So findet man neuen Halt - Witwe über den Tod ihres Mannes

    Witwe über den Tod ihres Mannes:So findet man Mut nach einem Schicksalsschlag

    von Felicitas Fehrer
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    "Mein Leben war vorbei" - Anne Göstemeyer verlor im Alter von 42 Jahren plötzlich ihren Mann. Wie die junge Witwe nach diesem Schicksalsschlag wieder neuen Halt fand.

    Symbolbild: Eine Frau trauert an einem Grab
    Eine Frau trauert an einem Grab (Symbolbild)
    Quelle: imago

    In Deutschland leben aktuell etwa 5,56 Millionen verwitwete Menschen (Stand 2022). Unter den 20- bis 50-Jährigen liegt die Zahl der Verwitweten laut Statistischem Bundesamt bei 114.000. Eine von ihnen ist Anne Göstemeyer. Ihr Mann ist vor vier Jahren plötzlich verstorben. Ihre beiden gemeinsamen Kinder waren damals ein und drei Jahre alt.
    Die 46-jährige Ärztin erzählt vom schlimmsten Moment ihres Lebens. Und spricht darüber, wie sie mit Hilfe von Freund*innen, Familie und einer Trauergruppe Halt gefunden hat, warum sie den Begriff "Witwe" nicht mag und was sich in der Gesellschaft ändern müsste.
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    Corona-Infektion: Witwe berichtet von "schlimmen Monaten"

    Anne und Torsten haben sich 2010 bei der Arbeit kennengelernt. Beide waren Ärzt*innen an der Berliner Charité. Aus einer tiefen Freundschaft wurde 2012 dann eine feste Liebesbeziehung. Die beiden wurden ein Paar und bekamen zwei gemeinsame Kinder. Anne sagt:

    Man könnte sagen, wir waren seelenverwandt. Wir haben uns direkt sehr verbunden gefühlt, hatten die gleichen Lebensvorstellungen und dazu waren wir total verliebt ineinander.

    Anne Göstemeyer

    Im März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, infizieren sich beide mit dem Virus. Anne wurde wieder gesund, Torsten nicht. "Zu dem Zeitpunkt gab es noch keine Impfungen. Dadurch, dass wir im Krankenhaus gearbeitet haben, waren wir einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt", sagt Anne. Es folgten "schlimme Monate".
    "Er war müde, sah irgendwie krank aus, hatte immer mal wieder Fieber und musste sich öfter hinlegen." Seine Symptome habe Torsten immer wieder seiner Partnerin gegenüber verharmlost - vermutlich, weil er es selbst nicht wahrhaben wollte, sagt Anne.
    Am 10. August 2020 findet Anne ihren Mann leblos auf dem gemeinsamen Balkon. Sie erinnert sich bruchstückhaft. "Ich weiß noch, dass es total surreal war, ihn so zu sehen", erzählt sie.

    Es war, als würde plötzlich jemand einen Schalter umlegen.

    Anne Göstemeyer

    Anne erinnert sich an einen deutlich spürbaren körperlichen Schmerz. Kurz darauf war die Wohnung voll: Polizei, ein Notarzt, der vergeblich versuchte zu reanimieren, die Babysitterin, eine Nachbarin. "Und ich stand da irgendwo wie unter einer Glaskugel", sagt Anne.
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    Wege der Bewältigung: Witwe rät zur professionellen Unterstützung

    Die Wochen danach beschreibt Anne als "eine furchtbar schlimme Zeit, in der man einfach nur weitermacht und versucht zu überleben". Sie habe ständig nur geweint. Ein Jahr lang war sie krankgeschrieben. Halt fand sie vor allem in einer therapeutischen Behandlung und einer Trauergruppe, wo sie bis heute ist.

    Ich würde jedem empfehlen, sich professionelle Hilfe zu holen.

    Anne Göstemeyer

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    Freunde als Anker in Zeiten von Trauer und Angst

    Neben der Trauer hatte sie auch Angst vor dem sozialen Abstieg. "Alleinerziehend mit zwei kleinen Kindern - 'Wie soll ich die Miete bezahlen?'", sagt Anne. Zwei Jahre dauerte es, bis der Tod ihres Mannes als Berufsunfall anerkannt und ihre Unfallrente, zusätzlich zur direkt nach dem Tod bewilligten Witwenrente, genehmigt wurde. Hier müsse sich dringend etwas ändern, sagt Anne.
    Freund*innen und Familie haben Anne in dieser Zeit sehr unterstützt. "Dafür bin ich heute unendlich dankbar. Allein hätte ich das nicht geschafft." Sätze wie "Ich komme vorbei, wir kochen zusammen", "Brauchst du was?" oder "Ich passe auf die Kinder auf" hätten ihr geholfen.

    Witwe kritisiert: Tod oftmals Tabuthema

    Anne wünscht sich eine Enttabuisierung des Themas Tod. Das Wort "Witwe" mag sie nicht, weil es so negativ behaftet sei. "Das spiegelt für mich auch die Angst unserer Gesellschaft vor dem Thema Tod wider." Bereits in Kinderbüchern sei die Witwe immer die Böse. "Eigentlich bräuchten wir einen ganz neuen Begriff dafür, um von diesem Klischee wegzukommen", sagt sie.

    Warum darf der Tod nicht auch einfach mal Thema sein, wenn wir doch alle irgendwann sterben?

    Anne Göstemeyer

    Neben der Trauer und dem Vermissen hat Anne inzwischen aber auch gelernt, ihr Leben neu zu sortieren. Gemeinsam mit ihrer Therapeutin hat sie sich vieles erarbeitet. "Man muss wieder komplett neu ins Leben reinkommen. Aber es ist eben auch eine neue Chance, alles zu überdenken, was man vorher gemacht hat." Das alte Leben sei vorbei, aber: Es beginne ein neues.
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