Umgang mit depressiven Menschen:Depressionen im persönlichen Umfeld: Was tun?
von Nadine Braun
|
Depressionen im persönlichen Umfeld wirken sich auch auf die Angehörigen aus. Dabei ist sowohl der richtige Umgang mit Betroffenen als auch das Setzen eigener Grenzen wichtig.
Psychische Krankheiten belasten die Partnerschaft.
Quelle: iStock_kemalbas
Der Schock traf Karoline an Weihnachten: Ihr Mann erzählte ihr, dass er an Suizid dachte. Die 32-Jährige wusste zwar, dass es ihm die letzten Monate über nicht gut ging, er viel Stress auf der Arbeit hatte. Obwohl sie als Gesundheits- und Krankenpflegerin in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie täglich mit psychischen Erkrankungen konfrontiert war, war sie überfordert. Ihr Mann versprach ihr, sich bis nach Silvester nichts anzutun. "Aber geschlafen habe ich kaum in dieser Zeit", sagt Karoline.
"Ich hätte einen Schlussstrich ziehen müssen", sagt Karoline heute über die Depression ihres Mannes.
Quelle: privat
Wahrscheinlich kennen alle eine Person, die eine psychische Störung hat oder hatte. Denn pro Jahr ist mehr als jede*r Vierte in Deutschland davon betroffen. Am häufigsten treten Angststörungen, affektive Störungen wie Depressionen und Alkohol- und Medikamentensucht auf.
Etwa jede*r Zweite erkrankt im Laufe des Lebens an einer psychischen Störung. Am häufigsten sind Angststörungen, gefolgt von affektiven Störungen wie Depressionen und Alkohol- beziehungsweise Medikamentensucht.
In Deutschland wird pro Jahr bei 17,8 Millionen Erwachsenen eine psychische Erkrankung diagnostiziert, das ist mehr als ein Viertel der volljährigen Bevölkerung. Aber nicht einmal jeder Fünfte davon nimmt professionelle Hilfe in Anspruch. Manche sind nicht in der Lage, sich Hilfe zu suchen, andere haben Angst vor der Behandlung oder dem gesellschaftlichen Stigma.
Verhalten gegenüber depressiven Menschen
sich selbst über die Erkrankung informieren
Arzttermine ausmachen
geduldig bleiben
regelmäßig konkrete Unterstützung anbieten, zum Beispiel einkaufen gehen oder putzen
sich mit gut gemeinten Ratschlägen zurückhalten
Auch für Kolleg*innen und Vorgesetzte ist der Umgang mit psychisch Erkrankten eine Herausforderung. Ihnen raten Expert*innen: keine psychologische Bewertung vornehmen, Veränderungen, etwa von Leistung, Verhalten oder Stimmung, unter vier Augen ansprechen. Und wenn möglich die Arbeitsbelastung reduzieren.
Karoline ist mit ihrem Mann nach Silvester in eine Akutklinik gefahren. "Ich war erst einmal erleichtert", beschreibt sie die Situation, "weil ich das Gefühl hatte, mir hilft jetzt jemand." Denn sie selbst fühlte sich überfordert.
Verantwortung abgeben
Die Paar- und Familientherapeutin Angelika Völkel rät, sich ehrlich zu fragen, wie es einem selbst mit der Situation geht. Natürlich sei es wichtig, Hilfe zu leisten. "Aber man sollte sich klar machen, dass man nicht verantwortlich für den Zustand des anderen ist."
Für Karoline war das nicht einfach umzusetzen. Denn ihr Mann konnte erst nach einer Woche stationär in der Klinik aufgenommen werden. "Diese sieben Tage waren einfach pure Hölle für mich", sagt sie. Zu groß war die Angst, dass er sich in dieser Zeit doch etwas antun könnte.
Immense Belastung für Angehörige
Einige Zeit war Karolines Mann in der Akutklinik. Danach dauerte es mehrere Monate, bis er die passende Therapieform fand. Währenddessen versorgte sie ihn: Neben ihrem Vollzeitjob kümmerte sie sich allein um den Haushalt, kochte, achtete darauf, dass er seine Medikamente nahm.
Diese Machtlosigkeit, ihm nicht helfen zu können, hat mich an meine Grenzen gebracht.
„
Karoline, 32 Jahre
Auch Karoline entwickelte eine Depression. Ihre Ehe litt darunter. "Ich hätte einen Schlussstrich ziehen müssen." Laut Völkel sollten sich Angehörige das Recht nehmen, sich früh um sich selbst zu kümmern, sich abgrenzen und über die Belastung sprechen - etwa mit Freund*innen oder in Angehörigen-Gruppen. "Man kann auch selbst eine Psychotherapie machen", rät sie.
Was kann ich für mich selbst tun?
die eigenen Bedürfnisse und Gefühle in den Fokus rücken
das Leben nicht komplett nach der psychisch erkrankten Person ausrichten
sich bewusst machen, dass in erster Linie die erkrankte Person für sich selbst verantwortlich ist
gezielt Dinge tun, die einem selbst Spaß machen
mit Freund*innen über Sorgen sprechen
professionelle Hilfe suchen: Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen für Angehörige, Psychotherapeut*innen
Obwohl es ihr selbst schlecht ging, beschloss Karoline, ihre Ehe nicht aufzugeben. "Ich weiß ja, wie er ohne Depression ist", sagt sie. Ihr half es, sich mit der Krankheit auszukennen. "So wusste ich: Das ist nicht mein Mann, der da spricht oder handelt", erklärt sie, "sondern die Depression."
Während beide in Therapie waren, merkte Karoline, dass ihr Mann wieder Hoffnung schöpfte. "Da war auch für mich wieder die Hoffnung da, dass ich vielleicht meinen Mann doch nicht an die Depression verloren habe." Es ging wieder bergauf: für Karolines Mann - und mit ihrer Ehe. Heute stehen sie zueinander: "Die Erfahrung hat uns zusammengeschweißt."
Redaktion: Kathrin Wolff Grafiken im Auftrag des ZDF: Jens Albrecht
In einer akuten Krise können Sie sich jederzeit kostenlos an die Telefonseelsorge unter der Nummer 0800-111 0 111 oder den Notruf 112 wenden. Krisendienste und Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie auf der Internetseite der Deutschen Depressionshilfe. Hilfe bei der Suche nach einem Therapieplatz bieten die Kassenärztliche Vereinigung Ihres Bundeslandes und die Patientenservice-Nummer 116 117.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.