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Erreger breitet sich aus:Mpox im Kongo: Wie Elend das Virus begünstigt
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Virus außer Kontrolle: Überfüllte Lager, fehlende medizinische Versorgung, Gewalt und Prostitution schaffen im Kongo beste Voraussetzungen für die Ausbreitung des Mpox-Erregers.
Im Bulengo-Flüchtlingslager im Kongo herrschen katastrophale Zustände.
Quelle: AP
Kopfschmerzen, Fieber, Hautausschlag: Sarah Bagheni ist eine von vielen Kranken im Flüchtlingslager Bulengo im Ostkongo. Ob sie sich mit Mpox infiziert hat, weiß sie nicht. Und ebenso wenig, wie sie medizinische Hilfe bekommen kann.
Überfüllte Lager sind bester Nährboden für Virus
Armut und fehlende Versorgung in der Region haben die Verbreitung des Mpox-Virus begünstigt. Etwa 5,5 Millionen Menschen sind im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo Dutzende Rebellengruppen um Macht und Bodenschätze kämpfen, auf der Flucht vor Gewalt. Viele leben in überfüllten Lagern – wie Sarah Bagheni.
Und dort scheinen sich die Infektionen massiv auszubreiten. Das Mpox-Virus verbreitet sich durch direkten Kontakt, Enge und Not sind dafür ein guter Nährboden. Vor etwa drei Monaten seien im Lager von Bulengo eine Reihe von Krankheitsfällen mit Fieber, Schmerzen und Schüttelfrost aufgetreten, sagt Leiter Mahoro Faustin.
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Neue gefährliche Mpox-Variante
Das sind Symptome, die zu Mpox passen, aber auch zu anderen Infektionskrankheiten oder zu Malaria. Es sei aktuell überhaupt nicht nachvollziehbar, wie stark sich Mpox im Lager verbreite, erklärt Faustin. Dazu fehlten die Diagnosemöglichkeiten. Er mache sich Sorgen, wie viele der mehreren Zehntausend Menschen schon infiziert sein könnten und wie viele sich noch anstecken.
"Sehen Sie sich nur die Überfüllung hier an", sagt Faustin und zeigt auf die Reihen von Zelten.
Ein alarmierender Anstieg der Mpox-Fälle in mehreren afrikanischen Ländern und eine neue, gefährlichere Form des mit dem klassischen Pockenvirus verwandten Erregers haben die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor wenigen Tagen veranlasst, eine internationale Notlage auszurufen.
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Der Löwenanteil der in diesem Jahr bereits offiziell erfassten rund 17.000 Mpox-Fälle entfällt auf den Kongo, ebenso wie rund 500 Todesfälle aufgrund der Infektion. Die Flüchtlingslager im Ostkongo sind dabei ein Brennpunkt. Rund 70 Prozent der neuen Mpox-Fälle in der Region Goma, die in den vergangenen zwei Monaten in einem Behandlungszentrum der internationalen Hilfsorganisation Medair registriert wurden, seien in Vertriebenenlagern aufgetreten, sagt Medair-Gesundheitsberater Pierre Olivier Ngadjole.
Prostitution, Armut und Gewalt im Osten Kongos
Darunter seien ein erst ein Monat altes Baby und ein 90 Jahre alter Mann gewesen. Die humanitäre Krise im Ostkongo verursache eine ganze Reihe von Hürden, wenn es darum gehe, einen Mpox-Ausbruch zu stoppen, sagt Chris Beyrer, Direktor des Instituts für Globale Gesundheit an der Duke-Universität im US-Staat North Carolina. Dazu gehörten die Gewalt, die illegale Bergbauindustrie und die sich dort ansiedelnde Prostitution, die Vertriebenenkrise und die tief verwurzelte Armut.
Mpox ist eine Infektionskrankheit, die ursprünglich in erster Linie durch Viren von Tieren auf den Menschen übertragen wurde. Zur Vorbeugung von Stigmatisierungen wurde die bis dahin als Affenpocken bezeichnete Krankheit 2022 von der WHO in Mpox umbenannt. In Afrika wurde Mpox bei vielen verschiedenen Tieren nachgewiesen, vor allem bei Nagetieren und mehreren Affenarten. Auch von Mensch zu Mensch können die Viren weitergegeben werden.
1970 wurde die damals als Affenpocken bezeichnete Erkrankung in Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, erstmals beim Menschen festgestellt - in einer Region, in der die Pocken zwei Jahre zuvor ausgerottet worden waren. Im Frühjahr 2003 wurden die ersten Fälle außerhalb Afrikas gemeldet, in den Vereinigten Staaten. Seit Mai breiten sie sich auch in weiteren Ländern aus; vor allem in Westeuropa, darunter auch Deutschland.
