Chemikalien im Trinkwasser: PFAS-Verseuchung und die Folgen

    Chemikalien im Trinkwasser:PFAS-Verseuchung und Folgen in Mittelbaden

    von Michael Billig
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    Die Region Mittelbaden ist großflächig mit PFAS-Chemikalien belastet. Teile der Bevölkerung haben hohe Konzentrationen davon im Blut - aufgenommen über das Trinkwasser.

    "Umwelt Crime - Der Fall Rastatt - PFAS Chemikalien im Trinkwasser": Aus einem Hahn kommt mit Chemikalien belastetes Wasser. Im Hintergrund steht schemenhaft eine Person.
    Mittelbaden 2012: Eine riesige Fläche wird mit PFAS kontaminiert. Die Chemikalie gelangt ins Trinkwasser und auch ins Blut der Menschen. Ein Umweltverbrechen mit Folgen bis heute.26.05.2024 | 28:20 min
    In Mittelbaden belasten umweltschädliche per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS oder PFC) seit Jahren Grundwasser und Ackerland. Der Landkreis Rastatt, der besonders betroffen ist, macht für die großflächige Belastung einen Komposthersteller verantwortlich. In der Region sind rund 1.100 Hektar Ackerland und circa 170 Millionen Kubikmeter Grundwasser verseucht. Der Anfang des Skandals reicht bis ins Jahr 1999 zurück.
    Da begann eine Kompostfirma damit, sogenannte Papierschlämme zu verarbeiten. Das sind Abfälle aus der Papierindustrie. Sie sollen PFAS enthalten haben. Die Firma vermischte diese Abfälle mit Kompost und ließ sie auf Felder ausbringen - bis zu einer behördlichen Untersagung im Jahr 2008. Über Boden und Grundwasser sollen die PFAS schließlich auch ins Trinkwasser gelangt sein.

    PFAS steht für per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen. Sie sind wasser- und fettabweisend und sind beispielsweise in Regenjacken, Kosmetika oder im Kochgeschirr enthalten. Man nennt sie auch Ewigkeitschemikalien, da sie sich nur extrem langsam abbauen. Diese künstlich hergestellten Stoffe können Mensch und Umwelt erheblich schaden. In Deutschland und anderen Staaten der Europäischen Union wird aktuell über ein weitgehendes Verbot dieser Substanzen diskutiert.

    Milliarden-Projekt Sanierung

    Im Jahr 2012 entdecken die Stadtwerke Raststatt die Chemikalien erstmals in einem ihrer Brunnen. Seitdem hat die PFAS-Belastung immer größere Ausmaße angenommen. Reiner Söhlmann vom Landkreis Raststatt sagte jüngst bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages, der sich mit einem diskutierten PFAS-Verbot beschäftigte:

    Es handelt sich um einen sehr außergewöhnlichen Schadensfall.

    Reiner Söhlmann, Landkreis Raststatt

    Würde man Boden und Grundwasser in Rastatt und Umgebung sanieren wollen, würde das bis zu vier Milliarden Euro kosten, so Söhlmann weiter.
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    Die Stadtwerke Rastatt haben mittlerweile eines ihrer Wasserwerke mit einer Filteranlage ausgestattet, die die Schadstoffe entfernt. Andere Trinkwasserbrunnen hingegen wurden stillgelegt. Bauern mussten ihre Ernten vernichten. Noch heute müssen sie Ackerpflanzen und Feldfrüchte auf PFAS testen, bevor sie sie in den Handel geben.

    Blutuntersuchungen bestätigen Verdacht

    Für einige Menschen in Mittelbaden kommen diese Maßnahmen zu spät. PFAS haben sich in ihren Körpern in hohen Konzentrationen angereichert. Das konnte 2015 erstmals eine Bürgerinitiative beweisen. Deren Mitglieder hatten ihr Blut auf eigene Kosten untersuchen lassen.
    Drei Jahre später zog das Land Baden-Württemberg nach und ließ zufällig ausgewählte Personen aus der Region auf PFAS testen. Die Ergebnisse bestätigten den Verdacht: Wer den Industriechemikalien über das Trinkwasser ausgesetzt war, wies hohe Werte auf.

    Was die Forschung bisher zu gesundheitlichen PFAS-Folgen weiß

    Die gesundheitlichen Folgen für die betroffenen Menschen sind indes völlig unklar. Das liegt auch daran, dass die Wirkung von PFAS noch nicht ausreichend erforscht ist. Die sogenannte Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes hat für PFAS im Blut lediglich Werte festgelegt, bei deren Überschreitung "eine gesundheitliche Beeinträchtigung möglich" sei.
    Auf dem Bild ist das Chemiewerk im Landkreis Altötting zu sehen, welches für die Vergiftung verantwortlich ist.
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    In der Region Mittelbaden trifft das auf mehrere der untersuchten Personen zu. Bei einer zweiten Untersuchung des Landes im Jahr 2020 fielen die Konzentrationen zwar niedriger aus als zuvor. In einigen Fällen lagen sie aber immer noch über den Werten der Expertenkommission. Vor ein paar Monaten lief die dritte Untersuchungsrunde, die Bekanntgabe der Ergebnisse steht noch aus.
    Dem bisherigen Forschungsstand zufolge können PFAS verschiedenen Krankheiten auslösen oder verstärken. Dazu zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nieren- und Hodenkrebs, eine Schädigung der Schilddrüsenfunktion und eine verminderte Immunantwort auf Impfungen. Studien, die sich mit konkreten Folgen für die Gesundheit der Betroffenen in Mittelbaden befassen, gibt es aber offenbar nicht. "Uns sind keine bekannt", teilte das Gesundheitsministerium in Stuttgart auf Anfrage mit.
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