Experten wollen Absturzort von MH370 lokalisiert haben

    Neue Theorie zum Absturzort:Experte will MH370 lokalisiert haben

    ZDFheute Update - Jan Schneider
    von Jan Schneider
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    Vor mehr als zehn Jahren verschwand der Malaysian-Airlines-Flug 370 spurlos von der Bildfläche. Ein Wissenschaftler will jetzt den Absturzort gefunden haben. Was steckt dahinter?

    Ein startendes Flugzeug der Malaysian Airlines: Es trägt in blau den Schriftzug Malaysia über den Fenstern, darunter verläuft ein orangefarbener und ein blauer Streifen.
    8. März 2014: Flug MH370 verschwindet auf seinem Weg von Kuala Lumpur nach Peking plötzlich vom Radar.
    Quelle: ZDF/Federation Studio France

    Das Mysterium um das Verschwinden von Flug MH370 beschäftigt die Welt seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Boeing 777 von Malaysia Airlines war am 8. März 2014 von Kuala Lumpur in Richtung Peking gestartet - doch dort nie angekommen. Nach knapp 40 Minuten Flugzeit verschwand die Maschine von den Radargeräten, der Funkkontakt brach ab. Von den 239 Insassen des Fluges fehlt bis heute jede Spur.
    Laut einem australischen Wissenschaftler könnte sich das bald ändern: Vincent Lyne, Adjunct Senior Researcher an der University of Tasmania, behauptet, den genauen Absturzort des verschollenen Flugzeugs identifiziert zu haben. Die Ergebnisse des Fischerei- und Aquakulturforschers wurden kürzlich im "Journal of Navigation" publiziert. Die Studie stammt aus dem Jahr 2021, wurde jedoch erst jetzt nach einem Peer-Review-Verfahren veröffentlicht.

    Ein Peer-Review-Verfahren ist die Bewertung einer wissenschaftlichen Arbeit durch unabhängige Gutachter, Wissenschaftler desselben Fachgebiets, sogenannte "Peers". Das Peer-Review-Verfahren ist das gängigste Verfahren der Qualitätsprüfung vor Veröffentlichung von Beiträgen in wissenschaftlichen Zeitschriften.

    Ein startendes Flugzeug der Malaysian Airlines: Es trägt in blau den Schriftzug Malaysia über den Fenstern, darunter verläuft ein orangefarbener und ein blauer Streifen.
    Am 8. März 2014 verschwindet der Malaysia-Airlines-Flug 370 nach dem Start spurlos vom Radar. An Bord sind 239 Menschen. Der Vorfall ist bis heute das größte Rätsel der zivilen Luftfahrt.27.03.2024 | 27:10 min

    Wo soll sich das Flugzeugwrack befinden?

    Lyne erklärt, dass seine Berechnungen auf einen Absturzort im Indischen Ozean hindeuten, genauer gesagt, in einem 6.000 Meter tiefen Loch am östlichen Ende einer Erhebung namens Broken Ridge, eines ozeanischen Plateaus, das etwa 2.000 Kilometer vor der Westküste Australiens liegt. Diese Region beschreibt er als extrem zerklüftet und gefährlich, umgeben von massiven Bergrücken und tiefen Löchern. Laut Lyne könnte dies der Grund sein, warum bisherige Suchaktionen erfolglos geblieben sind. Es sei "ein perfektes Versteck", schrieb Lyne vor wenigen Tagen in einem Beitrag auf LinkedIn.
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    Für seine Studie kombinierte Lyne den Längengrad der Landebahn des malaysischen Flughafens Penang, dem Heimatort des Piloten, mit einer auf dessen Heim-Simulator entdeckten Flugroute - die FBI-Ermittler zuvor als "irrelevant" abgetan hätten. Am Schnittpunkt der beiden Linien befindet sich laut Lyne das 6.000 Meter tiefe Loch. MH370 war damals in der Nähe von Penang vom Radar verschwunden.

    Was wurde bisher von MH370 gefunden?

    43 Wrackteile wurden in den letzten Jahren an verschiedenen Küsten entlang des Indischen Ozeans gefunden. 2015 wurde auf der Insel La Réunion eine Flügelklappe von der rechten Tragfläche entdeckt. Das bisher größte Wrackteil wurde 2016 auf einer Insel vor der Ostküste Tansanias gefunden: eine fast fünf Meter lange Landeklappe, die sich am rechten Flügel befunden hatte. Beide Wrackteile blieben weitgehend intakt, da ihre unbeschädigten Hohlräume für ausreichend Auftrieb sorgten, um über den Ozean zu treiben. Lediglich an den dünnsten Stellen der Hinterkanten waren die Teile ausgefranst.
    Vier Männer in weißen Hemden und blauen Hosen tragen ein etwa zwei Meter großes, weißes Trümmerteil über einen Steinstrand.
    Eine erste Spur: Im Juli 2015 wird auf La Réunion eine Flügelklappe gefunden. Wie sich später herausstellt, stammt sie von MH370.
    Quelle: dpa

    Vom Hauptrumpf des Flugzeugs, den Insassen und dem Flugrekorder fehlt aber bis heute jede Spur. Eine jahrelange Unterwassersuche wurde ergebnislos abgebrochen.

