Lebensmittel retten: Obst- und Gemüseküche in Marseille
Gegen Lebensmittelverschwendung:Wie in Marseille Lebensmittel gerettet werden
von Alina Schulz und Alexander Tieg
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Ein inspirierendes Gesetz und zwei Männer mit einer Vision gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln: In Marseille wird Obst und Gemüse verarbeitet, statt es nur zu verteilen.
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Der Arbeitstag von Fourat Troudi beginnt jedes Mal mit einer Überraschung. Er weiß nie, was ihn erwartet, welche Spenden er am Morgen erhalten wird. Troudi leitet eine gemeinnützige Obst- und Gemüseküche auf dem Großmarkt in Marseille: die Association Fruits & Légumes Solidarité. Die Händler können dort ihre unverkauften Waren spenden. Anstatt diese wegzuwerfen, werden sie direkt verarbeitet.
Es macht uns stolz, etwas zu verwandeln, das für den Müll bestimmt war.
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Fourat Troudi, leitet Association Fruits & Légumes Solidarité in Marseille
An diesem Morgen sind es 300 Kilogramm Kürbisse, die ein Händler spendet. Für ihn unverkäuflich - aber noch genießbar. Im Verlauf des Tages entstehen daraus 700 Liter Suppe.
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Erstes Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung weltweit
Dass es die Küche gibt, hängt mit einem wegweisenden Gesetz zusammen. Denn als erstes Land der Welt beschloss Frankreich 2016, dass genießbare Lebensmittel nicht länger weggeworfen werden dürfen. Sie müssen nun gespendet oder weiterverarbeitet werden. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Bußgeld.
Durch das Gesetz wurden mehr Lebensmittel vor allem mit kurzer Haltbarkeit gespendet. Doch gerade Obst und Gemüse können nicht so schnell verteilt werden, wie sie verderben. Für die Empfänger dieser Spenden, etwa die französischen Lebensmittelbanken, Einrichtungen vergleichbar mit der Tafel, wurde das zur Herausforderung.
Allein in der Europäischen Union (EU) landeten im Jahr 2021 über 58 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Pro Person sind das umgerechnet etwa 131 Kilogramm. Mehr als die Hälfte davon fällt im privaten Haushalt an (54 Prozent). Der Rest entsteht unter anderem bei der Weiterverarbeitung und Fertigung von Lebensmitteln (21 Prozent), der Produktion (9 Prozent) oder beim Verkauf (7 Prozent).
Die EU hat sich verpflichtet, die Verschwendung von Lebensmitteln in Haushalten und im Einzelhandel bis 2030 zu halbieren sowie Lebensmittelverluste entlang der Produktions- und Lieferketten zu verringern.
Eine Vision gegen die Verschwendung
Gérard Gros, inzwischen im Ruhestand, war damals Präsident der Lebensmittelbank von Marseille. "Vielleicht wäre ich, wenn es 2016 nicht dieses Gesetz gegeben hätte, gar nicht auf die verrückte Idee gekommen, die Küche zu gründen", sagt er. Doch als er sieht, wie viele frische Produkte schlecht werden, ehe sie verteilt werden können, ist für ihn klar, sie müssen eine Lösung finden, um diese Verschwendung zu vermeiden.
Gros überzeugt das Département und den Großmarkt von seiner Vision der gemeinnützigen Obst- und Gemüseküche. Im Jahr 2021 nimmt sie ihre Arbeit auf.
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Lebensmittelretter mit internationaler Erfahrung
Einer der Ersten, der dort anfängt, ist Fourat Troudi.Er entwickelt Rezepte, schult Mitarbeitende und optimiert Prozesse. Der gelernte Lebensmitteltechniker hat fast zehn Jahre für globale Lebensmittelkonzerne gearbeitet, darunter Nestlé und KFC. Mit seinem Können will er nun seinen Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln leisten.
Gegen Lebensmittelverschwendung - Fourat Troudi führt Gérard Gros' Vision fort. Was als lokales Projekt auf dem Großmarkt in Marseille begann, ist jetzt Vorbild für weitere Großstädte.
Quelle: Antoine Wendels
Der Beginn des Projekts war schwierig, da sie nie wussten, welches Obst oder Gemüse sie gespendet bekommen. Mittlerweile haben sie 250 Rezepte entwickelt, um jede Spende verarbeiten zu können.
Wir schenken den Produkten ein zweites Leben.
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Fourat Troudi, leitet Association Fruits & Légumes Solidarité in Marseille
Er ist inzwischen der Betriebsleiter der gemeinnützigen Küche. Aus den Spenden werden Suppen, Kompotte, Säfte und Marmeladen - allein im vergangenen Jahr etwa 210.000 Mahlzeiten.
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Ein Großteil wird gespendet
Drei Viertel der Produktion geht an die Lebensmittelbank von Marseille. Von dort werden die Spenden an verschiedene Hilfsorganisationen verteilt. Den Rest verkauft der Verein in einigen Supermärkten, um die Arbeit ihrer Mitarbeitenden zu finanzieren.
Inzwischen gibt es auch auf anderen französischen Großmärkten Spenden-Initiativen. Doch die Küche in Marseille ist die einzige, die die Lebensmittel direkt verarbeitet. Auch das Gesetz hat inzwischen andere Länder motiviert, ähnliche Gesetze zu erlassen.
"Ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben", sagt Gérard Gros. Er ist heute Ehrenpräsident des Vereins. Seine Vision wird von Fourat Troudi fortgeführt. Beide wünschen sich, dass es noch viele Nachahmer geben wird - im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung.
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