Warum Campino sich kaum noch als Systemkritiker sieht
Vom Punker zum Gastprofessor:Campino sieht sich als Art "Elder Statesman"
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Campino, Frontmann der "Toten Hosen", spricht an der Universität in Düsseldorf über lyrische Einflüsse auf seine Songs. Als Systemkritiker sieht sich der 61-Jährige nicht mehr.
Campinos Gastprofessur in Düsseldorf ist ein Geschenk des Landes NRW.
Quelle: dpa
Campino, Sänger und Frontmann der Toten Hosen, sieht sich nach eigenen Worten inzwischen als eine Art "Elder Statesman". Am Dienstag sagte er in der Heinrich-Heine-Universität (HHU) in Düsseldorf, wo er als Gastprofessor eingeladen worden war:
Angesichts von Missständen versuche er, sich einzubringen, doch "das mit dem Punk hätte man mich im Oktober 1985 fragen müssen", so Campino. "Ich bin 61 Jahre alt, ein Mann, der immer noch durch die Gegend schleicht" - doch jede Generation brauche ihre eigenen Helden. Insofern begreife er sich als Gastprofessor nicht als Lehrer: "Ich bringe nichts mit außer Begeisterung."
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HHU: 30.000 Interessierte vor Campino-Vorlesung
30.000 Interessierte hatten sich nach Worten von Universitätsrektorin Anja Steinbeck für einen Platz im größten Hörsaal beworben, wo die Vorlesung stattfindet. 650 Personen konnten live dabei sein, 500 via Stream-Übertragung. Steinbeck betonte:
Campino bezeichnete die Frage, wie die Gesellschaft miteinander kommunizieren wolle, als "Riesenthema". Sie stelle sich angesichts der Einflüsse von Künstlicher Intelligenz (KI) ebenso wie in der Auseinandersetzung mit Populismus, Wahrheit und Lüge. "Menschen, die sich an einer Universität aufhalten, tragen die Gesellschaft mit", erklärte der Musiker.
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Campinos "Liebeserklärung an die Gebrauchslyrik"
Zwischen Gedichten und Songtexten möchte Musiker Campino nach eigenen Worten keine scharfe Trennung vornehmen. "Damit limitiert man sich", sagte er. Allerdings komme er selbst bei Songtexten "immer mal mit einer schlampigen Zeile davon", was man sich bei einem guten Gedicht nicht erlauben könne.
X-Post der Universitäts-Rektorin Anja Steinbeck
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Vor seiner "Liebeserklärung an die Gebrauchslyrik", so der Titel der Vorlesung, erklärte Campino, der Begriff der "Gebrauchslyrik" sei ihm erstmals im Zusammenhang mit Erich Kästner begegnet. "Mit dieser Beschreibung fühle ich mich auch am wohlsten für das, was wir machen", sagte er im Hinblick auf seine Band, die Toten Hosen.
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Wichtig sei ihm die Freiheit, sich mit Werken zu befassen, die einem etwas sagten - ob dies ein 200 Jahre altes Gedicht sei oder mit Sprüchen an der Wand. In der Vorbereitung für seine Vorlesung habe er "voller Vorfreude" Hunderte Gedichte gelesen. Auf die Frage nach seinem liebsten Stück Literatur sagte der Musiker:
Zweiter Gastprofessor mit musikalischem Hintergrund
Die Heinrich-Heine-Gastprofessur ist ein Geschenk des Landes Nordrhein-Westfalen. In Campinos zweiter Vorlesung (23. April) wird es um das Thema "Alle haben was zu sagen. Die Kakophonie unserer Zeit" gehen.
Erster HHU-Gastprofessor der war 1991 Marcel Reich-Ranicki, zuletzt war es der Schauspieler Klaus-Maria Brandauer. Nach Liedermacher Wolf Biermann ist Campino den Angaben zufolge der zweite Gastprofessor mit musikalischem Hintergrund.