Drake vs. Kendrick: Wie der Streit der Rap-Stars eskaliert

    Wie ein Rap-Beef eskaliert:Drake vs. Kendrick: Streit der Megastars

    von Lukas Wagner
    |

    Kendrick Lamar gegen Drake: Zwei der größten Musik-Ikonen der jüngsten Zeit liefern sich einen unerbittlichen Streit. Was es mit dem Rap-Beef der Megastars auf sich hat.

    Drake und Kendrick Lamar
    Kendrick Lamar (l.) und Drake liefern sich einen aufsehenerregenden Schlagabtausch. (Archivbilder)
    Quelle: AP

    Pulitzer-Preisgewinner gegen Hitmaschine: Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Megastars Kendrick Lamar und Drake elektrisiert derzeit die Musikszene. Doch der im Rap-Jargon als "Beef" bekannte Streit startete kurioserweise mit einem Lob:

    Love when they argue the hardest MC. Is it K-Dot? (Kendrick) Is it Aubrey? (Drake) Or me? (J. Cole) We the big three like we started a league. / Ich liebe es, wenn sie sich über den härtesten MC streiten. Ist es K-Dot? Ist es Aubrey? Oder bin ich es? Wir sind die großen Drei, als hätten wir eine Liga gegründet.

    J. Cole im Song "First Person Shooter" mit Drake

    Sich die Krone mit zwei weiteren Rappern teilen? Das schmeckt Kendrick Lamar gar nicht. So nutzte der Rapper aus dem kalifornischen Compton den gemeinsamen Song seiner Mitstreiter, um den bereits seit Jahren unter der Oberfläche brodelnden Streit um die Vorherrschaft in der Rap-Welt offiziell loszutreten:

    Motherf*** the big three, (...) it's just big me. / Sch*** auf die großen Drei, (...) nur ich bin groß.

    Kendrick Lamar im Song "Like That"

    Seitdem ist "nichts mehr wie früher", um es mit dem Titel eines Drake-Albums auszudrücken. Ein Medienspektakel nimmt seinen Lauf - mit einem Millionenpublikum vor den Smartphone-Bildschirmen.
    Dr. Dre auf dem "Walk of Fame" mit Eminem, 50 Cent und Snoop Dogg
    Er schreibt Hollywood-Geschichte: Rapper und Musikproduzent Dr. Dre. Zusammen mit Rap-Legenden Eminem oder Snoop Dogg, die er berühmt machte, feierte er seinen Ehren-Stern. 20.03.2024 | 0:42 min

    Der Einfluss von Social Media auf den Rap

    An der Auseinandersetzung zeigt sich aus Sicht von Marc Dietrich vom Berliner Institut für Popkultur und Rap-Forschung der "enorme" Einfluss von Social Media. Beefs von Rappern dieser Größenordnung verbreiteten sich "radikal über die Like-, Sharing- und Kommentierungsfunktionen der sozialen Plattformen", erklärt Dietrich gegenüber ZDFheute.
    Das Fan-Potenzial der Rapper ist immens, wie allein ein Blick auf die monatlichen Hörer beim Streamingdienst Spotify verdeutlicht:
    • Drake: 82 Millionen
    • Kendrick Lamar: 64 Millionen
    • J. Cole: 43 Millionen
    "Der Beef zwischen Drake und Kendrick ist gewissermaßen das Resultat einer Popkultur, die mittlerweile vor allem im Digitalen stattfindet", erklärt Dietrich und ergänzt:

    Und bei der es für Musiker*innen darum geht, über verschiedene Plattformen an einem Markt der begrenzten Aufmerksamkeit den Status zu behaupten.

    Dr. Marc Dietrich, Berliner Institut für Popkultur und Rap-Forschung

    Drake vs. Kendrick: Wie sich der Beef entwickelt

    Die erste Antwort auf Kendricks musikalische Kriegserklärung lieferte J. Cole mit "7 Minute Drill". Der in Frankfurt am Main geborene US-Star streute bei seinen Stichelein allerdings auch Lob für seinen bisher eher als Freund wahrgenommenen Herausforderer ein - und löschte den Song kurze Zeit später wieder.
    Eminem in einem weißen T-shirt vor einem roten Hintergrund.
    Die Karriere von Eminem ist einzigartig. Doch der Weg an die Spitze des Hip-Hop-Olymps ist geprägt von Missbrauch, Drogen und harten Tiefschlägen.16.12.2023 | 44:15 min
    Anders als Drake, der für seine teils Pop-lastigen Lieder häufig als zu "soft" kritisiert wird, gilt J. Cole eigentlich als Liebling der angriffslustigen Rap-Szene - der ungewöhnliche Rückzieher könnte sich im Nachhinein aber als weise herausstellen.
    Denn die anfangs noch für Rap-Musik gängigen Attacken zwischen Kendrick und Drake - inklusive abwertenden und frauenfeindlichen Zeilen - schaukelten sich von Runde zu Runde hoch. So weit, dass Kendrick Lamar als Reaktion auf unbelegte Vorwürfe der häuslichen Gewalt "Drizzy" Drake seinerseits revanchierend in die Nähe von Sexualstraftätern wie Harvey Weinstein rückte. Auch bekannte und angeblich verleugnete Familienmitglieder landeten im Beef.

