Das Kultmoped: 60 Jahre Schwalbe:Warum das DDR-Moped heute so beliebt ist
von Anna Buchschwenter, Studio Erfurt
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Vor 60 Jahren begann die Geschichte eines neu entwickelten Zweirads: In der DDR galt die Schwalbe lange Zeit als Frauen-Moped - heute erlebt sie auch bei Jugendlichen ein Revival.
Die Simson Schwalbe war 1964 das erste zweisitzige Kleinkraftrad des volkseigenen Betriebs (VEB) Simson Suhl. Heute hat sie Kultstatus, nicht nur in den neuen Bundesländern.07.11.2024 | 6:30 min
Erhard Werner war maßgeblich an der Konstruktion der Schwalbe für den "volkseigenen Betrieb" (VEB) Simson Suhl beteiligt. Gegenüber ZDFheute sagt der 92-Jährige, dass er und sein Team den Auftrag erhielten, ein besonders robustes Moped für die ganze Familie zu schaffen.
Die Schwalbe sollte mindestens zehn Jahre halten und 45.000 Kilometer fahren, ohne dass eine Generalreparatur nötig war.
60 km/h: Warum die Schwalbe so schnell fahren darf
Die Schwalbe war das Volksmoped der DDR. Heute hat sie Kultstatus, nicht nur in den neuen Bundesländern, seit einigen Jahren auch im Westen. Die Schwalbe und auch andere Motorroller von Simson dürfen wie zu DDR Zeiten bis zu 60 km/h fahren und nicht die gesetzlich vorgeschriebenen 45. So wurde es nach der Wende per Einigungsvertrag beschlossen. Außerdem gilt das Zweirad als besonders ausdauernd und leicht zu reparieren.
Quelle: dpa
…war 1964 das erste zweisitzige Kleinkraftrad des volkseigenen Betriebs (VEB) Simson Suhl.
Sie war Teil der damals neuen "Vogelserie". Andere Modelle der Serie waren "Spatz", "Star", "Sperber" und "Habicht".
Nach der Wende wurde das Unternehmen von der Treuhand abgewickelt. Die Produktion endete 1990.
Die Schwalbe machte viele DDR-Bürger mobil. In den 1950er- und 1960er Jahren konnten sich die meisten Familien andere Fahrzeuge schlicht nicht leisten.
Wegen ihres tiefen Durchstiegs konnte die Schwalbe auch von Frauen in Röcken gefahren werden. So galt die Schwalbe lange Zeit als Frauen-Moped, gefahren von Gemeindeschwestern, Volkspolizisten und älteren Herrschaften.
Jason aus Flurstedt in Thüringen liebt Mopeds aus der DDR. So sehr, dass er die Szene per Instagram auf seinen Dorfsportplatz einlädt.10.08.2024 | 15:01 min
Simson Mopeds faszinieren junge Leute
Dass sich heute vor allem junge Schrauber für die Mopeds interessieren, liegt an ihrer Einfachtechnik. Werner Erhard erzählt, dass man sich - aus wirtschaftlichen Gründen - große Mühe gab, möglichst gleiche und einfache Fahrzeugteile zu fertigen. So war es möglich, kurze Zeit nachdem die Schwalbe 1964 in Produktion ging, weitere Modelle wie den Star, den Spatz, den Sperber und Habicht auf den Markt zu bringen.
Arvid von der "Simson-Bande", einer Gruppe von zehn Schrauber-Freuden, schätzt die Wartungsfreundlichkeit und Zuverlässigkeit der DDR-Zweiräder.
Seit mehr als zehn Jahren schrauben der junge Thüringer und seine Freunde gemeinsam in ihrer Werkstatt an den alten Mopeds.
Aus dem Hobby wurde Leidenschaft, die verbindet. Mittlerweile hat die "Simson-Bande" eine große Community auf Social Media. Je mehr Arbeit man in die Reparatur investiere, desto mehr verwachse man mit dem Moped, so Arvid.
Für ihn sei seine Schwalbe weit mehr als ein Fortbewegungsmittel. Verkaufen würde er sie nur im äußersten Notfall: "Das wird so lange herausgezögert, erst kurz vor der Privatinsolvenz", sagt Arvid.
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Die Schwalbe wird teuer gehandelt
Das Geschäft mit den DDR-Zweirädern der legendären Simson-Vogelreihe floriert. Originale gibt es kaum noch.
Vor 30 Jahren wurde die Produktion in Suhl eingestellt. Die Mopeds wurden als wertlos erachtet. Viele verstaubten in Scheunen oder wurden im Wald entsorgt. Heute zahlen Enthusiasten bis zu 5000 Euro.
Von 1955 bis 1990 produzierte Simson über fünf Millionen Zweiräder. Heute seien noch gut 1,4 Millionen zugelassene Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs, sagt Thorsten Orban vom Fahrzeugmuseum Suhl. Besucher kämen von überall her, um in Erinnerung zu schwelgen. So liegt hier vor allem Nostalgie in der Luft. Ein Vater und sein Sohn erzählen von ihrer eigenen Schwalbe - ein Familienerbstück, das für sie für Freiheit und ein ostdeutsches Lebensgefühl stehe, das heute unbezahlbar sei.
Anna Buchschwenter ist Redakteurin im ZDF-Studio in Erfurt.
Quelle: ZDF
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