Recycling: Mit alten Möbeln von Kreuzfahrtschiffen Gutes tun

    Mit Ausgedientem Gutes tun:Recycling von Kreuzfahrtschiff-Möbeln

    von Frank Zintner
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    Wir werfen zu viel weg - das ist mittlerweile vielen klar. Geht das nicht anders? Der Verein "Der Hafen hilft" macht es vor und recycelt Mobiliar von Kreuzfahrtschiffen.

    Ein neuwertiger und ein gebrauchter Stuhl aus ehemaligem Stadionsitz
    Es wird zu viel weggeworfen: Doch es gibt Projekte und Ideen, die echte Kreislaufwirtschaft verfolgen - und ökologisch, wirtschaftlich, sozial sind.16.11.2024 | 29:56 min
    Hoodie, Arbeitshose, Stahlkappenschuhe - Anja van Eijsden läuft mit schnellen Schritten durch die scheinbar endlosen Gänge und Treppenhäuser des Luxuskreuzfahrtschiffes MS Europa. Fußböden, Wände, Geländer - alles ist mit Folien abgeklebt. Die 51-Jährige kennt sich hier aus, das ist ihr Terrain. Früher hat sie Kreuzfahrtschiffe wie dieses repariert. Heute ist sie hier in besonderer Mission unterwegs.
    Anja van Eijsden hat einen Teil ihrer Kindheit im westafrikanischen Nigeria verbracht. Es war eine glückliche Zeit, erzählt sie gern, begleitet von einem breiten Lächeln. Dann wird sie ernster: "In Afrika und anderen Ländern habe ich natürlich sehr viel auch von der Armut gesehen und hier eben doch den Wohlstand und auch den Überfluss." Mitte der 1980er Jahre kehrt sie mit ihrer Familie aus Nigeria nach Deutschland zurück und erlebt nun Reichtum und Überfluss.

    Wohin mit alter Einrichtung von Kreuzfahrtschiffen?

    Anja van Eijsden macht eine Ausbildung zur Industriemechanikerin, qualifiziert sich weiter zur Schiffsbetriebsingenieurin. Zunächst fährt sie zur See, der Maschinenraum ist ihr Arbeitsplatz. Später bleibt sie an Land und repariert auf einer Werft Kreuzfahrtschiffe.
    Dabei erlebt sie, wie regelmäßig noch intakte Dinge entsorgt werden. Das will sie ändern, kehrt dem Werftjob den Rücken und gründet den Verein: "Der Hafen hilft". Seitdem rettet sie möglichst viele Dinge von Kreuzfahrtschiffen, die andere noch nutzen können.

    3,7 Millionen Deutsche haben letztes Jahr eine Kreuzfahrt unternommen und dafür viel Geld bezahlt: 2,6 Milliarden Euro. Die Kreuzfahrtbranche boomt, in Deutschland und weltweit. Abgesehen von einem kräftigen Corona-Einbruch kennen die Zahlen nur einen Trend: nach oben. Immer mehr Passagiere sind mit immer mehr Schiffen unterwegs. Das bedeutet gleichzeitig, dass immer mehr Interieur ausgetauscht wird. Die Notwendigkeit für Kreislaufwirtschaft wächst und wächst.

    Quelle: Statista

    So wie in Bremerhaven. Dort liegt das Fünf-Sterne-Kreuzfahrtschiff MS Europa im Schwimmdock und wird außen und innen gründlich überholt. Die 132 Suiten der MS Europa bekommen neues Mobiliar. Sessel, Sofas, Bettdecken und Kopfkissen müssen raus. Fast alles ist noch intakt und hat nur leichte Gebrauchsspuren.
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    Netzwerk als Schlüssel

    Trotzdem tauscht die Reederei alle paar Jahre das Interieur aus - die Gäste erwarten Abwechslung. Die MS Europa ist nur ein Schiff des Kreuzfahrtunternehmens. Insgesamt verfügt die Reederei über zwölf weitere Schiffe mit Platz für insgesamt 18.764 Passagiere. Da fällt regelmäßig sehr viel Mobiliar an.

    Pro Kopf und Jahr fallen in Deutschland 20 Kilogramm Möbel als Müll an. Das macht insgesamt 1,7 Millionen Tonnen. Das Recycling ist sehr schwierig. Denn Möbel bestehen aus Holz, Textilien, Kunststoffen, Metall, Leder und weiteren Materialien. Deshalb ist die allerbeste Recycling-Strategie, die Möbel eins zu eins weiterzuverwenden, bis sie definitiv nicht mehr zu gebrauchen sind.

    Quelle: Umweltbundesamt

    Anja van Eijsden hat an Bord eine Verabredung mit Victoria Müller. Die junge Frau ist die Nachhaltigkeitsmanagerin der Reederei. Sie will verhindern, dass das alte Interieur in der Müllverbrennungsanlage endet - 244 Sessel, 132 Sofas und je 700 Bettdecken und Kopfkissen. Und die gehen alle an den Verein, die Zusammenarbeit mit der Reederei läuft schon seit 15 Jahren erfolgreich.
    Jeden Mittwoch öffnet der Verein „Der Hafen hilft“ seine Tore, dann kommen regelmäßig über 30 verschiedene Organisationen zur Abholung.
    Jeden Mittwoch öffnet der Verein „Der Hafen hilft“ seine Tore, dann kommen regelmäßig über 30 verschiedene Organisationen zur Abholung.
    Quelle: Matthias Wittkuhn

    Mit sozialer Kreislaufwirtschaft gegen die Verschwendung

    Ihr Verein "Der Hafen hilft" transportiert alle Sachspenden von der MS Europa in eine Halle in einem Hamburger Gewerbegebiet. Dort auf 3.000 Quadratmetern werden die Spenden gelagert, digital erfasst und online gestellt. Soziale Einrichtungen von der Jugendhilfe über Kulturprojekte bis zu psychosozialen Einrichtungen können hier Bestellungen aufgeben.
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    Neben Kreuzfahrtunternehmen spenden Firmen ihre Büroeinrichtungen, Privatleute bringen Sachspenden vorbei. Sechs festangestellte und 120 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer halten die Logistikkette am Laufen.

    Sozial und ökologisch: Gebrauchtes für Bedürftige

    Die Idee, gebrauchte Sachen an Bedürftige weiterzuvermitteln, hat nicht nur eine soziale Komponente, sondern auch eine ökologische. Seit Mai 2023 berechnet der Verein die CO2-Einsparung durch seine Spenden - seither hat die Vermittlung demnach 2.000 Tonnen CO2 eingespart. Die Menge entspricht der CO2-Emission von etwa 530 Flügen von Berlin nach New York und zurück.

    Nicht nur für Kreuzfahrten, sondern auch für Flüge oder Autofahrten lassen sich CO2-Emission über verschiedene Anbieter kompensieren. Das gespendete Geld wird in Projekte investiert, die CO2-Ausstoß verhindern oder CO2 dauerhaft binden. Ein gut getesteter Anbieter ist Atmosfair, eine gemeinnützige GmbH, die 2004 aus einem Forschungsprojekt des Bundesumweltministeriums entstanden ist.

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