Kritische Infrastruktur: Unterseekabel kaum geschützt
FAQ
Kritische Infrastruktur bedroht:So schlecht sind Unterseekabel geschützt
von Oliver Klein und Scarlett Sternberg
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Immer wieder werden Unterseekabel beschädigt. Doch diese kritische Infrastruktur lässt sich kaum schützen - und Deutschland ist nicht wirklich gut vorbereitet.
Wegen des Defekts an einem Ostseekabel ist der Datentransfer zwischen Finnland und Deutschland gestört. Berlin und Helsinki vermuten Absicht, die Ursache ist aber noch unklar.19.11.2024 | 0:25 min
Es war Absicht - davon geht zumindest Boris Pistorius aus: "Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind", sagte der deutsche Verteidigungsminister am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Zuvor war bekannt geworden, dass im Ostseeraum erneut zwei Unterwasserkabel für Telekommunikation beschädigt worden waren. Immer wieder war es in den vergangenen Jahren zu ähnlichen Schäden gekommen.
Nun stellen sich viele Fragen: Was ist bislang über die Ursache bekannt? Wer ist eigentlich zuständig für den Schutz einer solchen kritischen Infrastruktur? Wie lassen sich Unterseekabel oder -Pipelines überhaupt schützen? ZDFheute mit einem Überblick.
Bundesverteidigungsminister Pistorius geht bei der Beschädigung der Datenkabel in der Ostsee von "Sabotage" aus. Unklar sei aber, von wem diese verübt worden ist.19.11.2024 | 0:56 min
Was ist bislang zu den beschädigten Unterseekabeln bekannt?
Der finnische Technologiekonzern Cinia hatte mitgeteilt, dass plötzlich ein Unterwasserkabel zwischen Deutschland und Finnland durchtrennt worden sei. Es verläuft auf einer Länge von fast 1.200 Kilometern von der finnischen Hauptstadt Helsinki bis nach Rostock in Mecklenburg-Vorpommern, teils über dieselbe Route wie die vor zwei Jahren zerstörten Nord-Stream-Pipelines.
Cinia geht davon aus, dass das Kabel am Grund der Ostsee durch äußere Einwirkung durchtrennt wurde, etwa durch einen Anker oder ein Grundschleppnetz. Ob es tatsächlich Sabotage war, ist unklar. Aber: Der Vorfall ereignete sich offenbar außerhalb der üblichen Schifffahrtsrouten. Und das schwedische Kommunikationsunternehmen Telia teilte mit, dass ein weiteres Kabel zwischen Schweden und Litauen beschädigt worden sei.
Vor gut einem Jahr war die Ostsee-Pipeline Balticconnector zwischen Finnland und dem weiteren Nato-Staat Estland beschädigt worden - nach Angaben der finnischen Ermittler höchstwahrscheinlich vom Anker eines chinesischen Containerschiffs namens "Newnew Polar Bear". Ob es sich bei dem Vorfall um einen Unfall oder um bewusste Sabotage handelte, ist bis heute unklar.
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Wer ist für den Schutz kritischer Infrastruktur zuständig?
In Deutschland gibt es beim Schutz von kritischer Infrastruktur einen komplexen Flickenteppich von Schutzzuständigkeiten: Auf Bundesebene steuert das Innenministerium die Gesamtstrategie. Für den konkreten Schutz von Anlagen vor Ort sind aber die einzelnen Bundesländer zuständig - und auch die jeweiligen Betreiber selbst, also zum Beispiel die Energieversorger oder Telekommunikationsunternehmen.
Für die Seeüberwachung im deutschen Küstenmeer und in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ist wiederum auch die Bundespolizei zuständig. Sie sei gehalten, "insbesondere auf Anhaltspunkte zu Ausspähungs- und Sabotageaktivitäten gegen Kritische Infrastrukturen zu achten", heißt es vom Bundesinnenministerium auf Anfrage von ZDFheute.
Was macht den Schutz der Unterseekabel so schwierig?
Der maritime Raum umfasst etwa 70 Prozent der Erdoberfläche, von denen weniger als zehn Prozent genau kartiert sind - "und trotzdem verlegen wir dort bereits Datenkabel, haben Pipelines dort", erklärte bereits im vergangenen Jahr Fregattenkapitän Göran Swistek bei ZDFheute. Diese schiere Weite und die Tatsache, dass Unterwasserkabel tief auf dem Meeresboden verlaufen, machen ihre Überwachung schwierig. Satellitenbilder können den Unterwasserbereich nicht erfassen, und vor Ort bräuchte es spezielle Sensoren, die nur punktuell eingesetzt werden können.
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Dazu kommt: Die zuständige Bundespolizei ist für den Schutz kritischer Infrastruktur unter Wasser offenbar nicht gut ausgestattet. Ein Bundespolizist, der lieber anonym bleiben möchte, berichtete dazu vor einigen Monaten dem ZDF:
Die Stimmung wird immer schlechter, immer mehr Schiffe sollen rausfahren und wir sollen immer mehr Aufgaben übernehmen, haben aber zu wenig Personal. Wir können uns nicht vorstellen, wie man das alles schaffen soll.
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Bundespolizist
Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Andreas Roßkopf, sieht die Situation kritisch: "Wir arbeiten teilweise mit Ferngläsern und sonstiger Technik, aber spezielle Technik, um Unterwasser-Infrastruktur zu schützen, haben wir bei der Bundespolizei nicht." Das reiche nicht aus, um einen vollumfänglichen Schutz zu gewährleisten, erklärt der Gewerkschafter. Neue Mittel seien notwendig: "Wir reden hier von Drohnen, wir reden von Unterwassersonaren, wir reden von Kameras unter Wasser. All das fehlt uns", so Roßkopf.
Welche Lösungsansätze gibt es?
Die maritime Infrastruktur komplett zu schützen, hält Fregattenkapitän Göran Swistek für "unmöglich". Schutzmaßnahmen sollten sich daher auf Ballungsgebiete unter Wasser konzentrieren, in denen besonders viel kritische Infrastruktur existiert, also wo beispielsweise viele Datenkabel verlaufen. Dort sollten die Staaten Präsenz mit Schiffen zur Abschreckung zeigen, so Swistek. Denkbar sind auch Fortschritte beim Einsatz von Satelliten oder Sensoren, die Unterwasserbewegungen registrieren können.
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Darüber hinaus könnte mehr Redundanz bei der Infrastruktur Abhilfe schaffen - dass also mehr Leitungen existieren, über die Daten umgeleitet werden können, wenn ein Kabel ausfällt. Künftig könnten Redundanzen auch durch verstärkten Einsatz von Satelliten entstehen, fordern Experten wie Matthias Wachter vom Bundesverband der Deutschen Industrie.
Die G7-Staaten hatten erst im März beschlossen, mehr zusammenzuarbeiten, um die Sicherheit von Telekommunikationskabeln in der See zu verbessern.
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