sie das zunächst nicht umsetzen.

    Jede Alufolie, jede Shampoopackung war natürlich ein Stich in mein Herz.

    Juliette Beke, Friseurmeisterin

    So beschreibt Beke die Gefühle bei ihrem Job damals. Deshalb versuchte sie, nach und nach Materialien zu reduzieren. Sie verdünnte Shampoos, verzichtete auf Folien, arbeitete mit anderen Farbtechniken. Doch irgendwann reichte ihr das nicht mehr. Sie wollte konsequenter bei der Müllvermeidung sein.
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    Ersten Zero-Waste-Friseursalon gegründet

    2021 gründete die Dresdnerin ihren eigenen Salon und erfüllte sich damit einen Traum. Es ist der erste Zero-Waste-Salon in Deutschland.

    Alles, was nicht in den Kreislauf wieder hineingenommen werden kann, also recyclebar ist, nicht kompostierbar ist, das versuche ich zu vermeiden.

    Juliette Beke, Friseurmeisterin

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    Und das gelingt ihr. Sie und ihre fünf Mitarbeiter*innen produzieren maximal einen Liter Abfall in der Woche.
    Um das zu erreichen, arbeitet Juliette Beke anders als klassische Friseurinnen und kann Haare zum Beispiel nicht aufhellen oder umformen. "Auch in den chemischen Produkten wie Haarfarbe, Tönung oder Dauerwelle ist eben Flüssigplastik oder Granulat, welches sich auf das Haar drauflegt oder auf die Kopfhaut drauflegt und das ist für mich auch Müll", sagt die 43-Jährige.
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    Nur Naturprodukte nutzen

    Beke nutzt deshalb ausschließlich natürliche Produkte und stellt ihre Pflegeprodukte selbst her. Die Rohstoffe, die sie dafür braucht, kauft sie größtenteils in nachfüllbaren oder kompostierbaren Verpackungen. Die Haarfarben bestehen zum Beispiel aus Henna, Indigo, Walnussschalen oder Rote Bete. Haargel stellt sie aus Leinsamen her, Haarcreme aus Bienenwachs und Kokosöl. Die Haare ihrer Kund*innen wäscht sie mit Natron.

    Wir sind schon sehr nah an Zero, alles andere versuche ich trotzdem noch irgendeinem Zweck zu zuzuführen.

    Juliette Beke, Friseurmeisterin

     Refiye Ellek (l.) und Antonia Lilly Schanze (r.) entsorgen Altpapier in einem Container.
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    Keine Einwegprodukte

    Auch Einwegprodukte haben in ihrem Zero-Waste-Salon keinen Platz. Die Friseurmeisterin nutzt waschbare Umhänge aus Baumwollstoff, die ihre Mutter für sie näht. Auch Kosmetiktücher und Handschuhe werden gewaschen und immer wieder verwendet.
    Selbst Zeitschriften sucht man im Zero-Waste-Salon vergeblich. Die Kund*innen können während der Wartezeit papierfrei auf dem Tablet schmökern.
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    Kompostkiste für die Haare

    Eine Art Abfall kann allerdings auch Juliette Beke nicht vermeiden: Haare. Dafür steht eine Wurmkiste im Salon. Ihre 250 tierischen Mitarbeiter zersetzen Haare und andere kompostierbare Abfälle. Alles geruchsfrei.

    Das, was die Würmer herstellen, ist Humus und das geben wir in unsere Blumentöpfe. Insofern immer ein Kreislauf hier im Salon.

    Juliette Beke, Friseurmeisterin

    Neue Chance für Aussortiertes
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    Leere Bierflaschen auf einem Fließband in einer Brauerei.
    Noch ist der Dresdner Zero-Waste-Salon der einzige, doch das soll nicht so bleiben. Juliette Beke erarbeitet gerade ein Franchise-Konzept, um anderen den Einstieg ins müllfreie Arbeiten zu ermöglichen. Kolleginnen aus der Schweiz und Osnabrück haben bereits Interesse angemeldet.

    Die Zero-Waste-Bewegung will durch verschiedene Maßnahmen in der Freizeit, im Alltag, im Handel und in der Produktion möglichst wenig Abfall produzieren und Rohstoffe schonen. Die Zero-Waste-Methode setzt sich aus den 5 R zusammen.

    Refuse = das Ablehnen, zum Beispiel von Einwegprodukten
    Reduce = das Reduzieren, zum Beispiel von Verpackungen
    Reuse = das Wiederverwenden, zum Beispiel indem man repariert statt wegzuwerfen oder Secondhand kauft
    Recycle = das Recyceln, um Wertstoffe im Kreislauf zu behalten
    Rot = den Rest kompostieren

    Zero Waste ist mehr als eine Methode zur Vermeidung von Müll, es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der zu einem nachhaltigeren und bewussteren Lebensstil führen soll.

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