Kindesmissbrauch: "Eine der verwerflichsten Taten"

Pädophilen-Netzwerk ausgehoben:Kindesmissbrauch: "Eine der verwerflichsten Taten"

von Lisabell Shewafera
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Eines der größten Pädophilen-Netzwerke für Videos mit Kindesmissbrauch ist nach mehrjähriger Ermittlung vom Netz genommen worden. Fast zwei Millionen Nutzer waren dort angemeldet.

02.04.2025, Bayern, München: Eine symbolische Darstellung der Darknet-Plattform «Kidflix» ist im bayerischen Landeskriminalamt während einer Pressekonferenz auf einem Laptop zu sehen.
Nach weltweiten Ermittlungen hat die Polizei eine Plattform für Missbrauchs-Videos abgeschaltet. In 31 Ländern gab es Durchsuchungen, rund 1400 Verdächtige wurden identifiziert.02.04.2025 | 1:34 min
Für Guido Limmer, den Vizepräsidenten des LKA Bayern, ist es ein großer Erfolg. Ermittlern aus über 30 Ländern ist es gelungen, ein riesiges Pädophilen-Netzwerk namens "Kidflix" auszuheben. 1,8 Millionen Nutzer weltweit streamten Videos mit Kindesmissbrauch über diese Plattform im Darknet.
Es ist das größte Verfahren dieser Art, das europaweit durchgeführt wurde, so das bayerische Landeskriminalamt in München und die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Mehr als 91.000 Videos standen den Usern weltweit in hoher Bildqualität zur Verfügung. Im Schnitt wurden rund 3,5 Videos pro Stunde neu auf die Pädophilen-Plattform "Kidflix" hochgeladen.
Auch deshalb ist Limmer stolz auf den Europol-Einsatz. Jedes Kind, das sie aus solchen Situationen retten könnten, sei für ihn ein Gewinn. Es gehe "leider auch um unvorstellbare schreckliche Missbrauchshandlungen an Kindern, an Kleinstkindern, ja sogar an Babys, die in hochauflösender Qualität im Film zur Verfügung gestellt werden".
Pressekonderenz des LKA Bayern
Weltweit konnten Kinder aus missbräuchlichen Umständen befreit werden, die Ermittlungen laufen weiter. 02.04.2025 | 7:29 min

Kinder in Obhut des Jugendamtes übergeben

Sobald während der Ermittlungen bekannt wurde, dass Kinder bei den Tatverdächtigten wohnten, wurden diese Verfahren sofort an die jeweilige zuständige Justiz- und Polizeibehörde abgegeben. Auch im bayerischen Mittelfranken wurde im Januar 2025 die Wohnung eines 30-jährigen Mannes durchsucht. Auf "Kidflix" soll er sich Material von missbrauchten Kindern angesehen haben. Kurz darauf wurde sein familiäres Umfeld überprüft. Auch weil im gemeinsamen Haushalt zwei minderjährige Kinder lebten. Diese wurden unmittelbar danach in die Obhut des zuständigen Jugendamtes übergeben.
Bislang wurden 79 Menschen weltweit festgenommen. Das sei allerdings erst der Anfang, sagt LKA-Vizepräsident Limmer dem ZDF. So stellten sie viele Computer und Datenträger während ihrer Ermittlungen sicher. Diese gelte es jetzt auszuwerten, um weitere Täter und Opfer von Kindesmissbrauch zu identifizieren.
SGS Neubauer
ZDF-Korrespondentin Petra Neubauer berichtet über das Ausmaß des Netzwerks.02.04.2025 | 1:29 min

Keine Tauschbörse, sondern Streaming gegen Geld

Im Gegensatz zu anderen bekannten derartigen Plattformen legte "Kidflix" neben dem Download von Bildern den Fokus auf das Streaming von Videodateien, die teilweise den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen. Für den Vize-Präsidenten des Landeskriminalamtes Bayern sei neu, dass es sich hierbei um eine Streaming-Plattform gegen Geld handle. "Sonst waren das vor allen Dingen Tauschbörsen, aber hier ging es darum, Filme online zu stellen uns sie gegen Geld zu streamen."
Die Nutzer sollen mit Kryptowährungen bezahlt haben. So habe es für die Pädophilen-Plattform Bezahlmodelle gegeben, die von sechs bis 180 Dollar für einen lebenslangen Premiumzugang reichten. "Es mussten diese Gelder aber aus der echten Welt umgewandelt werden in Kryptowährungen und umgekehrt." Auf diesem Weg war es letztendlich für die Ermittler möglich, viele der Nutzer zu identifizieren.
Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen,l), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Kerstin Claus, Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, geben ein Statement zum Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen.
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr ein Gesetz auf dem Weg gebracht, das Kinder besser vor sexualisierter Gewalt schützen soll. Auch die Aufarbeitung soll Opfern einfacher gemacht werden. 19.06.2024 | 1:34 min
Plattform-Anbieter müssten für die Inhalte, die auf ihren Seiten gestreamt werden, so Limmer, Verantwortung übernehmen. "Das kann man nicht so stehen lassen." In den letzten Jahren habe sich allerdings im Bereich des Kindermissbrauchs bei der Strafverfolgung weltweit viel getan, weil sich die Erkenntnis breit gemacht habe, dass es sich hierbei um "eine der verwerflichsten Taten überhaupt" handle. Auskünfte zu Plattformen und zu Nutzern würden nun international ausgetauscht werden.
Lisabell Shewafera ist Reporterin im ZDF-Studio München.

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch
0800 22 55 530

Nummer gegen Kummer
Kinder- und Jugendtelefon
116 111
Elterntelefon
0800 111 0 550

Weitere Anlaufstellen:
Jugendamt
Polizei

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