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Auch Kasachstan betroffen:Russland: Hochwasser-Lage immer kritischer
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Nach Schneeschmelze und Regenfällen wird die Lage in den überfluteten Gebieten in Russland und Kasachstan immer kritischer. Dämme sind gebrochen und es gibt Kritik an der Führung.
Die Lage in den russischen Hochwassergebieten spitzt sich weiter zu. Große Teile von Orenburg stehen unter Wasser. Die Behörden riefen die Bewohner auf, die Stadt zu verlassen.12.04.2024 | 1:17 min
In den Überschwemmungsgebieten in Russland sind die Wasserpegel mehrerer Flüsse am Freitag auf neue Rekordwerte gestiegen. Vor allem der Fluss Ural, der bereits an mehreren Stellen über die Ufer getreten ist und Dämme hat brechen lassen, steige immer weiter an, teilten die Behörden mit.
Im russischen Gebiet Orenburg erwarten die Behörden den Höhepunkt der Flut für Freitag und Samstag. Es sei abzusehen, dass weitere 800 Häuser überflutet würden, sagte Vizegouverneur Sergej Balykin nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Davon wären weitere 2.300 Menschen betroffen.
Im Süden Russlands und in Kasachstan haben eine heftige Schneeschmelze und Dauerregen riesige Flächen überflutet. Betroffen ist der Süden des Uralgebirges, die Lage spitzt sich zu.10.04.2024 | 1:23 min
Oblast Orenburg besonders betroffen
Wegen des Hochwassers sind in der Region Orenburg bereits etwa 12.000 Wohnhäuser und 15.000 Gartengrundstücke überflutet. In der Gebietshauptstadt Orenburg, die eine halbe Million Einwohner hat, wurde am Freitagmorgen am Fluss Ural ein Pegelstand von 11,1 Metern gemessen - fast zwei Meter über der kritischen Marke von 9,3 Metern.
Experten erwarteten, dass die Flut noch auf 11,6 Meter steigen werde. Der bisherige registrierte Höchststand habe im Jahr 1942 bei 9,4 Metern gelegen, sagte Orenburgs Gouverneur Denis Pasler.
Orsk liegt in der Region Orenburg, rund 1.700 Kilometer südöstlich von Moskau entfernt und nahe der Grenze zur zentralasiatischen Republik Kasachstan.
Quelle: ZDF
Auch Kasachstan betroffen
Auch in den anderen russischen Regionen an der kasachischen Grenze und in Kasachstan selbst gibt es schwere Überschwemmungen. In Kasachstan wurden bislang knapp 100.000 Menschen evakuiert.
Der Ural fließt auch durch das Zentrum der kasachischen Ölindustrie in Atyrau. Dort haben die Behörden Schulen geschlossen und Tausende Menschen mobilisiert, um die Flussufer zu verstärken und Dämme zu bauen. Kasachstan hat zudem Dörfer entlang des Ischim geräumt.
Die Behörden gehen davon aus, dass die Überschwemmungen des Ischim und eines anderen Nebenflusses zwischen dem 23. und 25. April ihren Höhepunkt erreichen - also erst in etwa zwei Wochen. In der Nähe der Stadt Patropawlowsk, dem Zentrum der nordkasachischen Region, soll der Höchststand zum Ende dieser Woche erreicht sein.
Wirtschaftliche Risiken der Überschwemmung
Wichtige Weizenanbaugebiete Russlands liegen im Überschwemmungsgebiet. Das Land ist der größte Weizenexporteur der Welt. Etwaige Ernteausfälle könnten die Versorgung weltweit verknappen und zu einem Preisanstieg führen. Das hatte Menschen in ärmeren Ländern schon 2022 und 2023 zu schaffen gemacht, weil die Ukraine - ebenfalls ein sehr großer Getreideexporteur - nach dem Einmarsch Russlands Probleme hatte, ihre Produkte überhaupt außer Landes zu bringen.
Mehr als 8.000 Nutztiere wurden in Kasachstan den Behörden zufolge durch die Überschwemmungen bereits getötet. Das Landwirtschaftsministerium hat eine Sondereinheit eingesetzt, um die Kadaver zu beseitigen und die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Steigt das Wasser weiter und kommt es in weiteren Regionen an, dürfte auch die Zahl der toten Tiere steigen.
Russland ist der zweitgrößte Erdölexporteur der Welt. Die Ölraffinerie in Orsk im Ural hat wegen des Hochwassers in dieser Woche ihren Betrieb eingestellt. Das solle ökologische Risiken vermeiden und die Sicherheit der Arbeiter gewährleisten, hieß es. Die Raffinerie verarbeitete zuletzt etwa 90.000 Barrel Öl (1 Barrel = 159 Liter) pro Tag. Gemessen am weltweiten Verbrauch, der im Jahr 2022 rund 97 Millionen Barrel pro Tag betrug, ist dies aber wenig. Der Ölpreis am Weltmarkt reagiert deshalb auf das Hochwasser bislang kaum.
Bereits jetzt stecken Hunderte Lastwagen, die Güter verschiedenster Art transportieren, in Kasachstan fest. Die Behörden haben Straßen gesperrt, die durch das Wasser beschädigt oder überflutet wurden oder bei denen dies droht. Dabei machen Kasachstan ohnehin schon die Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu schaffen: Aus Sorge vor ausbleibenden Treibstoff-Lieferungen aus Russland infolge ukrainischer Angriffe auf russische Raffinerien kündigte die Regierung in dieser Woche an, den Verkauf von Benzin und Diesel zu rationieren.
Quelle: Reuters
Quelle: Reuters
Kritik an Krisenmanagement in Russland
Auslöser für die Katastrophe ist die Schneeschmelze, verstärkt durch Regenfälle. Die betroffenen Russen klagen Medienberichten zufolge über das schlechte Krisenmanagement der Behörden. Der russische Präsident Wladimir Putin hörte sich in der Schalte nur die Berichte der regionalen Gouverneure an. Er ordnete an, alles für den Wiederaufbau nach Abfließen der Wassermassen vorzubereiten. Das geht aus der offiziellen Mitschrift des Kremls zu dem Treffen hervor.
In der Region waren Tausende über das vergangene Wochenende in Sicherheit gebracht worden, nachdem der Damm den steigenden Pegelständen im Fluss nahe der Grenze mit Kasachstan nicht mehr standgehalten hatte. Die russische Regierung rief den Notstand aus.
Quelle: dpa, AP, AFP, Reuters
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