Vergewaltigungsprozess in Avignon: Plädoyers beginnen

    Zigfache Vergewaltigung :Prozess in Avignon: Plädoyers beginnen

    |

    Der Missbrauchsprozes in Avignon nähert sich seinem Ende. Heute beginnen die Vertreter der Nebenklage um Vergewaltigungsopfer Gisèle Pelicot mit den Plädoyers.

    Giséle Pelicot verlässt nach einer Anhörung im Prozess gegen Dominique Pelicot mit 50 Mitangeklagten das Gerichtsgebäude in Avignon, aufgenommen am 19.11.2024
    Gisèle Pelicot wurde im Laufe des Prozesses gegen ihren Mann zu einer Ikone des Widerstands gegen sexualisierte Gewalt.
    Quelle: Reuters

    51 Angeklagte, mehr als 350 Seiten Anklage und Missbrauchstaten, die Frankreich erschüttern: Der Prozess um zigfache Vergewaltigung im südfranzösischen Avginon ist ein grausiges Mammutverfahren. Mit dem Beginn der Plädoyers geht das Verfahren jetzt in seine Endphase. Den Auftakt macht die Nebenklage um Vergewaltigungsopfer Gisèle Pelicot.
    Knapp zehn Jahre lang soll der Hauptangeklagte, Pelicots damaliger Ehemann, seine Frau mit Medikamenten betäubt und missbraucht haben. Auch habe er sie von fremden Männern vergewaltigen lassen, während sie bewusstlos war. Hunderte Fotos und Videos zeugen von den Taten.
    Die Männer, die zur Tatzeit zwischen 21 und 68 Jahre alt waren, lernte der damalige Ehemann über eine Online-Plattform kennen. 50 von ihnen stehen mit ihm vor Gericht.
    16.10.2024, Frankreich, Avignon: Gisele P., die angeblich von ihrem jetzigen Ex-Mann unter Drogen gesetzt wurde, damit sie von anderen Männern vergewaltigt werden konnte, während sie bewusstlos war, verlässt das Gerichtsgebäude.
    Im Vergewaltigungsprozess von Avignon wird Gisèle Pelicot zur Heldin für Opfer von sexualisierter Gewalt. Sie machte ihren Fall öffentlich und zwang damit die Gesellschaft hinzusehen.22.10.2024 | 2:49 min

    Angeklagter Dominique Pelicot: "Ich bedaure, was ich getan habe"

    Der Serienvergewaltiger Dominique Pelicot zeigte sich vor Gericht reumütig. "Ich hatte keine Ahnung, dass ich ihnen so viel Leid angetan habe", sagte er in seiner letzten Anhörung. "Ich bedaure, was ich getan habe."
    Pelicot wandte sich auch direkt an seine Tochter Caroline, die ihrem Vater vorwirft, sie - wie ihre Mutter - mit Medikamenten betäubt und missbraucht zu haben. "Ich kann ihr nicht das Gegenteil beweisen", sagte er. "Es fällt mir schwer, sie so zu sehen, ich möchte mit ihr darüber reden", begann der Angeklagte, bevor seine Tochter ihm von der anderen Seite des Gerichtssaals aufgebracht das Wort abschnitt. "Gib es doch zu, vor diesem Gericht", schrie sie ihn an. "Ich werde Dich niemals wiedersehen. Du wirst allein zugrunde gehen." 

    Gisèle Pelicot will anderen Frauen Mut machen

    Pelicots Entscheidung, den Prozess öffentlich führen zu lassen, sowie ihr entschlossenes Auftreten brachten ihr die massenhafte Unterstützung anderer Frauen ein. Sie will anderen missbrauchten Frauen Mut machen.

    Ich will, dass sie keine Schande mehr verspüren. Nicht wir sollten uns schämen, sondern sie.

    Gisèle Pelicot

    Bei einigen Angeklagten in dem Verfahren ist tatsächlich Scham zu spüren, doch ihre Aussagen wirken dennoch teils wie Ausflüchte. Ein Mann sagte aus, nur zum Vergnügen des Ehemannes vorgetäuscht zu haben, dessen bewusstlose Frau zu penetrieren. Ein anderer meinte, er habe Angst vor dem Mann gehabt, den er gar nicht kannte.
    Einer von ihnen bat Pelicot mit gesenktem Kopf um Entschuldigung. Sie wendete sich ab, wirkte genervt, und entgegnete: "Zu spät, das ist zu spät."
    A street artist has drawn Gisèle Pelicot on the walls of Lille Lille, October 19, 2024 Stéphane Vansteenkiste Bestimage A street artist has drawn Gisèle Pelicot on the walls of Lille Lille
    Bei dem Prozess in Avignon sind mindestens 50 Männer angeklagt. Gisèle Pelicot gilt als Symbolfigur im Kampf gegen Gewalt und die Scham von Opfern sexueller Übergriffe.22.10.2024 | 1:36 min

    Gisèle Pelicot: Polizisten retteten ihr das Leben

    Von "Barbarei" und "Horrorszenen" sprach Pelicot vor Gericht und mit Blick auf manche Aussagen der Angeklagten von einem "Prozess der Feigheit". Pelicot, die davon ausgeht, etwa 200 Vergewaltigungen erlitten zu haben, zeigte sich überzeugt, die Polizisten, die den Computer ihres Mannes untersuchten, hätten ihr das Leben gerettet.
    Der Rentner war im September 2020 wegen Filmaufnahmen unter die Röcke von Supermarktkundinnen festgenommen worden. Erst dadurch kam der jahrelange schwere Missbrauch seiner Frau ans Licht. Sie selbst hatte die Taten wegen der starken Medikamente, die ihr Mann ihr verabreichte, nicht mitbekommen.
    Street-Art-Bild von Gisèle Pelicot
    In Avignon sind 51 Männer angeklagt, die das Opfer Gisèle Pelicot über Jahre missbraucht haben sollen. Wegen ihres Auftretens im Prozess wird sie von vielen als Heldin gefeiert.22.10.2024 | 1:32 min
    Die Ermittlungen brachten noch weitere Vorwürfe ans Licht. Vier bis fünf weitere mutmaßliche Täter, die sich nach dem gleichen Schema an ihren Frauen vergingen, meldeten die Ermittler den zuständigen Staatsanwaltschaften.
    Auch Nacktbilder der Tochter und der Schwiegertöchter, die laut den Ermittlern ohne deren Wissen aufgenommen worden waren, befanden sich auf dem Computer des Hauptangeklagten. Während dieser den Missbrauch an seiner Frau vollständig gesteht, streitet er ab, sich an seiner Tochter vergangen zu haben.
    Von Montag an soll die Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers halten, anschließend sind die Anwälte der Angeklagten an der Reihe. Das Urteil soll spätestens am 20. Dezember fallen. 

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

    Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.

    Quelle: dpa

    Mehr zu sexualisierter Gewalt