Staatsanwaltschaften überlastet: Hunderttausende Fälle offen

    Justiz überlastet :Mehr Verfahren bei Staatsanwaltschaften offen

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    Bei den Staatsanwaltschaften in den Bundesländern stapeln sich die Aktenberge: Mehr als 930.000 Fälle sind laut dem Deutschen Richterbund aktuell offen. Doch es gebe Unterschiede.

    Aktenberge auf einem Schreibtisch - die Zahl der offenen Verfahren steigt (Archivbild).
    Die Aktenberge in den Staatsanwaltschaften wachsen seit Jahren. 2024 waren sie nochmal höher als zuvor.
    Quelle: Stephanie Pilick/dpa

    Bei den Staatsanwaltschaften in Deutschland gibt es nach Angaben des Deutschen Richterbundes inzwischen knapp 933.000 unerledigte Fälle. Damit habe es im Jahr 2024 fast 30 Prozent mehr offene Verfahren gegeben als im Jahr 2021, hieß es. Auch 2023 waren laut Richterbund bereits mehr als 900.000 Fälle unerledigt geblieben. 
    Die Folgen seien längere Strafverfahren und weniger Anklagen, erklärte der Deutsche Richterbund. Die Zahlen gehen auf eine Umfrage bei den Justizverwaltungen der Länder zurück, die die vom Richterbund herausgegebene "Deutsche Richterzeitung" durchgeführt hat. Berücksichtigt wurden dabei nur die Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte, wie es hieß.
    Eine modellhafte Nachbildung der Justitia. Archivbild
    Etwa eine Million Strafverfahren sind in Deutschland unerledigt, im Staatsdienst fehlen rund 2.000 Juristen und bei der Polizei 50.000 Beamte.24.09.2024 | 10:09 min

    Aktenberg in Hamburg besonders stark gewachsen

    Nach den Angaben hat sich die Situation in Hamburg besonders verschlechtert: Dort gab es zum Jahresende 47.953 unerledigte Fälle. Damit hat sich der Aktenberg seit 2021 mit 22.900 Fällen mehr als verdoppelt. In Sachsen ist die Anzahl der offenen Verfahren demnach innerhalb von drei Jahren um 54 Prozent auf 46.079 gestiegen.
    Die meisten unerledigten Fälle gab es bundesweit mit 255.245 Verfahren im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen (2021: 191.604). Dahinter folgen die Flächenländer Hessen mit 107.901 offenen Verfahren (2021: 82.028), Bayern mit 83.433 Verfahren (2021: 67.475), Baden-Württemberg mit 79.240 Verfahren (2021: 66.314) und Niedersachsen mit 76.111 Verfahren (2021: 61.822).

    Leichter Rückgang in Berlin

    Einzig in Berlin gab es nach den Angaben 2024 mit 34.176 weniger offene Verfahren als im Jahr 2021. Damals waren es 34.763. Allerdings bekamen die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte dort auch etwas weniger neue Verfahren auf den Tisch als im Vorjahr.
    21.05.2024, Berlin: Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, und Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), geben auf einer Pressekonferenz die Fallzahlen für die Politisch Motivierte Kriminalität (PMK) bekannt.
    Rechtsextreme Straftaten nehmen zu - das geht aus einer Statistik des Bundeskriminalamtes hervor. Rechtsextreme Übergriffe machten knapp die Hälfte der politisch motivierten Übergriffe aus. 21.05.2024 | 1:36 min
    Bundesweit sind bei den Staatsanwaltschaften laut Richterbund 2024 mehr als 5,3 Millionen neue Fälle eingegangen. Damit lag die Zahl wie schon in den beiden Vorjahren über fünf Millionen. Im Jahr 2021 lag sie noch bei 4,7 Millionen.

    Dutzende Verdächtige wegen langer Verfahren frei

    "Die Alarmsignale für einen überlasteten Rechtsstaat häufen sich", sagte Richterbund-Geschäftsführer Sven Rebehn der Deutschen Presse-Agentur. Weil die Strafverfahren nicht mit der gebotenen Schnelligkeit bearbeitet werden konnten, haben nach seinen Angaben 2024 Gerichte bundesweit mehr als 60 dringend Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen.
    Bildkollage: Sportlehrer Jan Buchholz steht mit verschränkten Armen steht vor einer Aufnahme, die das Innere eines Zeltes, einer Flüchtlingsunterkunft, zeigt.
    Kriegsflüchtlinge und immer mehr Asylbewerber treffen auf überlastete Behörden. Die Willkommenskultur in Deutschland ist erschöpft - die Integration am Limit.09.02.2025 | 30:00 min
    Die meisten Fälle gab es laut Richterbund in Sachsen (15), gefolgt von Hessen (11). Rebehn betonte mit Blick auf die anstehenden Koalitionsgespräche von Union und SPD:

    Es ist offensichtlich, dass es jetzt ein Sofortprogramm braucht, damit die Strafjustiz nicht zum Flaschenhals bei der Kriminalitätsbekämpfung wird.

    Sven Rebehn, Geschätsführer des Deutschen Richterbunds

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    Quelle: dpa

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    Quelle: dpa

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