    Warum soll das Flugzeug so weit vom Kurs abgekommen sein?

    Um die Gründe für das Verschwinden und den Absturz des Flugzeugs gibt es diverse - teilweise Kontroverse - Theorien. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass Flug MH370 durch Treibstoffmangel oder einen Unfall abstürzte, vermutet Lyne, dass der Kapitän des Flugzeugs, Zaharie Ahmad Shah, ein absichtliches Landemanöver durchführte.
    Kläger im Prozess um den Flug MH370
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    Als Beweise führt Lyne Schäden an den gefundenen Wrackteilen an. Diese ähnelten den Schäden nach der kontrollierten Notlandung von Kapitän Chesley "Sully" Sullenberger auf dem New Yorker Hudson River im Jahr 2009, schrieb der Wissenschaftler. In New York überlebten alle 155 Menschen an Bord die spektakuläre Notlandung.
    Ein Flugzeug schwimmt im Hudson River. Personen steigen durch die Notausgänge aus.
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    Lynes neue Interpretation steht im Einklang mit anderen Untersuchungen und Spekulationen über das Verschwinden des Fluges. Bereits 2016 hatte der kanadische Flugunfallermittler Larry Vance eine ähnliche Theorie vorgestellt. In seinem Buch "MH370 - Mystery solved" argumentiert Vance, dass Zaharie Shah den Jet bewusst über Stunden in eine entlegene Region des Indischen Ozeans geflogen habe, um die Maschine dort möglichst sanft auf dem Wasser aufzusetzen und vollständig verschwinden zu lassen.
    Vance zufolge wollte der Kapitän damit erreichen, dass die Boeing 777 ohne jede Spur von der Erdoberfläche verschwindet.
    Ein Mann sitzt vor einem Computerbildschirm und hält ein Spielzeugflugzeug in der Hand. Auf dem Bildschirm ist der Globus zu sehen, auf dem die verschiedenen Suchradien eingezeichnet sind.
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    Was nun: Könnte das Wrack geborgen werden?

    Forscher Vincent Lyne forderte die Behörden auf, mit "höchster Priorität" den von ihm lokalisierten Standort zu untersuchen. So könnten die verzweifelten Angehörigen nach vielen "verwirrenden Theorien" und "wilden Spekulationen" endlich Frieden finden.
    Helfen könnte bei diesen Untersuchungen auch Technik aus Deutschland: Der unbemannte Unterwasserroboter "Abyss" des Geomar-Instituts für Ozeanforschung in Kiel kann bis in eine Tiefe von 6.000 Metern abtauchen und war in der Vergangenheit schon an Suchaktionen nach Flugzeugabstürzen über dem Ozean beteiligt. So wurde etwa 2010 das Wrack einer Air France Maschine (Flug AF447) vor Brasilien gefunden.
    Eine Gruppe Menschen gehen in einer Reihe eine Straße entlang. Sie tragen ein Schild, auf dem in weißen Buchstaben auf gelbem Grund MH370 steht, daneben stehen chinesische Schriftzeichen.
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    Die Suche nach MH370 dürfte durch die sehr raue Topografie des Meeresbodens erschwert werden, sei aber durchaus möglich, schätzen die Tauchexperten am Geomar-Institut die Lage ein. Erforderlich wäre eine "sehr genaue Planung der Tauchgänge", um den Meeresboden optimalen abzusuchen.

    Die Frage ist dabei auch, wie weit die Wrackteile auseinanderliegen und wie groß diese Teile sind. Größere Teile sind einfacher in diesem Umfeld zu finden als viele Kleinteile.

    Dr. Peter Linke, wissenschaftlicher Leiter des Technik- und Logistikzentrums am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

    Malaysias Regierungschef Anwar Ibrahim hatte noch im März vor zu großem Optimismus gewarnt. Sagte aber trotzdem mit Blick auf die Familien der Opfer: "Aber ich will sie davon überzeugen, dass wir alles tun, was möglich ist."

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: Mit Material von dpa

    Flug MH370 - Verschollen über dem Meer