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Berühmter Seefahrer:Vasco da Gama und sein umstrittenes Erbe
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Vor 500 Jahren starb Vasco da Gama, der erste Seefahrer, der Europa auf dem Seeweg mit Indien verband. Sein Erbe ist umstritten: gefeierter Entdecker, kritisierter Kolonialist.
Denkmal in Hamburg: Vasco da Gama ebnete vor über 500 Jahren den Seeweg nach Indien - doch sein Erbe steht in der Kritik. (Archivbild)
Quelle: Imago
Wer in Hamburg den Zollkanal überquert, um in die Speicherstadt zu gelangen, passiert zwei steinerne Denkmäler: eines für Christoph Kolumbus und eines für Vasco da Gama - es zeigt ihn mit entschlossenem, grimmigem Blick, in der Linken ein Schwert. Doch wer war der Portugiese da Gama, Zeitgenosse des ungleich bekannteren Kolumbus?
Vasco da Gama und sein Seeweg nach Indien
Berühmt ist er heute vor allem für den Seeweg nach Indien - ihm gelang damit das, was Kolumbus nicht schaffte: Vasco da Gamas Flotte lichtete im Juli 1497 in Lissabon die Anker und landete im Mai 1498 in Calicut (heute Kozhikode) in Indien.
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Er begründete so die Route, auf der bis zur Eröffnung des Suezkanals alle europäischen Schiffe nach Asien fuhren: um das Kap der Guten Hoffnung an Afrikas Südspitze. Vor 500 Jahren, am 24. Dezember 1524, starb Vasco da Gama im südindischen Kochi.
Portugal kämpft um die Handelsmacht der Gewürze
Seit Beginn des 15. Jahrhunderts strebte Portugal danach, das arabische Monopol im Handel mit indischen Gewürzen zu brechen. Als führende Seefahrernation Europas verfolgte es wirtschaftliche, politische und religiöse Ziele: neue Länder unterwerfen und den Islam bekämpfen. 1497 entsandte König Manuel I. eine Expedition nach Indien unter dem jungen Navigator Vasco da Gama.
Der Erfolg der Reise beruhte auf dem Mut des Kommandanten. Bis dahin wagte kaum jemand, unbekannte Ozeane zu überqueren - Stürme und angebliche Seeungeheuer galten als tödliche Gefahren. Laut Gernot Giertz, der 2021 verstorbene Herausgeber zeitgenössischer Reiseberichte von der Fahrt, brauchte es neben navigatorischem Geschick Diplomatie, Entschlossenheit und unerschütterliche Hartnäckigkeit, um den zahlreichen Herausforderungen zu trotzen.
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Gewalt prägt Portugals Kolonialpolitik
Als das Flaggschiff "São Gabriel" 1499 vollbeladen mit Gewürzen in Lissabon eintraf, wurde Vasco da Gama triumphal empfangen. Portugal entwickelte sich zur Kolonialmacht, doch sein rücksichtsloses Auftreten säte Hass bei Indern und Afrikanern "gegen alles Portugiesische", wie Giertz feststellte.
1502 stach er zu seiner zweiten Indienfahrt in See, diesmal mit 21 schwer bewaffneten Fahrzeugen und stärkte so die Stellung an der Malabarküste. Die zweite Reise hinterließ Gernot Giertz zufolge "Blut, Grausamkeit und Verderben". Portugals Vizekönige herrschten daraufhin mit Raub und Korruption, während die Kolonie verfiel.
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Vasco da Gama stirbt in Indien
König João III., Manuels Nachfolger, ernannte da Gama 1524 zum Vizekönig von Indien und entsandte ihn auf eine letzte Reise dorthin. Nachdem er eine "gnadenlose Säuberungswelle" (Giertz) in Gang gesetzt und mit rigorosen Verordnungen und drakonischen Strafen gegen Korruption und Misswirtschaft vorgegangen war, starb da Gama drei Monate nach seiner Ankunft, wahrscheinlich an Malaria.
Wie wird Vasco da Gama heute gesehen?
Im 19. Jahrhundert, zur Hoch-Zeit des Kolonialismus, galt er - wie Kolumbus - als Pionier von weltgeschichtlicher Bedeutung. Damals errichtete man Denkmäler für diese Symbolfiguren, die heute oft gestürzt werden. Seit 2020 wurden in den USA und Südamerika viele Kolumbus-Statuen entfernt, da sie Rassismus und Kolonialismus verherrlichten.
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Für den Bielefelder Historiker Franz-Josef Arlinghaus besteht Vasco da Gama eigentlich aus drei Personen, auf die sich heute der Blick richtet: Zunächst die historische Figur, um 1500 unterwegs, dann der "Entdecker", den das 19. Jahrhundert aus ihm machte und schließlich der menschenverachtende Kolonialist, wie ihn heute viele sehen.
Aus dieser Perspektive werde eher der Vasco da Gama des 19. Jahrhunderts angegriffen. Arlinghaus betont, die postkoloniale Debatte müsse zwischen den Epochen differenzieren. Für ihn bedeutet Differenzierung jedoch nicht Toleranz: "Wer foltert, hat Unrecht."
Quelle: ZDF
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Quelle: epd
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