Mordprozess in Innsbruck: Vater von totem Leon freigesprochen

    Mordprozess in Innsbruck:Vater von totem Leon freigesprochen

    von Felix Krauser
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    Der sechsjährige Leon ertrinkt, während sein Vater Florian A. mit ihm an einem Fluss spazieren geht. Später gerät er in den Fokus der Ermittlungen. Nun wurde er freigesprochen.

    Der Angeklagte Florian A. wird beschuldigt seinen Sohn Leon ermordet zu haben
    Florian A. stand wegen Mordverdachts vor dem Oberlandesgericht Innsbruck.
    Quelle: dpa

    Oberlandesgericht Innsbruck: Der deutschstämmige Fitnesstrainer Florian A. (39) soll seinen geistig beeinträchtigten Sohn Leon (6) in den Fluss Ache in St. Johann in Tirol geworfen haben. Der Angeklagte beteuert vor den Geschworenen und der Staatsanwaltschaft seit Beginn des Prozesses seine Unschuld. Florian A. wird nach 17 Monaten Untersuchungshaft freigesprochen.

    Leon ertrinkt am frühen Morgen

    Am frühen Morgen des 28. August 2022 zwischen 4 und 5 Uhr war Florian A. mit seinem Sohn an der Flusspromenade der Ache in St. Johann spazieren. Wie es der Familienvater häufiger machte, wenn Leon unruhig war und nicht schlafen konnte. So auch an diesem Morgen.
    Laut eigenen Angaben wird Florian A. von zwei Unbekannten überfallen und mit einer Sektflasche niedergeschlagen. Er wird bewusstlos. Als er wieder aufwacht, ist Leons Kinderwagen leer. Der Sechsjährige wird später tot auf einer Sandbank gefunden.
    Angeklagter
    Der Mord-Prozess um den Tod des sechsjährigen Leon aus Tirol hat begonnen. Vor dem Landgericht Innsbruck ist der 39-jährige Vater des Jungen angeklagt.17.07.2024 | 3:18 min

    Wie könnte das Mordmotiv lauten?

    Was auf den ersten Blick wie ein Raubüberfall aussieht, stellt die Staatsanwaltschaft später infrage. Florian A. habe alles nur vorgetäuscht. Dafür spreche, dass die Wunde am Hinterkopf nicht ausreiche, um davon bewusstlos zu werden. Außerdem wurden am Handy des Vaters, das in einem nahen Mülleimer gefunden wurde, nur seine Fingerabdrücke sichergestellt, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
    Dazu passt aus der Sicht der Ermittler auch das mögliche Motiv: Mord aus Überforderung. Dass der Vater wohl überfordert mit der Krankheit seines Sohnes war, schließen die Ermittler aus Chatnachrichten mit seiner Frau kurz vor der Tatnacht, wie die "Bild"-Zeitung nachzeichnet. Darin schreibt der 39-Jährige, er wisse nicht wie er die Belastung weiter aushalten solle.

    Haben die Ermittler im Fall Leon schlampig gearbeitet?

    Vor Gericht betont Florian A. unter Tränen, dass er keinen Grund gehabt habe, Leon zu töten. Er habe seinen Sohn über alles geliebt. Am Tag vor dem Tod Leons, so berichtet er, habe er die Küche extra behindertengerecht umgebaut. Der Staatsanwaltschaft wirft er im Verlauf des Prozesses vor, voreingenommen zu sein.
    Und tatsächlich, die Ermittler machen Fehler, gehen einigen Spuren nicht richtig nach. So wurden zum Beispiel nur 50 Prozent der Glasscherben der Sektflasche sichergestellt. Damit sind möglicherweise wertvolle Spuren nicht gesichert worden. Zudem loggten sich in den frühen Morgenstunden die Handys zweier Männer ins umliegende Netz an der Ache ein, kurz bevor Florian A. sein Bewusstsein verlor, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
    Waren die beiden Männer möglicherweise Täter oder Zeugen? Es würde dazu passen, dass Florian A., kurz bevor er sein Bewusstsein verlor, zwei männliche osteuropäische Stimmen in der Nähe gehört haben will. Doch für die Ermittler war das wohl keine relevante Spur: Nach einer kurzen Vernehmung waren die beiden Männer wieder auf freiem Fuß.

    Florian A. freigesprochen, Fall nicht aufgeklärt

    Auch der Tatsache, dass in der Nähe des Tatorts eine Zigarettenschachtel mit der DNA eines Straftäters gefunden wurde, gehen sie nicht nach, berichten mehrere Medien. So verhärtet sich der Eindruck der Staatsanwaltschaft, der Familienvater habe den Raubüberfall nur vorgetäuscht und Leon selbst ins Wasser geworfen. Es passt ins Bild vom überforderten Familienvater, das wiederum macht ihn für die Ermittler verdächtig, doch für den Tod des kleinen Leon verantwortlich zu sein. Florian A. kommt im Januar 2023 in Untersuchungshaft - und wird später auch angeklagt.
    Leon hätte nach dem Sommer 2022 eigentlich eingeschult werden sollen. Doch aufgrund seiner schweren Behinderung sollte er noch ein Jahr in den Kindergarten gehen. Alle umliegenden Kitas lehnten eine Betreuung jedoch ab. Florian A. hätte bei einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe gedroht.
    Nun aber mangels handfester Beweise und Ermittlungsfehlern der Freispruch. Die Geschworenen hielten das mögliche Mordmotiv wohl nicht für glaubwürdig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wie es in dem Fall weitergeht und wer nun tatsächlich für Leons Tod verantwortlich ist, bleibt weiter offen.
    Mit Material von dpa.

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    Quelle: ZDF

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