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Prozess wegen anderer Vorwürfe:"Maddie"-Verdächtiger: Wer ist Christian B.?
von Malin Ihlau
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In Braunschweig steht ein Mann vor Gericht, für den sich weltweit viele interessieren. Er gilt als Hauptverdächtiger im Fall Madeleine McCann. Jetzt geht es um andere Vorwürfe.
Prozessbeteiligte und Zuschauer warten zu Prozessbeginn am vergangenen Freitag gegen den Angeklagten Christian B. im Gericht in Braunschweig.
Quelle: dpa/Julian Stratenschulte
Der Hauptverdächtige im Vermisstenfall Madeleine McCann, Christian B., steht wegen anderer schwerer Vorwürfe in Braunschweig vor Gericht. Der Prozess vor dem niedersächsischen Landgericht in Braunschweig wurde vor einer Woche unmittelbar nach Beginn auf diesen Freitag vertagt. Grund war ein Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen eine Schöffin, die inzwischen ausgetauscht wurde. Geplant ist zunächst die Verlesung der Anklageschrift.
Der 47-Jährige Angeklagte gilt als Hauptverdächtiger im Fall Madeleine McCann, bekannt als "Fall Maddie". Der vielleicht bekannteste Kriminalfall unserer Zeit wird vor Gericht aber nur eine Nebenrolle spielen.
Wegen mehrerer Sexualstraftaten angeklagt
Christian B. ist wegen fünf mutmaßlicher Sexualstraftaten angeklagt. Er stand schon einmal in Braunschweig vor Gericht und wurde wegen schwerer Vergewaltigung verurteilt.
Während der erste Prozess 2019 an der Öffentlichkeit nahezu vorbeiging, ist das Interesse jetzt riesig. Denn seitdem Ermittler 2020 bekannt gaben, dass sie den Deutschen im Fall des vermissten Mädchens Madeleine McCann aus Großbritannien für den Mordverdächtigen halten, steht er in einem ganz anderen Fokus.
Worum geht es beim Prozess in Braunschweig?
Für die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ist er der Mann, der drei Frauen vergewaltigt und zwei Kinder sexuell belästigt hat. Dem gebürtigen Würzburger werden drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen. Das Gericht setzte für die Verhandlung zunächst rund 30 Verhandlungstage bis Ende Juni an.
Die Taten soll der Verdächtige zwischen Ende Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal begangen haben. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte im Oktober 2022 nach mehrjährigen und aufwändigen Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern eine mehr als 100 Seiten umfassende Anklageschrift vorgelegt.
Dem Mann wird darin vorgeworfen, dass er eine etwa 70 bis 80 Jahre alte Frau in ihrer Ferienwohnung gefesselt und vergewaltigt haben soll. Zudem soll er ein deutschsprachiges Mädchen im Alter von mindestens 14 Jahren nackt an einen Holzpfahl gefesselt, mit einer Peitsche geschlagen und zum Oralverkehr gezwungen haben. Weiter soll er eine 20-jährige Frau aus Irland brutal vergewaltigt haben.
Wer ist Christian B.?
Christian B. beschäftigt Ermittler und Justiz in Deutschland bereits seit längerem. Unter anderem ist er auch wegen Sexualdelikten an Kindern vorbestraft und verbüßte im Laufe seines Lebens diverse Haftstrafen.
Zuletzt verurteilte ihn das Landgericht Braunschweig 2019 wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Touristin in Portugal im Jahr 2005 rechtskräftig zu einer siebenjährigen Gefängnisstrafe, die er derzeit in einer Haftanstalt verbüßt.
Die Verbindung zum Fall Madeleine McCann
Am 3. Juni 2020 gaben das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft Braunschweig überraschend bekannt, dass sie im Fall Madeleine McCann gegen einen mehrmals vorbestraften Sexualstraftäter wegen des Verdachts des Mordes ermitteln. Zur besten Sendezeit lief der Bericht über einen verdächtigen Deutschen in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst". Obwohl bis heute keine Leiche gefunden wurde, teilten die Ermittler damals mit, dass sie davon ausgehen, dass das Mädchen aus Großbritannien nicht mehr lebt.
Nähere Angaben dazu, worauf sich ihr Verdacht stützt, machten die Behörden bislang nicht. Bis heute gibt es keine Anklage. Auch die portugiesische Staatsanwaltschaft beschuldigt den Deutschen im Fall McCann des Mordes.
Die britischen Medien und der Fall McCann
Ob "The Sun", "Daily Mail" oder "Daily Mirror": Es wird immer wieder über den Fall Madeleine McCann berichtet. Die Geschichte des verschwundenen Mädchens ist untrennbar mit der britischen Boulevardpresse verbunden. Denn sie fiel in eine Zeit, als britische Medien zügelloser waren denn je. Britische Journalisten hörten Telefone ab, um an Informationen über Prominente und Verbrechensopfer zu kommen.
Die inzwischen eingestellte "News of the World" musste sich öffentlich bei den Eltern von Madeleine McCann entschuldigen. Mehr als eine Million Pfund an Schmerzensgeld und Entschädigungszahlungen flossen in ihre Stiftung, die sie gegründet hatten, um die Suche nach ihrer Tochter zu finanzieren.
Mittlerweile kann man den Umgang der britischen Medien als respektvoller bezeichnen. Die Schlammschlacht ist vorbei. Das Interesse der Medien und der McCanns gilt nun dem Tatverdächtigen aus Deutschland.
Das fordert die Staatsanwaltschaft jetzt
Die Staatsanwaltschaft strebt eine Verurteilung des Angeklagten mit Blick auf alle angeklagten Taten an. "Nach Aktenlage muss der Angeklagte mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren rechnen", sagt Staatsanwalt Christian Wolters. Eventuell komme auch eine anschließende Sicherungsverwahrung in Betracht. "Wir wollen Freisprüche", sagt hingegen Verteidiger Friedrich Fülscher ZDFheute. Das gelte für sämtliche Anklagepunkte.
Der Fall der kleinen Madeleine McCann wird in dem Braunschweiger Prozess nicht verhandelt. Doch er könnte großen Einfluss auf die Ermittlungen in der Sache haben. Denn die Staatsanwaltschaft ist überzeugt: Derselbe Angeklagte hat auch das Mädchen getötet.
Malin Ihlau ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Niedersachsen.
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