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UN warnen vor Droge:Nitazen - gefährlicher als Heroin
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Ein Rückgang der weltweiten Opium-Produktion dürfte künftig für weniger Heroin auf dem Markt sorgen. Drogenexperten warnen vor gefährlichen Alternativen wie Nitazen.
Sicherheitskräfte der afghanischen Taliban zerstören Opiumfelder in Zabul.
Quelle: epa
Weil die Opium-Produktion in Afghanistan eingebrochen ist und damit wahrscheinlich künftig weniger Heroin auf den Markt kommt, blicken UN-Drogenfachleute besorgt auf neue und gefährliche Alternativen. Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in Wien warnt vor allem vor Nitazen, die synthetische Droge hat bereits in mehreren europäischen Ländern zu Todesfällen geführt.
Am Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel wies das UNODC in seinem Weltdrogenbericht aber auch auf die negativen Gesundheitseffekte von Kokain und Cannabis in westlichen Ländern hin.
Afghanistan galt lange als wichtigstes Ursprungsland für den Heroin-Rohstoff Opium, der aus Schlafmohn gewonnen wird. Nachdem die islamistischen Taliban den Anbau von Mohn 2022 verboten hatten, brach die weltweite Opium-Produktion voriges Jahr um 74 Prozent auf knapp unter 2.000 Tonnen ein, heißt es in dem Bericht.
Ersatzdrogen bergen höheres Risiko für Überdosierung
Bislang sei noch kein Angebotsengpass am Markt erkennbar, sagte UNODC-Experte Thomas Pietschmann.
Falls Heroin-Konsumenten im Falle einer Knappheit nicht verstärkt mit medizinischen Alternativ-Präparaten versorgt werden, könnten sie zu illegalen, synthetischen Ersatzdrogen wie Nitazen oder Fentanyl greifen, hieß es in dem Bericht. Diese Substanzen haben eine stärkere Wirkung als Heroin und bergen deshalb ein höheres Risiko für tödliche Überdosierungen.
In Irland, Großbritannien und im Baltikum wurden bereits Nitazen-Todesfälle registriert. Die Droge stammt meist aus China. Sie werde nicht als Nitazen angeboten, sondern mit Heroin verschnitten und gelange so auf den Markt, sagte UNODC-Chefanalystin Angela Me.
Nitazen ist ein synthetisches Opioid, das in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erregt. Es ist extrem potent, bis zu 60-mal stärker als Morphin, und kann zu schweren Überdosierungen und Todesfällen führen. Entwickelt wurde Nitazen ursprünglich in den 1950er Jahren als Schmerzmittel, aber nie als Arznei für Menschen zugelassen. In Großbritannien ist es seit 2016 verboten, in den USA seit 2020.
Es wird häufig in Tablettenform hergestellt und kann geschluckt, geraucht oder injiziert werden. Im Gegensatz zu Heroin und anderen Opioiden soll Nitazen keinen bitteren Geschmack haben, was es für Konsumenten attraktiver macht. Teilweise wird es Süchtigen auch ohne ihr Wissen untergemischt. Die Wirkung von Nitazen ist kurz und intensiv, führt aber schnell zu Abhängigkeit und Toleranz. Die Entzugssymptome können sehr schwerwiegend sein.
Es wird häufig in Tablettenform hergestellt und kann geschluckt, geraucht oder injiziert werden. Im Gegensatz zu Heroin und anderen Opioiden soll Nitazen keinen bitteren Geschmack haben, was es für Konsumenten attraktiver macht. Teilweise wird es Süchtigen auch ohne ihr Wissen untergemischt. Die Wirkung von Nitazen ist kurz und intensiv, führt aber schnell zu Abhängigkeit und Toleranz. Die Entzugssymptome können sehr schwerwiegend sein.
Dunkelziffer könnte weitaus höher liegen
Auch im aktuellen Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) wird darauf hingewiesen, dass Nitazene "Europas wachsendes Opioidproblem" verschärfen. Demnach waren Nitazene im Jahr 2023 sechs der sieben neuen synthetischen Opioide, die dem EU-Frühwarnsystem gemeldet wurden. Insgesamt wurden demnach seit 2019 in Europa 16 verschiedene Nitazene entdeckt.
Besorgniserregend sei vor allem der starke Anstieg von Todesfällen und Vergiftungen durch Nitazene in vielen EU-Ländern. Die EMCDDA vermutet, dass die Dunkelziffer aufgrund von fehlenden Nachweisen in routinemäßigen toxikologischen Untersuchungen noch deutlich höher liegen könnte.
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292 Millionen Drogenkonsumenten weltweit
Laut der UN-Drogenbehörde nehmen weltweit 292 Millionen Menschen Drogen, das sind 20 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Der größte Teil der Konsumenten - 228 Millionen - verwenden Cannabis. Im Weltdrogenbericht wurde die Legalisierung in Deutschland erwähnt, aber nicht bewertet. Das UNODC wies aber darauf hin, dass weltweit geschätzte 41 Prozent aller Drogensucht-Erkrankungen auf Cannabis zurückzuführen sind. Die Substanz sei der Grund für 20 Prozent der Drogentherapien in Europa, hieß es in dem Bericht.
Aktuelle Studiendaten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigen, dass sich der Anteil der 18- bis 25-Jährigen, die Cannabis schon einmal ausprobiert haben, zwischen 2015 und 2021 erhöht hat. 2023 lag der Anteil bei 47,2 Prozent. Bei den 12- bis 17-Jährigen lag er bei 8,3 Prozent.
Regelmäßig, das heißt häufiger als zehn Mal in den letzten zwölf Monaten, konsumierten 8 Prozent der jungen Erwachsenen und 1,3 Prozent der Jugendlichen Cannabis. Bei 13,6 Prozent der jungen Erwachsenen und bei 5,7 Prozent der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, finden sich Hinweise auf einen problematischen Konsum.
Regelmäßig, das heißt häufiger als zehn Mal in den letzten zwölf Monaten, konsumierten 8 Prozent der jungen Erwachsenen und 1,3 Prozent der Jugendlichen Cannabis. Bei 13,6 Prozent der jungen Erwachsenen und bei 5,7 Prozent der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, finden sich Hinweise auf einen problematischen Konsum.
Die UNODC-Fachleute sind auch besorgt über die Auswirkungen des Kokain-Booms. Die Produktion des Aufputschmittels sprang 2022 um 20 Prozent auf über 2.700 Tonnen. Neuere globale Zahlen liegen nicht vor. "Es gibt immer deutlichere Hinweise auf Gesundheitsschäden durch Kokainkonsum, insbesondere in West- und Zentraleuropa", hieß es in dem Bericht. Die Intensität des Konsums, Krankenhausaufenthalte, der Behandlungsbedarf und Todesfälle seien gestiegen. In Ländern Afrikas und Asiens seien ähnliche Trends zu beobachten.
Drogengeschäfte gefährden ganze Staaten
Das UNODC betonte, dass das illegale Drogengeschäft nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Stabilität von Staaten gefährdet. Der Bericht verwies auf die steigende Gewalt in Ecuador und in der Karibik im Zusammenhang mit Kokain. Im "Goldenen Dreieck" zwischen Laos, Thailand und Myanmar expandieren Drogenhändler demnach in andere Geschäftsfelder wie Artenschmuggel, Finanzbetrug und illegale Rohstoffgewinnung.
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Quelle: ZDF, dpa
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