Algorithmus goes Shopping:TikTok startet Online-Shop in Deutschland
von Sven Rieken
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Nach China, den USA, Spanien und Irland bekommt auch die deutsche TikTok-App einen Kauf-Button. Einige sehen darin die Renaissance des Teleshoppings, andere einen Daten-GAU.
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Die beiden jungen Männer sind in der Hamburger Mönckebergstraße unterwegs. Ausgestattet mit Kamera und Mikrofon wollen sie in der Haupteinkaufsstraße der Hansestadt kurze TikToks aufnehmen: Videoclips für ihren Verkaufskanal - ein Gewinnspiel, um ihre Modemarke bekannter zu machen. Carl Temming und Tom Eichhorst sind mit die Ersten, die TikTok als Verkaufsplattform für ihr Modelabel "BlondeClo" nutzen werden.
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"Für Unternehmen ist das natürlich viel besser", erklärt Carl", wenn man mit einem Klick alles in der App kaufen kann." Ansonsten, so erklärt der Mann mit der Kamera, müssten sie eine Website bauen und diese ganzen Prozesse nach dem Kauf selber organisieren.
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Fünf Prozent gehen nach München
TikTok stellt also die technischen Grundlagen für den Verkauf von Waren zur Verfügung: Zahlungsabwicklung, Identitätsprüfung, Adressvermittlung. Fünf Prozent Provision verlangt die deutsche Verkaufsniederlassung mit Sitz in München dafür. "Damit haben wir ein gutes Level erreicht", sagt TikTok-Shop-Chef Max Burianek im ZDFheute-Interview.
Das zumindest habe eine Befragung der potenziellen Kunden ergeben. Branchenprimus Amazon beginnt bei sechs Prozent und geht rauf bis 45 Prozent. TikTok bleibt erstmal bei seinem Satz.
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TikTok vermittelt Influencer
Dafür kann aber noch eine weitere Kostenstelle dazukommen. In der eigens gegründeten TikTok-Shop Academy vermittelt die Online-Plattform die passenden Creator an Produktanbieter. Sprich: Wer noch keinen Influencer für sein Produkt hat, findet sie oder ihn hier. Die bekommen dann ebenfalls ein Honorar - das ist Verhandlungssache. Damit stellt TikTok Umsatz sicher, der Verkäufer erreicht seine Zielgruppe und der Influencer, den TikTok lieber Creator nennt, steigert Reichweite und Einkommen.
"Was ist gerade Trend an Klamotten oder an Getränken? Der Influencer sitzt mit am Abendbrottisch", erklärt Pädagogin Nicola Vogel vom Suchtpräventionszentrum Hamburg.
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Gute TikToker seien Teil der Familie und hätten daher großen Einfluss vor allem auf junge Nutzerinnen und Nutzer. Die Kids wollen also das gleiche Getränk trinken wie Influencer XY und drücken auf den Kauf-Button. "Das heißt die Kinder werden eingenommen von dieser Lebenswelt", so Nicola Vogel. Hamburgs oberster Datenschützer Thomas Fuchs betont:
Aus einer datenschutzrechtlichen Perspektive bin ich sehr, sehr skeptisch.
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Thomas Fuchs, Datenschutzbeauftragter Hamburg
Fuchs sagt zudem, "dass nach Ansicht von TikTok niemand unter 18 dort einkauft." Das sei nämlich laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Mindestalter. Geprüft werde das auch anhand der Frage, ob jemand eine Kreditkarte habe. "Die gehören in Deutschland aber inzwischen schon zu fast jedem Juniorkonto", so Fuchs. Und seien demnach keine verlässliche Altersprüfung.
Außerdem sieht der Hamburger Datenschutzbeauftragte ein großes Problem im Zusammenspiel von TikToks Algorithmus für die reine Nutzung der Social-Media-Anwendung in Kombination mit den neuen Daten aus dem Shop. "Diese Kombination hat eine ganz neue Dimension", betont Fuchs gegenüber ZDFheute.
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Diskussionen um TikTok
Über den Algorithmus spricht TikTok-Shop Deutschland-Chef Burianek nicht. Aber er verweist auf die Datenspeicherung. "Die findet schon jetzt nur in Irland, Norwegen und den USA statt." Geplant sei zudem eine ausschließliche Speicherung in der EU. Zwölf Milliarden Euro nehme das Unternehmen dafür in die Hand. Mit dem Geld sollen auch das britische Cybersicherheitsunternehmen NCC für Transparenz und Überwachung sorgen.
So viel vorauseilende Planung soll wohl auch die europäische Kommission beruhigen, die ein förmliches Verfahren gegen TikTok wegen angeblicher Wahlbeeinflussung, also wegen des Verstoßes gegen den Digital Services Act, eingeleitet hat. Das aber soll die Shop-Premiere möglichst nicht beeinträchtigen.
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Jungunternehmer Carl und Tom wissen um die Diskussion um TikTok. "Aber letztlich bleibt einem keine andere Wahl, wenn man Produkte an junge Leute verkaufen möchte", erzählt Carl Temming.
Das sehen übrigens auch Beiersdorf, Buchhändler Thalia oder Modelabel About You so. Alle sind von Anfang an dabei. Das Modelabel etwa mit mehreren Live-Modenschauen. Das gute, alte Verkaufsfernsehen bekommt also ein Upgrade - nur eben eines mit Suchtpotential für die jüngsten Nutzer.
Sven Rieken ist Korrespondent im ZDF-Studio in Hamburg.
Quelle: dpa
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