Angeklagte legen Geständnisse ab:Bewährungsstrafen nach Attacke auf ZDF-Team
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Nach dem Angriff auf ein ZDF-Team vor knapp vier Jahren auf einer Corona-Demonstration sind vier Angeklagte verurteilt worden. Drei Männer und eine Frau legten Geständnisse ab.
Die Angeklagten legten vor Gericht Geständnisse ab.
Quelle: dpa
Es war ein gezielter Angriff. Davon ist das Gericht überzeugt. "Ausspähen und draufhauen", sagte Richterin Ulrike Hauser am Montag bei der Urteilsverkündung. Knapp vier Jahre nach der Attacke auf ein ZDF-Team bei einer Demonstration gegen die damaligen Corona-Maßnahmen sind vier Angeklagte verurteilt worden. Die drei Männer und eine Frau im Alter zwischen 28 und 34 Jahren legten vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin jeweils Geständnisse ab.
Wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilte das Gericht sie zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren. Gericht, Staatsanwaltschaft und die bislang nicht vorbestraften Angeklagte hatten sich zuvor auf dieses Höchststrafmaß im Gegenzug für Geständnisse und eine Geldbuße als Schmerzensgeld von jeweils 5.000 Euro verständigt.
Anklage im Januar 2023
Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte die drei Männer und eine Frau bereits vor einem Jahr, im Januar 2023, angeklagt. Zusammen mit weiteren unbekannt gebliebenen Tätern haben die nun Verurteilten demnach am 1. Mai 2020 in Berlin-Mitte ein Team der ZDF-Satiresendung "heute-Show" angegriffen. Diese hatten zuvor bei einer Demonstration von Kritikern der Corona-Maßnahmen gefilmt.
Ein "schwarzer Block" mit etwa 20 vermummten Menschen sei plötzlich auf sie zu gerannt gekommen, so die Zeugen. Jeweils drei- bis vierköpfige Gruppen hätten sie attackiert. Die vermummten Täter griffen die Reporter und deren Sicherheitsleute laut Beweisaufnahme noch an, als diese bereits am Boden lagen. Sie traten und schlugen dabei auch mit großer Wucht auf deren Köpfe ein.
Zwei der Angegriffenen verloren durch die Attacke zeitweise das Bewusstsein. Ein Kameramann erlitt einen Nasenbeinbruch. Manche der Geschädigten hatten noch Monate danach mit Folgen der Tat zu kämpfen.
Angeklagte sprechen von Verwechslung
Die Angeklagten ließen durch ihre Verteidiger Geständnisse und Entschuldigungen verlesen. Darin räumten sie die Tat ein und gaben zugleich an, keine weiteren Fragen dazu beantworten zu wollen. Übereinstimmend erklärten die drei Studenten und ein Sozialarbeiter, der Attacke sei eine Verwechslung vorausgegangen.
Sie hätten gedacht, dass es sich bei dem ZDF-Team um Rechtsradikale gehandelt habe. Man heiße einen Angriff auf Medienvertreter nicht gut. Sie hofften, die Tat werde die weitere Arbeit der Medienschaffenden nicht beeinträchtigen. Eine Distanzierung von der Gewalt an sich fehlte jedoch bei allen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
"In 70 Prozent der Länder weltweit ist die Lage erkennbar problematisch" - auch in Deutschland sei "die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten prekär", so Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen.03.05.2023 | 4:54 min
Gericht: Hintergründe nicht aufgeklärt
Zwei der nun verurteilten Männer stammen laut Staatsanwaltschaft aus Berlin, die Frau und ihr ebenfalls angeklagter Bruder aus Baden-Württemberg. Gegen zwei weitere Beschuldigte wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.
Aus Sicht des Gerichts ließen sich die Hintergründe für den Angriff jedoch nicht mehr klären. Dies sei bedauerlich, betonte Richterin Hauser. Gleichwohl ist der "Deal" aus ihrer Sicht vertretbar, weil die Angeklagten bislang keinen Ärger mit der Justiz hatten und nach dem Vorfall auch nicht mehr aufgefallen sind.
DJV: Brutaler Angriff auf die Pressefreiheit
Dem Gericht sei ein aufwendiges Verfahren erspart geblieben. Die Beweislage sei jedoch nicht so schlecht gewesen wie von der Verteidigung angeführt. "Das war sehr gute Arbeit der Polizei", betonte Hauser.
Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz des Landeskriminalamtes (LKA) hatte damals die Ermittlungen übernommen. Nach dem Angriff waren Verdächtige, die zum Teil zur linken Szene gehören sollen, vorübergehend festgenommen worden. DNA-Spuren am Tatort halfen schließlich bei der Ermittlung der Täter. Auch Videoaufnahmen waren ausgewertet worden. Weitere Beteiligte blieben jedoch unbekannt.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) erklärte, die Tat sei in Deutschland 2020 "der schwerwiegendste Überfall auf Journalistinnen und Journalisten gewesen". Die Kolleginnen und Kollegen seien eindeutig als Medienvertreter zu erkennen gewesen, sagte DJV-Chef Mika Beuster. "Es war ein brutaler Angriff auf das Grundrecht der Pressefreiheit."
Quelle: epd, KNA, dpa
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