Berlinale: Jury-Präsident Haynes:Der Mann, den Hollywoods Diven lieben
von Gudula Moritz
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Todd Haynes ist der erste Jury-Präsident unter der neuen Berlinale-Chefin Tricia Tuttle. Es ist ein Coup, denn der US-Regisseur ist einer der Großen der Filmkunst.
Todd Haynes
Quelle: action press
Obwohl Haynes' Filme mit schöner Regelmäßigkeit in den Wettbewerben von Cannes und Venedig laufen, verbinden sich seine Anfänge als Filmemacher ganz besonders mit der Berlinale: Hier erhielt er für sein Langfilmdebüt "Poison" 1991 den renommierten Teddy Award - die Auszeichnung für besten queeren Spielfilm.
Einst an der Berliner Hochschule abgelehnt
Doch auch zu Berlin selbst hat Haynes eine enge Beziehung: 1983 kam er als 22-jähriger Student nach Westberlin, um die Stadt, die er nur aus der bildenden Kunst und Spielfilmen kannte, selbst kennenzulernen, sie persönlich zu erfahren.
Der 22-jährige Kalifornier bewarb sich um einen Studienplatz an der Hochschule der Künste - heute die UdK - und wurde abgelehnt. Er blieb trotzdem vier Monate in Berlin, lernte Deutsch und sog die besondere Atmosphäre Westberlins voller Begeisterung auf - für ihn damals eine wilde Insel der Freiheit mitten in der DDR.
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Jury-Präsident der Berlinale seziert historische Epochen der USA
Seine Filme verbinden gesellschaftliches Engagement mit Mut zum künstlerischen Risiko. Sie sind politisch und privat zugleich. Ins Zentrum rückt Haynes oft weibliche Figuren, gerne Hausfrauen im vorstädtischen Milieu, die an der Seite erfolgreicher Ehemänner ein luxuriösen Schattendasein fristen und in gesellschaftlichen Zwängen feststecken. So wie Julianne Moore als Cathy, die treusorgende Ehefrau und Mutter in dem Melodram "Dem Himmel so fern" (2002), Schauplatz sind die 1950er-Jahre in Georgia.
Farblich betörend inszeniert, taucht Haynes in seinen Filmen oft in historische Epochen der USA ein, um sie dann lustvoll zu sezieren - wie in dem Liebesdrama "Carol", die Geschichte einer damals verbotenen lesbischen Liebe in den 1950er-Jahren oder die Jugendbuch-Verfilmung "Wonderstruck", die in den 1920er- und 1970er-Jahren vor allem in der amerikanischen Provinz spielt.
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Haynes sieht Trumps Wiederwahl kritisch
Die wiederkehrenden Themen seiner Filme sind hochaktuell: Rassismus, Homophobie, die soziale Spaltung der Gesellschaft.
Kein Wunder also, dass sich Todd Haynes um die Zukunft der amerikanischen Gesellschaft derzeit Gedanken macht: In einem Exklusiv-Interview fürs deutsche Fernsehen hat er sich im Vorfeld der Berlinale kritisch und besorgt über die Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump geäußert und vor den Folgen für Gesellschaft und Kultur gewarnt.
Haynes vertrat gegenüber "Kulturzeit" die Ansicht, dass sich die US-Gesellschaft "tragischerweise mittlerweile rückwärts" bewegen würde - trotz vieler vorangegangener Kämpfe für Feminismus, Bürgerrechte, die queere Community und Transmenschen.
Die diesjährige Berlinale startet am Donnerstag mit dem deutschen Spielfilm „Das Licht“ von Regisseur Tom Tykwer. Insgesamt sind bei der 75. Ausgabe des Filmfestivals 240 Filme zu sehen. 19 Produktionen gehen ins Rennen um die Goldenen und Silbernen Bären.12.02.2025 | 7:59 min
Julianne Moore ist seine Muse
Seine filmische Perspektive rückt die Außenseiter der Gesellschaft ins Scheinwerferlicht und dazu zählen für ihn noch immer: Frauen. Seine Fähigkeit, komplexe weibliche Figuren zu erschaffen, übt eine magische Anziehungskraft aus auf die besten Schauspielerinnen der Welt wie Cate Blanchett, Natalie Portman und, immer wieder, Julianne Moore.
Seit 30 Jahren bilden die beiden ein Dream Team - Julianne Moore ist für Todd Haynes eine der größten Schauspielerinnen überhaupt, Seelenverwandte und Muse zugleich. In fünf seiner neun Spielfilme hat er Moore besetzt, meist Hauptrollen. Er schwärmt von ihrem intuitiven Verständnis der Rollen, der großen Kunst, ihre Figuren niemals ganz preiszugeben - und so das besondere Interesse des Publikums zu wecken und ihm so die Möglichkeit zu bieten, diese Leerstellen selbst zu füllen.
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Zu teuer: Abkehr von Hollywood
Obwohl Haynes mit den Besten der Traumfabrik arbeitet und selbst in Los Angeles aufgewachsen ist, hat er bereits seit "Safe" - seinem zweiten Spielfilm und übrigens dem ersten mit Julianne Moore - nicht mehr in Hollywood gedreht: Die Produktionskosten sind dort mittlerweile viel zu hoch für seine Independent-Filme.
Auch wenn Haynes immer wieder mit den Finanzierungsproblemen für seine Filme hadert, steht eins für ihn unverbrüchlich fest: Lieber Außenseiter bleiben als von der Mainstream-Kultur aufgesogen zu werden.
Quelle: dpa
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