1970 wurde die damals als Affenpocken bezeichnete Erkrankung in Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, erstmals beim Menschen festgestellt - in einer Region, in der die Pocken zwei Jahre zuvor ausgerottet worden waren. Im Frühjahr 2003 wurden die ersten Fälle außerhalb Afrikas gemeldet, in den Vereinigten Staaten. Seit Mai breiten sie sich auch in weiteren Ländern aus; vor allem in Westeuropa, darunter auch Deutschland.
Die Symptome ähneln denen der Pocken. Dazu zählen Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Schüttelfrost sowie geschwollene Lymphknoten. Es entwickeln sich teilweise sehr schmerzhafte Hautveränderungen in Form von Flecken und Pusteln, die mit der Zeit verkrusten und abfallen.
Der Ausschlag tritt vor allem an Gesicht, Handflächen und Fußsohlen auf. Es sind jedoch auch Haut- und Schleimhautveränderungen an Mund, Genitalien und Augen möglich. Die Hautveränderungen halten in der Regel zwischen zwei und vier Wochen an und heilen ohne Behandlung von selbst ab.
Der Ausschlag tritt vor allem an Gesicht, Handflächen und Fußsohlen auf. Es sind jedoch auch Haut- und Schleimhautveränderungen an Mund, Genitalien und Augen möglich. Die Hautveränderungen halten in der Regel zwischen zwei und vier Wochen an und heilen ohne Behandlung von selbst ab.
Durch den Kontakt mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten kranker Tiere können sich Menschen mit dem Virus anstecken. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nur bei engem Kontakt möglich. Das Virus wird dabei durch Tröpfcheninfektion, Wunden, den Bläscheninhalt und Schorf auf der Haut oder Körperflüssigkeiten wie Speichel übertragen. Laut einer Studie gehen 95 Prozent der aktuellen Mpox-Fälle auf sexuelle Kontakte zurück.
Die in Deutschland gemeldeten Fälle betrafen fast ausschließlich Männer, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern haben. Nur eine Handvoll Fälle bei Frauen sind hierzulande bekannt. Schwangere, die sich mit Mpox angesteckt haben, können das Virus an ihr ungeborenes Kind weitergeben. Eine Ansteckung des Babys ist auch bei der Geburt möglich.
Die in Deutschland gemeldeten Fälle betrafen fast ausschließlich Männer, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern haben. Nur eine Handvoll Fälle bei Frauen sind hierzulande bekannt. Schwangere, die sich mit Mpox angesteckt haben, können das Virus an ihr ungeborenes Kind weitergeben. Eine Ansteckung des Babys ist auch bei der Geburt möglich.
In der Regel halten die Symptome zwei bis vier Wochen an. Infizierte können andere anstecken, solange sie Symptome haben. Im Gegensatz zu den seit 1980 ausgerotteten Menschenpocken verlaufen Mpox in der Regel deutlich milder; die meisten Menschen erholen sich innerhalb von mehreren Wochen.
Allerdings können bei einigen Betroffenen auch schwere Verläufe auftreten. Insbesondere Neugeborene, Kinder, Schwangere, alte Menschen und Menschen mit Immunschwäche können schwer erkranken. Zu möglichen Komplikationen gehören Hautinfektionen, Lungenentzündung, Verwirrtheit sowie Augeninfektionen, die zu Sehverlust führen können. Auch die Menge an Viren, denen ein Patient ausgesetzt war, spielt eine Rolle für den Krankheitsverlauf.
Quelle: AFP
Allerdings können bei einigen Betroffenen auch schwere Verläufe auftreten. Insbesondere Neugeborene, Kinder, Schwangere, alte Menschen und Menschen mit Immunschwäche können schwer erkranken. Zu möglichen Komplikationen gehören Hautinfektionen, Lungenentzündung, Verwirrtheit sowie Augeninfektionen, die zu Sehverlust führen können. Auch die Menge an Viren, denen ein Patient ausgesetzt war, spielt eine Rolle für den Krankheitsverlauf.
Quelle: AFP
Impfstoffe sind Mangelware
Salim Abdool Karim, Experte für Infektionskrankheiten und Vorsitzender des Notfallkomitees der afrikanischen Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention (Africa CDC), sieht im jüngsten Ausbruch besonderen Grund zur Sorge. Er treffe unverhältnismäßig viele junge Menschen, erklärt er. Laut Africa CDC entfallen 70 Prozent der Fälle im Kongo auf Kinder unter 15, bei den Todesfällen sind es sogar 85 Prozent.
Ein früherer Mpox-Ausbruch 2022, der sich in anderer Variante in mehr als 70 Länder ausbreitete, hatte besonders schwule und bisexuelle Männer betroffen. Mit Impfungen und guter Behandlung konnte die Krankheit international schnell eingedämmt werden. In den Brennpunktregionen in Afrika aber sind die Impfstoffe noch immer Mangelware.
Quelle: ZDF
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Quelle: AP
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