Ein Café in Köln ist vollständig ausgebrannt. Allein in der vergangenen Woche gab es in der Stadt zwei ähnliche Fälle. Steckt hinter dieser Explosionsserie die "Mocro-Mafia"?25.09.2024 | 2:34 min
Das Ladenlokal ist vollständig ausgebrannt, die Schaufensterscheiben sind zerstört, Teile der zerfetzten Außenverkleidung hängen lose herunter: In Köln hat es wieder eine Explosion gegeben, diesmal in Pesch am Stadtrand. Anwohner berichteten in der Nacht um 2.45 Uhr von einem lauten Knall. Kurz darauf stand das Café im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses in Flammen.
Polizei: Verdächtiger hat sich gestellt
Gegen Mittag meldeten Polizei und Staatsanwaltschaft einen Erfolg: Ein Verdächtiger habe sich gestellt. Bei ersten Ermittlungen habe sich ein Tatverdacht gegen einen Mann erhärtet, der Bezüge zu dem ausgebrannten Café habe. Während der laufenden Fahndung sei der Beschuldigte in Begleitung seines Anwalts bei der Polizei erschienen.
Was steckt hinter den Explosionen? Die Gewaltbereitschaft ist hoch, die Anschläge zeigen eine neue Dimension von Brutalität, sagt Dirk Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeamter.25.09.2024 | 19:41 min
Zudem fahndeten die Ermittler nach einem mutmaßlich zweiten Verdächtigen. Eine großangelegte Suchaktion in einer Gartenanlage im Kölner Westen blieb aber ohne Erfolg.
Köln: Bereits zuvor Explosionen in Innenstadt
Zum Hintergrund der jüngsten Explosion halten sich die Ermittler bedeckt. Nach ersten Erkenntnissen stehe sie nicht im Zusammenhang mit den Taten in den vergangenen Wochen. Dennoch: Die Serie von Explosionen ist für die Einwohner der viertgrößten deutschen Stadt beunruhigend und in dieser Form beispiellos.
Allein in der vergangenen Woche gab es zwei Detonationen in der direkten Innenstadt. Nach Angaben einer Stadt-Sprecherin will der Polizeipräsident in der kommenden Woche in einer Ratssitzung über die Lage informieren.
Polizei und Staatsanwaltschaft in Köln haben sich zu der Serie von Sprengstoffanschlägen geäußert. Sie vermuten eine Verbindung zur niederländischen organisierten Kriminalität. 19.09.2024 | 0:21 min
Ähnliche Taten in anderen Städten in NRW
Mehr als 60 Ermittler arbeiten an der Aufklärung der Explosionsserie - neben Köln gab es ähnliche Taten auch in anderen Städten
Nordrhein-Westfalens wie Duisburg und Engelskirchen.
Auch bei Schüssen, die Unbekannte am frühen Morgen auf die Wohnungstür eines Mehrfamilienhauses in Solingen abgaben, sehen die Ermittler Bezüge zur Explosionsserie. Die Polizei geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Schüsse eigentlich einem Menschen galten, der mit den Explosionen zu tun hat - und dass die Täter sich in der Tür irrten.
Immer wieder fällt der Begriff "Mocro-Mafia"
Im Zusammenhang mit den Explosionen fällt immer wieder der Begriff "Mocro Mafia", den sich Polizei und Staatsanwaltschaft aber ausdrücklich nicht zu eigen machen. "Mocro" ist in den Niederlanden ein Slangwort für Marokkaner, und Niederländer mit marokkanischen Wurzeln sind mitunter im Drogenhandel involviert. Explosionen vor Wohnungen, Geschäften und Betrieben sind im kriminellen Milieu in den
Niederlanden ein oft angewandtes Druckmittel, um Rivalen oder Schuldner einzuschüchtern.
In den Niederlanden endet ein Mord-Prozess, der nur unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden konnte. Mehrere Mitglieder wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.27.02.2024 | 1:30 min
Offene Rechnungen im Drogenmilieu
Auseinandersetzungen unter Drogenbanden finden derzeit auch in Köln statt. "Es gibt offensichtlich im Milieu offene Rechnungen, die noch beglichen werden", sagte Kripo-Chef Michael Esser bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche. Eine dieser offenen Rechnungen bezieht sich nach Angaben von Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf das Verschwinden von schätzungsweise 300 Kilogramm Cannabis.
Die Gruppierung, die um diese Drogen geprellt worden sei, versuche nun, das Cannabis zurückzubekommen oder Schadenersatz zu erhalten. In diesem Kontext seien auch zwei Geiselnahmen von Ende Juni/Anfang Juli in Hürth bei Köln und im Kölner Stadtteil Rodenkirchen zu sehen. Hierbei gebe es auch Verbindungen in die Niederlande.
Drogenhandel, Sprengungen und Entführungen – Die sogenannte "Mocro-Mafia" aus den Niederlanden ist für Brutalität bekannt. Auch in NRW hinterlassen die Mitglieder Spuren. 16.08.2024 | 5:02 min
Verdächtige schweigen aus Angst vor Racheakten
Ein Grund für den schleppenden Verlauf der Ermittlungen ist, dass sich sowohl die in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen als auch die Opfer mit Informationen zurückhalten. Sie seien "im eigenen Interesse nicht darum bemüht, in Vernehmungen die Karten offen auf den Tisch zu legen", berichtete Esser. Vermutlich befürchten sie Racheakte.
In den Niederlanden heißt es in diesem Zusammenhang seit langem: "Wie praat, die gaat." Wer redet, der geht. Und wenn man an den, der geredet hat, gerade nicht herankommt, weil er zum Beispiel in Haft ist, dann müssen eben Familienmitglieder oder andere Menschen aus dem persönlichen Umfeld dafür büßen.
Zusammenhänge noch nicht geklärt
Ob solche Zustände auch in Nordrhein-Westfalen schon erreicht sind, ist unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft betonen immer wieder, dass es sich bisher nur bei einem Teil der Verdächtigen um Niederländer handelt und es noch Gegenstand der Ermittlungen ist, ob und wie die unterschiedlichen Taten überhaupt miteinander zusammenhängen. Denkbar ist auch, dass Kriminelle, die mit dem ursprünglichen Tatgeschehen gar nichts zu tun haben, die Explosionen für ihre eigenen Zwecke nachahmen.
Quelle: dpa