20 Jahre nach Naturkatastrophe :Tsunami überlebt: "Immer noch weiche Knie"
von Dominik Müller-Russell
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Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 überlebten Karin und Thomas Dechert im Thailand-Urlaub knapp den Tsunami. Ihr Leben ist seitdem von der Welle geprägt.
Karin und Thomas Dechert waren zum Zeitpunkt der Tsunami-Katastrophe auf der thailändischen Insel Ko Phi Phi im Tauchurlaub. 20.12.2024 | 15:13 min
Es sind auf den ersten Blick Kleinigkeiten, die sich im Leben von Karin und Thomas Dechert verändert haben. Die weichen Knie, die sie bekommen, wenn sie irgendwo aufgewühltes, bräunliches Wasser sehen.
Dieser Zwang zu prüfen, wo die nächste Tür ins Freie führt, wenn sie sich in ein Restaurant setzen - nur für den Fall, dass man plötzlich fliehen muss.
Das Ehepaar Dechert hat die Tsunami-Katastrophe in Thailand überlebt. Die Ereignisse prägen noch immer ihr Leben.
Die Animation zeigt, was bei dem starken Beben und den folgenden Flutwellen am 26. Dezember 2004 geschah. 19.12.2024 | 1:07 min
Ein Leben mit der Tsunami-Katastrophe
Sie können auch nicht einfach mehr mit dem Rücken zum Wasser stehen, wenn sie an einer Küste sind. Vor dem Tsunami ging das natürlich noch. Doch seit das aufgewühlte Meer die Decherts am 26. Dezember 2004 um ein Haar aus dem Leben riss, kommen sie nur noch schwer zur Ruhe.
Der Tsunami 2004: Die gigantischen Flutwellen am zweiten Weihnachtsfeiertag waren ein Schock für die Welt. Zum 20. Jahrestag erinnert die Doku an die Jahrhundertkatastrophe.26.11.2024 | 88:06 min
Überlebende: "Und dann kamen die Wellen"
Die Insel Ko Phi Phi, Sehnsuchtsort der Decherts aus Rheinland-Pfalz, am Morgen des zweiten Weihnachtsfeiertages 2004: keine Wolke am Himmel, türkisfarbenes Wasser schwappt an den weißen Sandstrand. Ein kleines Paradies, etwa zwanzig Kilometer vom thailändischen Festland entfernt.
Karin und Thomas Dechert brechen mit einem Boot zu einem geführten Tauchtrip auf. Doch von unterwegs aus beobachten sie, wie sich das Wasser plötzlich zurückzieht. Beunruhigt steuern die Tauch-Guides das Schiff zurück zur Insel. Kurz bevor die Gruppe den Strand erreicht, überspült sie die erste Welle.
Die Karte zeigt, welche Länder der Tsunami 2004 traf.
Tsunami 2004: Todbringende Wellen
Nicht überall hat sich der Tsunami zu einer riesigen Wellenwand aufgetürmt. Auf Ko Phi Phi schlagen mehrere flache Wellen ein, die allerdings ebenso todbringend sind. Sie reißen alles mit sich, Boote, Fensterrahmen, Felsbrocken - wer dazwischen gerät, wird zerschmettert, zermalmt.
Karin und Thomas Dechert haben großes Glück - sie tragen noch ihre Taucheranzüge, die sie an der Oberfläche halten. Irgendwie schaffen sie es ans rettende Ufer, auf einen Hügel. Doch wohin sie blicken: tote und schwerverletzte Menschen. Die nächsten drei Tage werden zur Hölle: Mit anderen Urlaubern, die sich retten konnten, pflegen sie Verletzte, deren offene Wunden sich in der tropischen Hitze schnell infizieren.
Menschen sterben in ihren Händen. Und beide werden von bohrenden Fragen gequält: Warum haben wir es geschafft - und so viele Menschen um uns herum nicht?
"Mit den Erlebnissen auseinandersetzen"
Am Morgen des vierten Tages nach dem Tsunami können die Decherts Ko Phi Phi auf einem Fährschiff verlassen. Zurück im heimischen Worms holen sie die Erlebnisse mit Wucht ein. Karin und Thomas Dechert können nachts nicht schlafen, sie bekommen Panikattacken - sie leiden an einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Tabletten, auch Therapien helfen zunächst nicht weiter. Erst als sie sich mit anderen Überlebenden zusammenschließen, finden sie Halt und die Kraft, sich mit ihren Erlebnissen auseinanderzusetzen.
Sie entstand vor mehr als viereinhalb Milliarden Jahren aus Sternenstaub – unsere Erde. Die Dokumentation zeigt die Geschichte unseres Planeten von seiner Entstehung bis heute.30.09.2020 | 44:50 min
Wie wichtig es ist, nach solch traumatischen Erfahrungen von Schicksalsgenossen aufgefangen zu werden, bestätigen Traumatologen und Notfallseelsorger mittlerweile.
Vor zwanzig Jahren, nach dem Tsunami, gab es diese Erkenntnisse noch nicht. Ihnen hätte schneller und besser geholfen werden können, kritisieren Karin und Thomas Dechert. Auch deswegen berät Karin Dechert nun Traumatologen, die zurzeit neue Leitlinien zur Notfallseelsorge erstellen. Vor allem schildert sie ihnen, wie gut ihr die Gespräche mit anderen Überlebenden getan haben, weil sie sich dann nicht umständlich erklären musste - schließlich haben sie alle dasselbe durchlebt.
Vielen Überlebenden geht es auch heute noch ähnlich: Die Erlebnisse lassen sie nicht los - das gilt es zu akzeptieren. Der Tsunami wird für immer Teil ihres Lebens sein.
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