    • "First Person Shooter" - Drake und J. Cole
    • "Like That" - Kendrick Lamar
    • "7 Minute Drill" - J. Cole
    • "Push Ups" - Drake
    • "Taylor Made Freestyle" - Drake
    • "Euphoria" - Kendrick Lamar
    • "6:16 in LA" - Kendrick Lamar
    • "Family Matters" - Drake
    • "Meet the Grahams" - Kendrick Lamar
    • "Not Like Us" - Kendrick Lamar
    • "The Heart Pt. 6" - Drake

    Was hat Taylor Swift mit dem Beef zu tun?

    Wie bei so vielen popkulturellen Ereignissen darf Pop-Star Taylor Swift auch bei diesem Beef nicht fehlen. Aufgrund vergangener Gastauftritte von Kendrick Lamar auf Swift-Songs spielte Drake den gegen ihn erhobenen Vorwurf der "Mainstreamisierung" an Kendrick zurück. Drakes eigener Reichweite dürfte die Erwähnung von Taylor Swift aber auch nicht geschadet haben.
    Dass der Streit "in Teilen der Rap-Community auch kritisch gesehen wird" lässt sich laut Rap-Forscher Dietrich an Reaktionen wie der von Rapper Vince Staples erkennen: Staples wies demnach darauf hin, dass sich eine "Popkünstlerin wie Taylor Swift für eine gerechte Entlohnung von Künstler*innen einsetzt", während sich Drake und Kendrick Lamar in einem Beef aufreiben, erklärt Dietrich.

    Wie kommen KI, Tupac und Snoop Dogg ins Spiel?

    Kritiker von Drake dürften sich vor allem durch den veröffentlichten Diss-Song "Taylor Made Freestyle" bestätigt gefühlt haben: In großen Teilen des Liedes nutzte der kanadische Künstler die Stimmen der Raplegenden Tupac und Snoop Dogg, die er mittels Künstlicher Intelligenz (KI) generieren ließ. Der Nachlass Tupacs fand das alles andere als angemessen und sorgte dafür, dass der Song offline genommen wurde.
    Doch der Streit könnte speziell für die "Reputation von Kendrick Lamar eher abträglich" sein, erklären Marc Dietrich und Heidi Süß vom Rap-Forschungsinstitut. Bisher habe Kendrick als Künstler gegolten, "auf den sich so ziemlich jede*r einigen konnte - smart, politisch, künstlerisch anspruchsvoll, dazu sensibel für Schwarze Themen".

    Dass er (Kendrick Lamar) sich nun auf einmal an einem derart niveaulosen Instagram-Beef beteiligt, wird sicherlich viele negativ überraschen.

    Dr. Marc Dietrich und Dr. Heidi Süß, Berliner Institut für Popkultur und Rap-Forschung

    Neuauflage von Tupac vs. Biggie?

    Beim Namen Tupac werden Erinnerungen an den bisher bekanntesten Beef der Rap-Geschichte gegen The Notorious B.I.G. in den 1990er Jahren wach. Parallelen zum aktuellen Beef sieht Rap-Expertin Heidi Süß darin, dass es sich bei den vier "um so etwas wie Ikonen des Rap handelt".
    "Gleichzeitig hat der Streit zwischen Tupac und B.I.G. eine ganz anders gelagerte Historie - Stichwort Straßenumfeld und Gang-Kriminalität - und er fand in prädigitalen Zeiten statt", sagt Süß.

    Heute, 30 Jahre später, ist Rap längst superkommerziell.

    Dr. Heidi Süß, Berliner Institut für Popkultur und Rap-Forschung

    Der damalige Streit zwischen Tupac und Biggie endete für beide tödlich. Nahe der Villa von Drake in Toronto soll es nun zu Schüssen auf einen Sicherheitsmann gekommen sein - das Tatmotiv ist nach Polizeiangaben noch unklar. Es bleibt zu hoffen, dass der lyrische Beef zwischen Kendrick Lamar und Drake auf der verbalen Ebene bleibt.

    27 Jahre nach Mord
    :Fall Tupac Shakur: Verdächtiger angeklagt

    27 Jahre nach dem Mord an US-Rapper Tupac ist ein Verdächtiger wegen Mordes angeklagt worden. Duane "Keffe D" Davis äußerte sich bereits mehrfach zu seiner Verbindung zum Fall.
    Tupac Shakur

    Mehr zu Rap und Hip-Hop