Wasser entsalzen: Ozeane als neue Quelle für Trinkwasser
Wasser entsalzen:Ozeane - die neue Quelle für Trinkwasser
von Christine Elsner
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Trinkwasser wird weltweit immer knapper. Klimawandel und Bevölkerungswachstum verschärfen das Problem. Ist Entsalzung von Meerwasser die Lösung?
Die größte Entsalzungsanlage für Trinkwasser in Europa ist in Barcelona in Spanien.
Quelle: AP
Zwei Drittel der Erde sind mit Wasser bedeckt, was mehr als genug ist, um die Weltbevölkerung zu versorgen. Doch es ist zu salzig. Laut einer aktuellen Studie der United Nations University for Water, Environment and Health (UNU-INWEH) wird das Anzapfen von Fluss- und Grundwasser sowie das Sammeln von Regenwasser den weltweiten Wasserbedarf nicht mehr decken können.
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Entsalzungsanlagen immer gefragter
Schon heute produzieren 22.000 Entsalzungsanlagen in etwa 170 Ländern der Erde Trinkwasser, Süßwasser und Betriebswasser aus Meerwasser. "Jährlich sehen wir in unseren Datenbanken einen stetigen Zuwachs, im Durchschnitt rechnen wir bis 2030 mit jährlich circa 15 Prozent Zuwachs weltweit", sagt Claus Mertes von der Gesellschaft Deutsche MeerwasserEntsalzung (DME). Bei der Anschubfinanzierung einer Anlage beteiligt sich auch Deutschland. "Wichtig ist es hierbei seitens der Entwicklungshilfe auf hohe Qualität und Energieeffizienz zu bestehen", meint Mertes.
Das aus Meerwasser gewonnene Trinkwasser darf einen maximalen Salzgehalt von 0,01 Prozent haben. Bei Süß- und Betriebswasser für die Landwirtschaft und Industrie kann er maximal 0,2 Prozent betragen. Es gilt: Je höher der Salzanteil im Meerwasser, umso aufwändiger und energieintensiver der Produktionsprozess.
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Die größten Entsalzungsanlagen in Saudi-Arabien, Israel, VAE und USA
Die zehn größten Entsalzungsanlagen stehen in Saudi-Arabien, Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie den USA. Auch in Südeuropa setzt man auf Meerwasserentsalzung. In Spanien etwa produzieren rund 800 Entsalzungsanlagen täglich Millionen Liter Wasser für Haushalte, Landwirtschaft und Industrie. In Deutschland wird auf Helgoland seit Jahrzehnten zur Trinkwasserversorgung Meerwasser entsalzt.
Derzeit werden weltweit zwei Technologien angewendet:
Bei der Umkehrosmose wird das Meerwasser durch eine Membran gepresst. Wassermoleküle gelangen durch, Salze werden zurückgehaltenen.
Bei der thermischen Entsalzung wird das Wasser verdampft und destilliert.
80 Prozent der weltweiten Entsalzungsanlagen setzen technisch gesehen auf die Umkehrosmose. 20 Prozent basiert auf thermischer Entsalzung.
Die Anlage El Prat de Llobregat in Barcelona produziert 1.000 Liter entsalztes Wasser zu einem Preis von 70 Cent. Zum Vergleich: Für die Aufbereitung der gleichen Menge Wasser aus dem Fluss Llobregat fallen 20 Cent an.
Laut WHO benötigt ein Mensch in Zeiten von Wasserknappheit täglich (je nach Klimazone und Ernährung) zwischen 7,5 und 15 Liter Trink-/Süßwasser.
Laut UN wird Afrika südlich der Sahara bis 2050 zu einem Hotspot der Wasserknappheit werden.
Risiken und Nebenwirkungen der Entsalzung von Meerwasser
"Die Quelle Meerwasser ist sicher unbegrenzt verfügbar", meint Joachim Went vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE), aber das Ganze werde zu einem Problem der begrenzten Verfügbarkeit von Energie sowie der Umweltbelastung. Bei der Produktion von einem Liter Trinkwasser bleibt ein Liter hochkonzentrierte Salzsole zurück. Und die ist giftig. Ingenieur Went weist zudem darauf hin, dass beim Entsalzungsprozess Substanzen eingesetzt werden, die das Wachstum von Mikroorganismen auf den Membranen unterbinden und Anlageteile vor Korrosion schützen sollen.
Das Salz-Chemikaliengemisch wird schließlich ins Meer geleitet. Es zerstört Mikroorganismen, senkt den Sauerstoffgehalt und gefährdet so küstennahe Ökosysteme. Zudem ist die Entsalzung sehr energieintensiv. Meist kommen dafür fossile Energieträger zum Einsatz.
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von Eva Schmidt und Annika Keilen
Grafiken
Nachhaltige Entsalzung möglich?
Die Studie der UNU-INEH empfiehlt einen verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien wie Wind- und Sonnenergie. Das Fraunhofer Institut ISE forscht im Bereich nachhaltiger Meerwasserentsalzung und entwickelt entsprechende Pilotanlagen.
Sole-Recycling, weniger Chemie, effizientere Anlagen: All das muss weiter entwickelt werden. Denn die Experten sind sich einig: An der Meerwasserentsalzung als Gegenmittel zur Wasserknappheit führt kein Weg vorbei.
Christine Elsner ist Redakteurin der ZDF-Umweltredaktion.
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