Bedrohte Schweinswale: Wie den Tieren geholfen werden könnte

    Bedrohte Schweinswale:Wie Walen in Not geholfen werden könnte

    von Torsten Mehltretter
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    Schweinswale sind die letzten vor unseren Küsten heimischen Wale. Ihre Bestände in Nord- und Ostsee nehmen dramatisch ab. Wissenschaftler wollen das verhindern.

    Eine Blauwalkuh mit Jungtier im Meer aus der Vogelperspektive
    Mehr Schutz für Meeressäuger07.03.2024 | 29:40 min
    Noch kann man die Rückenflossen der kleinen Meeressäuger in Nord- und Ostsee zumindest bei ruhiger See immer mal wieder auftauchen sehen. Doch die Bestände der Schweinswale sind rückläufig.
    Nach Untersuchungen des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung in Büsum erreichen viele der regelmäßig tot an deutschen Stränden gefundenen Tiere kaum noch die Geschlechtsreife. Schifffahrt, Plastikmüll, Umweltgifte, die Fischerei, aber auch Unterwasserlärm machen den nur etwa einen Meter achtzig großen Zahnwalen zu schaffen.

    Ohne ihr Gehör können Schweinswale nicht jagen

    Die Tiere orientieren sich an dem Echo ihrer eigenen Laute. Für unsere Ohren unhörbar erzeugen sie kleine Klicks, die sie auf ihren Beutezügen in unzähliger Zahl aussenden. An den Echos erkennen sie ihre Umgebung und können auch Beutefische identifizieren. Werden sie schwerhörig, zum Beispiel durch Explosionen oder Rammarbeiten am Meeresgrund, sind sie zum Tode verbannt, weil sie nicht mehr jagen können.
    Ein weiteres Problem für die Tiere: feinleinige Stellnetze, die Fischer in vielen Regionen einsetzen, werfen kaum Echos ab. Die Schweinswale erkennen sie nicht und schwimmen hinein. Sie verfangen sich mit ihren Flossen in den Maschen und ersticken. Das Problem ist keinesfalls auf Nord- und Ostsee beschränkt. Weltweit verenden Schweinswale als Beifang in Fischernetzen. Um das zu ändern, verfolgen Wissenschaftler inzwischen unterschiedliche Ansätze.

    Beifang von Schweinswalen in der Fischerei reduzieren

    Die Nutzung der für Schweinswale gefährlichen Stellnetze einfach zu verbieten, hält Biologe Daniel Stepputtis vom Rostocker Thünen-Institut für Ostseefischerei derzeit nicht für die richtige Lösung.

    Wir brauchen Fisch auch zukünftig als Lebensmittel, um die Weltbevölkerung zu ernähren und Stellnetze sind an sich sehr effektive Netze, aber wir müssen sie verändern und über Alternativen nachdenken.

    Daniel Stepputtis, Biologe am Thünen-Institut für Ostseefischerei

    In einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Deutschen Meeresmuseum Stralsund und der dänischen Universität Aarhus hat er in diesem Sommer vor der dänischen Ostseeinsel Fünen die Effizienz eines Gerätes überprüft, das die Tiere vor einem Fischernetz warnen soll. Es hängt wie ein kleiner Unterwasserlautsprecher am Netz und imitiert die Warnrufe der Schweinswale. Einige Fischer setzen die Technik bereits freiwillig ein.

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    Schleswig-Holstein, Büsum: Tot aufgefundener Schweinswal wird untersucht

    Wissenschaftler testen Alternativen zu Stellnetzen

    Stepputtis und die anderen beteiligten Wissenschaftler testen die Wirkung und mögliche Abnutzungseffekte.

    Ein Warnruf, der dauernd ertönt, kann dazu führen, dass die Tiere jedes Mal besonders aufmerksam werden, wenn sie diesen Ton hören, er kann aber auch dazu führen, dass sie sorglos werden und ihn nach und nach ignorieren.

    Daniel Stepputtis, Biologe am Thünen-Institut für Ostseefischerei

    Und weil die Wale in unterschiedlichen Regionen auch mit verschiedenen Warnrufen kommunizieren, vergleichbar wie Dialekte oder Sprachen bei den Menschen, testet Stepputtis auch andere Lösungsansätze wie zum Beispiel Fischfallen - kleine Kästen als Alternative zu den Stellnetzen. Dort können Schweinswale aufgrund ihrer Größe nicht hineinschwimmen. Für sie sind die Eingänge zu klein, Speisefische dagegen passen durch.

    Fischfallen, die im Dunkeln leuchten

    Mit seinem belgischen Forscherkollegen Jasper Van Vlasselaer vom Flandern Institut für Landwirtschafts-, Fischerei- und Ernährungsforschung untersucht er zudem, ob Licht mehr Fische in die Fallen locken kann.
    Dazu setzen sie auch Netze mit lumineszierendem Garn ein, das in der Lage ist, Licht zu speichern und eine Zeit lang auch bei Dunkelheit zu leuchten. "Es geht ja darum, dass die Fischfallen zu einer Alternative zu den Stellnetzen werden."

    Dazu müssen sie aber auch für den Fischer attraktiv sein. Das heißt: Sie müssen effektiv und einfach im Handling sein.

    Daniel Stepputtis, Biologe am Thünen-Institut für Ostseefischerei

    Wale helfen beim Meeresschutz

    Wenn die Fischerei der Zukunft auf Stellnetze verzichten könnte, dann würde das großen und kleinen Walen in vielen Regionen der Welt helfen. Wale haben auch eine große Bedeutung für das Ökosystem Ozean, sind riesige CO2-Speicher und wichtig für die Sauerstoffproduktion. Und selbst in der inzwischen stark durch den Menschen veränderten Ostsee tragen sie durch ihre Beutezüge dazu bei, die dezimierten Fischbestände im Gleichgewicht zu halten, und leisten auch dadurch einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.
    Gründe, die Wale zu retten, gibt es genug. Das Problem mit der Fischerei scheint in absehbarer Zeit lösbar zu sein. Doch wirklicher Walschutz bedeutet auch, den Unterwasserlärm und das Einleiten von Müll und Umweltgiften in die Meere strenger zu regulieren.

    Plan B
    Quelle: ZDF

    Die Dokumentation "Hilfe für die Wale" sehen Sie am Samstag, 30. Dezember, um 17:35 Uhr im ZDF im TV. Weitere Dokumentationen von plan b und die Hintergründe dazu finden Sie jederzeit in der ZDF-Mediathek.

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