Astronaut Maurer: Vor SpaceX "nicht in Ehrfurcht erstarren"

    Interview

    Deutscher Astronaut Maurer:"Nicht in Ehrfurcht erstarren vor SpaceX"

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    Als Astronaut war Matthias Maurer 177 Tage im Weltall. Mit ZDFheute spricht er über Konkurrenz für Europa durch SpaceX, seinen Fußabdruck auf dem Mond - und Kartoffelsuppe im All.

    ESA-Astronaut Matthias Maurer
    ESA-Astronaut Matthias Maurer zu Besuch in Saarbrücken
    Quelle: ZDF

    2022 kehrte der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer aus dem Weltall zurück, nun besucht er seine Heimat, das Saarland. Maurer kommt nicht mit leeren Händen: Im Historischen Museum Saarland werden künftig einige Objekte ausgestellt, die mit ihm auf der ISS waren.
    Im ZDF-Interview spricht Maurer über den Start der europäischen Trägerrakete Ariane 6, Konkurrenz für Europa durch SpaceX, das Mond-Trainingszentrum in Köln - und Kartoffelsuppe im All.
    ZDFheute: Kürzlich ist die europäische Rakete Ariane 6 gestartet. Wie wichtig ist das für Europa?
    Matthias Maurer: Ich habe den Start der Ariane 6 im Astronautenzentrum in Köln beobachtet, intern, mit Studenten. Das war ganz toll! Der Zugang zum All ist sehr wichtig. Wenn man nicht alle Fähigkeiten hat, Satelliten oder seine Infrastruktur ins All zu bringen, dann ist man immer auf den guten Willen der anderen Raumfahrtagenturen angewiesen und hat immer einen Nachteil.
    This photograph shows the take-off of the European Space Agency (ESA) satellite launcher Ariane 6 rocket from its launch pad, at the Guiana Space Centre in Kourou, French Guiana, on July 9, 2024
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    ZDFheute: Aber Ariane 6 ist nicht wiederverwertbar, kann keine Astronauten transportieren …
    Matthias Maurer: Momentan ist SpaceX die einzige Firma, deren Raketen starten und wieder landen können. Da sind sie besser als wir.

    Aber im restlichen Feld sind wir absolut spitze. Unsere Rakete ist hochzuverlässig, kann hochpräzise Satelliten ins All bringen, gleichzeitig in verschiedene Orbits, das kann sonst keine andere Rakete.

    Matthias Maurer

    Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. Aber wir müssen besser werden: diese Rakete wiederverwendbar machen und so ausrüsten, dass Astronauten mitfliegen können. Aber wir sollten nicht in Ehrfurcht erstarren vor SpaceX. Die haben momentan auch Probleme, die dürfen gerade auch nicht mehr starten, weil sie einen Fehlstart hingelegt haben.
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    ZDFheute: Gibt es keine Ängste, dass Europa im All hinterherhinkt?
    Matthias Maurer: Europa ist aufgewacht. Wir investieren momentan in eine eigene Satelliten-Konstellation, die ist im Aufbau, auch wenn es noch ein paar Jahre dauern wird. Der Weltraum ist strategisch sehr wichtig, Stichwort Ukraine-Krieg.

    Wer Weltrauminfrastruktur hat, der hat Informationen, die kriegsrelevant sind.

    Matthias Maurer

    Aber auch in zukünftigen Konflikten wird der Weltraum wichtig sein. Da werden viele Szenarien diskutiert. Deshalb investieren die führenden Weltraumnationen stark in diesem Bereich.
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    ZDFheute: China hat mehrfach den Mond erfolgreich angeflogen. Beunruhigt Sie das?
    Matthias Maurer: China ist viermal auf dem Mond gelandet, hat Proben aufgenommen und zur Erde gebracht. Das ist eine herausragende Leistung. Bis 2029 will China Menschen auf dem Mond landen lassen. Das freut mich, denn das bringt wieder ein bisschen Spannung an diesen Wettbewerb zwischen den Amerikanern und den Chinesen und auch uns Europäern.
    Aber zum Mond zu fliegen - das ist momentan rein wissenschaftlich. Das hat noch nicht diese geopolitische und geostrategische Bedeutung.
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    ZDFheute: Sie eröffnen im September eine neue Mond-Trainingsanlage in Köln, wie wird sie aussehen?
    Matthias Maurer: Wie werden dort Astronauten schulen. Testen, welche Steigung ein Astronaut auf dem Mond mit einem schweren Mondanzug hoch- oder runterlaufen kann. Oder was passiert, wenn ich mir da oben den Fuß verknackse, dann muss mich ein Kollege retten, das müssen wir üben.
    Aber auch Technologien werden dort ausprobiert. Zum Beispiel: Wie kann ich aus einem Häufchen Sand Atemluft erzeugen? Oder wie kann ich daraus einen Backstein machen, mit dem ich dann ein Mondhaus bauen kann? Ich kann messen, in welcher Tiefe Wassereis liegen würde und vieles mehr.

    ESA-Astronaut Matthias Maurer
    ... ist promovierter Werkstoffwissenschaftler und ESA-Astronaut. Maurer flog als ESA-Astronaut im Herbst 2021 zur ISS und verbrachte 177 Tage im Orbit. Während dieser Zeit führte er gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern sowie internationalen Partnern auf der ganzen Welt zahlreiche wissenschaftliche Experimente durch.

    (Quelle: European Space Agency - ESA)

    ZDFheute: Wann werden Astronauten auf dem Mond landen?
    Matthias Maurer: Das hängt jetzt wieder von Elon Musk ab, er baut die Landerakete. Sein Starship gibt es in verschiedenen Ausfertigungen und eine Ausfertigung dient dazu, im Mondorbit umzusteigen. Dann kommen die Astronauten mit einer Orionkapsel an, steigen um in diese Rakete von SpaceX und landen auf der Mondoberfläche.
    Aber bevor die NASA-Astronauten dort einsteigen lässt, muss die Rakete mindestens 30 Mal sicher gestartet und gelandet sein. Das dauert noch ein paar Tage.
    ZDFheute: Und Sie?
    Matthias Maurer: Ich bin zuversichtlich, dass ich dem Mond sehr nahe kommen werde.

    Ob es für den Fußabdruck reicht, oder nur für einen Umflug um den Mond, das zeigt sich dann. Aber ich bin sehr optimistisch, dass es klappt.

    Matthias Maurer

    ESA-Astronaut Matthias Maurer und Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger
    ESA-Astronaut Matthias Maurer überreicht Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger die Saarland-Flagge die ihn ins All begleitete.
    Quelle: ZDF

    ZDFheute: Welche Gegenstände von ihrer Raumfahrtmission kommen jetzt ins Museum?
    Matthias Maurer: Ich habe die Saarland-Flagge mit zurückgebracht, und Dosen mit Astronautenessen, dass hier im Saarland für mich gekocht wurde. Hirschragout, Kartoffelsuppe, "Geheirade".

    Das haben auch meine Kollegen da oben sehr gerne gegessen. Lieblingsessen im Weltraum. Das bringe ich jetzt den Saarländern zurück.

    Matthias Maurer

    Der Empfang hier ist immer super herzlich. Die Menschen sind überall nett, aber hier ist es besonders, hier komm' ich halt her!
    Das Interview führte Susanne Freitag-Carteron, Leiterin des ZDF-Landesstudios Saarland.

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