Margot Friedländer im Alter von 103 Jahren gestorben
"Was für ein Leben":Holocaust-Überlebende Margot Friedländer gestorben
von Henriette de Maizière, Berlin
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Sie war eine der letzten Holocaust-Überlebenden: Margot Friedländer. Sie warnte vor dem zunehmenden Antisemitismus. Sie wisse genau, wie es angefangen habe. Ein Nachruf.
Nach dem Tod der 103-jährigen Margot Friedländer ist die Anteilnahme groß. Als Überlebende des Holocaust leistete sie Erinnerungsarbeit und erzählte von ihrem Schicksal.10.05.2025 | 0:26 min
Die Bernsteinkette mit den rund geschliffenen honiggelben Perlen war zu ihrem Markenzeichen geworden - Margot Friedländer trug sie fast immer. Die Kette war das, was ihr von ihrer Mutter geblieben war. Und deren Worte, die sie durchs Leben getragen haben:
Die Worte von der Mutti: 'Versuche, Dein Leben zu machen' haben noch eine Bedeutung gehabt. Ich bin unendlich dankbar - Tag für Tag.
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Margot Friedländer
Dankbar für ein Leben, in dem sie Zeugnis abgelegt hat. Ihre Geschichte erzählt hat. Gemahnt hat bis zuletzt. Sie sagte stets, sie spreche für die, die es nicht mehr konnten. Heute ist die Jüdin und Holocaust-Überlebende Margot Friedländer im Alter von 103 Jahren gestorben. Das teilte die Margot-Friedländer-Stiftung mit.
Margot Friedländer ist tot. Sie überlebte den Holocaust, kehrte mit 88 aus den USA zurück, um zu erzählen. Ihr Appell „Seid Menschen“ bleibt als Vermächtnis.09.05.2025 | 2:28 min
Wer war Margot Friedländer?
Am 5. November 1921 wird Margot Friedländer als Margot Bendheim in Berlin geboren. Sie besucht eine jüdische Mädchenschule, will Modezeichnerin werden. Mehrfach versucht die Mutter mit ihr und dem jüngeren Bruder Ralph zu fliehen. Die Ausreise in die USA scheitert 1938 an der verweigerten Einreise. Auch ein weiterer Fluchtversuch nach Shanghai missglückt.
Das Dokudrama "Ich bin! Margot Friedländer" schildert die bewegende Lebensgeschichte der Holocaust-Überlebenden.07.11.2023 | 90:11 min
1943 werden der Bruder und die Mutter von der Gestapo verhaftet. Sie kommen in das Konzentrationslager Auschwitz. Der damals 17-jährige Ralph und die Mutter werden in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Die Mutter konnte vorher die Bernsteinkette und eine Nachricht für Margot bei einer Nachbarin hinterlassen.
Leben und Überleben unter dem Nazi-Regime
Margot Friedländer kann untertauchen, trennt den gelben Stern vom Mantel, färbt sich die Haare rot. Sie lässt sich sogar die Nase verkleinern. Alles, um jeden Anschein des Jüdischen zu tilgen. 15 Monate kann sie sich verstecken, entkommt immer wieder den Fängen der Gestapo. Doch im April 1944 wird sie von jüdischen Spitzeln verraten. Sie wird ins Konzentrationslager Theresienstadt verbracht. Sie überlebt.
Im Konzentrationslager trifft sie ihren späteren Ehemann Adolf Friedländer. Die beiden kennen sich aus dem jüdischen Kulturbund in Berlin. Sie haben gemeinsame Bekannte, können sich Geschichten von früher erzählen, teilen den Schmerz. Auf die Frage im ZDF-Interview, ob sie verliebt in ihn gewesen sei, antwortet sie:
Wir hatten keine Gefühle. Wir waren viel zu krank und ausgepumpt. Da war kein 'verliebt' oder so ... Es hat lange, lange gedauert, bis wir Menschen geworden sind.
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Margot Friedländer
Und doch werden sie ein Paar - gemeinsam emigrieren sie 1946 nach Amerika.
Nachdem 1933 Hitler an die Macht kommt, werden Juden entrechtet und gedemütigt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschärft sich das Vorgehen gegen die Juden. Am Ende steht der systematische Völkermord an Millionen Menschen.24.01.2019 | 7:02 min
Amerika: gemeinsamer Neuanfang nach dem Holocaust
Margot Friedländer und ihr Ehemann Adolf Friedländer wollen in Übersee die Vergangenheit, über die sie nicht sprechen können, hinter sich lassen.
Und dann fragte er mich eines Tages, ob ich mir vorstellen könnte, ein neues Leben in Amerika zu führen. Etwas aufzubauen. Da habe ich selbstverständlich ja gesagt.
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Margot Friedländer
Sie werden amerikanische Staatsbürger: Margot Friedländer arbeitet zunächst als Änderungsschneiderin. Später leitet sie ein Reisebüro. In den 1960er-Jahren reisen sie mehrfach nach Europa - nach Deutschland jedoch nur kurz. Ihr Mann wollte Deutschland eigentlich nie mehr betreten.
Wieder ein Neuanfang - um "die Hand zu reichen"
Als ihr Mann 1997 stirbt, beschließt sie einen Neuanfang. Sie setzt sich mit ihrer Geschichte von Verfolgung und Überleben auseinander, schreibt ein Buch mit ihren Memoiren: "Versuche, Dein Leben zu machen". Schließlich zieht sie 2010 zurück nach Deutschland - in das Land der Täter. Mit 88 Jahren.
Ich bin nicht zu den Tätern zurückgekommen - sondern zu der dritten und vierten Generation, die hören sollte, was ich erlebt habe.
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Margot Friedländer
Im Roten Rathaus in Berlin wurde an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren erinnert. Bei der Gedenkveranstaltung hielt die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer eine Ansprache.07.05.2025 | 0:25 min
Sie empfinde eine Verpflichtung, davon zu sprechen, wie es angefangen habe damals. Als Überlebende und Zeitzeugin des Holocaust leistet sie Erinnerungsarbeit. Sie geht an Schulen, berichtet vor allem jungen Menschen von ihrem Schicksal. Und findet darin eine Lebensaufgabe. Sie sei zurückgekommen, um "Euch die Hand zu reichen", sagt sie.
Ich sage es den Menschen immer: Es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut - wir sind alle gleich. Es gibt nur Menschenblut. Wir sind Menschen.
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Margot Friedländer
Margot Friedländer - Aufruf gegen Antisemitismus
Bis zu ihrem Tod warnte sie, Geschichte wiederhole sich. Dass die Gesellschaft sich so spaltet, dass sich Antisemitismus wieder so stark entwickeln könnte, hätte sie nicht für möglich gehalten, erzählt sie in einem ihrer letzten Interviews mit dem ZDF.
Deshalb sage ich zu allen: helft uns! Sagt was! Seid offen und laut und wehrt Euch!
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