Lieferando: Hassparolen per Lieferdienst - Polizei ermittelt

    Mehrere hundert Fälle:Lieferando: Mit dem Essen kam die Hass-Parole

    Ina Baltes im Schaltgespräch zum Brexit
    von Ina Baltes
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    Diesen Fall kannte die Essener Polizei so noch nicht: Mit der Lieferando-Order haben Unbekannte anti-islamische Parolen an eine Moschee liefern lassen - es ist kein Einzelfall.

    Sachsen, Leipzig: Ein Fahradbote von Lieferando fährt durch die Innenstadt.
    Ein Fahradbote von Lieferando brachte mit dem Essen auch Hassbotschaften zu einer Moschee in Essen.
    Quelle: dpa

    Gegen Mitternacht kam der Fahrer von Lieferando zum Gemeindezentrum der Salahud-Din-Moschee in Essen. In seiner orangenen Kiste hatte er Lasagne, Cannelloni und Mixed Noodles für 28,70 Euro. Doch niemand in dem islamischen Zentrum hatte irgendetwas bestellt und viel schlimmer: Im Feld "Bestellnotiz", dort wo man normalerweise Extrawünsche angeben kann, standen anti-islamische, offensichtlich rechtsextreme Parolen: "Hellfire-Raketen gegen Minarette" lautet eine davon. Die anderen sind ebenfalls extrem menschenverachtend. Während Bestellung und Lieferung war die Parole in der Bestellnotiz offenbar niemandem aufgefallen.
    Das islamische Zentrum in Altenessen gilt als liberal und ist eine der größten arabischen Moscheen in Deutschland, gegründet von libanesischen und kurdischen Flüchtlingen. Laut der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ), die den Fall an die Öffentlichkeit brachte, waren die Muslime dort "entsetzt".

    Bei Lieferando hinterließen die Täter falsche Daten

    Die Essener Polizei ermittelt nun von Amts wegen Betrugs und Volksverhetzung. Die Daten, die der oder die mutmaßlichen Täter hinterlegt hatten, waren nach einer ersten Überprüfung offenkundig falsch. Überhaupt sei es extrem schwierig, solchen Tätern auf die Spur zu kommen, so die Polizei in Essen.
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    Wenn sich zum Beispiel jemand in einen öffentlichen WLAN-Hotspot eingewählt habe, sei kaum nachzuvollziehen, wer das sei. Beim Landeskriminalamt NRW ist diese neue Form der Kriminalität inzwischen bekannt, aber es gibt bisher dazu keine eigene Statistik.
    Die Ermittlungen selbst werden nicht im LKA geführt, dafür sind die Polizeibehörden vor Ort zuständig. Auch deswegen sind Zahlen schwer zu ermitteln.

    Hetzparolen auf der Rechnung: Mehrere Lieferdienste betroffen

    Das LKA geht von einem mittleren dreistelligen Bereich aus, valide sei diese Schätzung aber nicht. Öffentlich geworden ist diese neue Form der Kriminalität zuerst in Bielefeld, wo es wohl mehrere Vorfälle gegeben hat. Die WAZ berichtet aber auch von Vorfällen in Münster, Osnabrück und Gelsenkirchen. Mehrere Lieferdienste sind betroffen.
    Das Vorgehen ist überall ähnlich wie in Altenessen: Hetzparolen auf der Rechnung, die Bestellung kommt von Unbekannt. Ob es sich immer um den oder die gleichen Täter handelt, ist völlig offen.
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    Lieferando: "Perfide" und "vollkommen inakzeptabel"

    Lieferando nennt den Fall in Altenessen gegenüber dem ZDF perfide und vollkommen inakzeptabel. Man habe den Besteller umgehend gesperrt, weitere Schritte eingeleitet und unterstütze die Ermittlungen der Polizei.
    Im Übrigen vermittele Lieferando täglich mehrere hunderttausend Bestellungen "zwischen Restaurants und Kund*innen unterschiedlichster kultureller, religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen und Hintergründe".
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    Das Feld "Bestellnotizen" wird bleiben, sagt Lieferando

    Wie genau Unbekannte einen Bestell- und Bezahlvorgang auslösen können und offenbar damit Sicherheitsvorkehrungen umgehen, dazu möchte das Unternehmen keine Stellung nehmen - auch wegen möglicher Nachahmer.
    Das Feld "Bestellnotizen" einfach wegzulassen, sei nicht möglich. Die Notizen sind wohl eine unerlässliche Ergänzung für das tägliche Geschäft. Im Übrigen fordert das Unternehmen seine Kunden dazu auf, solche Vorfälle umgehend der Polizei zu melden.
    Ina Baltes ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Düsseldorf.  
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