Kinderarbeit: Mars, Lindt und ein bitterer Beigeschmack

    Kinderarbeit bei Anbau von Kakao:Mars, Lindt und ein bitterer Beigeschmack

    Marcel Burkhardt
    von Marcel Burkhardt
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    Investigativ-Recherchen offenbaren ausbeuterische Kinderarbeit in den Kakao-Lieferketten von Mars und Lindt. Müssen die Unternehmen nun in Deutschland mit Sanktionen rechnen?

    Kakaoernte auf der Insel Bougainville
    Kakaoplantage statt Schulbank - Kinderarbeit ist in der Produktion von Schokolade noch immer ein großes Problem. (Symbolbild)
    Quelle: Imago

    In Deutschland, der Schweiz und den USA würden diese Mädchen und Jungen den Kindergarten oder die Grundschule besuchen. In Ghana aber müssen sie - die Jüngsten sind gerade mal fünf Jahre - in Plantagen schuften, mit Macheten Kakaobohnen ernten, schwere Säcke und Körbe schleppen.

    "In Schweizer Schoggi steckt Kinderarbeit"

    Investigative Recherchen des US-Fernsehsenders CBS News und des Schweizer SRF kommen zu dem Schluss, dass in den Lieferketten der Hersteller Mars sowie Lindt & Sprüngli eklatant gegen Menschenrechte verstoßen werde.
    Die CBS-Moderatorin bringt es so auf den Punkt: "Kinderarbeit bei der Ernte von Kakao, den Süßigkeiten-Gigant Mars für ikonische Produkte wie M&Ms und Snickers nutzt." Der SRF bilanziert: "In Schweizer Schoggi steckt Kinderarbeit!"

    Lindt und Mars wollen mit Kinderarbeit nichts zu tun haben

    Dabei lehnen Lindt und Mars derlei ausbeuterische Methoden nach eigenem Bekunden vehement ab. Auf ZDFheute-Anfrage schreibt eine Sprecherin des Schweizer Produzenten: "Lindt & Sprüngli verurteilt alle Formen von Kinderarbeit aufs Schärfste."
    Mars antwortet: "Kinderarbeit hat keinen Platz in unserer Lieferkette und wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, sie zu beseitigen." Die Unternehmen verweisen zudem auf eigene Nachhaltigkeitsprogramme in den Kakaoanbaugebieten. Zu den erhobenen Vorwürfen reagieren die Unternehmen unterschiedlich.




    Die Diskrepanz zwischen Lindt-Imagefilm und Realität

    Lindt, das in einem Imagefilm suggeriert, den gesamten Produktionsprozess "von der Bohne bis zur fertigen Tafel" zu kontrollieren, verweist auf "langfristige Partnerschaften mit ausgewählten Lieferanten, die sich gemeinsam mit uns zu definierten Zielen verpflichten".
    Zu den Lieferanten zählt der Schweizer Rohstoffkonzern Ecom. Im SRF-Bericht erhebt ein Ecom-Mitarbeiter schwere Vorwürfe gegen das Unternehmen: Demnach würden im Firmendepot in Ghana Kakaobohnen vermischt und "im Handumdrehen" aus nicht-zertifiziertem Kakao zertifizierter Lindt-Kakao.
    • Kakao-Industrie: Die Kinder zahlen den Preis

    Mars sieht Verantwortung für Kinderarbeit nicht bei sich

    Auf ZDFheute-Nachfragen äußert sich Ecom nicht. Lindt hingegen schreibt: "Wir nehmen die erhobenen Vorwürfe sehr ernst und haben sofort Maßnahmen ergriffen, um die Vorwürfe zu prüfen." Über die Ergebnisse eines Treffens des Lindt-Chefs mit dem Lieferanten und angekündigte "nächste Schritte" äußert sich Lindt nicht.
    Der US-Süßwarengigant Mars lässt ganz offen, wie er auf die CBS-Recherchen reagiert. Auf ZDFheute-Nachfrage heißt es nur, dass das Unternehmen selbst gar keine Kakao-Farmen in Ghana besitze oder betreibe. Ergo: Die Schuld an der Misere trügen andere.

    Kontrollbehörde reagiert auf "Hinweise von außen"

    Unbeantwortet lassen Mars und Lindt die Frage, ob sie sich inzwischen mit einer Kontrolle des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle konfrontiert sehen. Beide Unternehmen besitzen in Deutschland Produktionsstandorte mit mehr als 1.000 Angestellten - insofern könnte die Behörde wegen möglicher Verstöße gegen das deutsche Lieferkettengesetz aktiv werden.
    Das Bundesamt geht grundsätzlich auch "Hinweisen von außen" nach. Ob es tatsächlich "Maßnahmen im Rahmen risikobasierter Kontrollen" gegen Mars und Lindt ergriffen hat, bleibt offen, da die Behörde grundsätzlich keine Angaben zu einzelnen Unternehmen macht.
    FILE PHOTO: Flags flutter outside EU Commission in Brussels
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    Kinderarbeit "systemisches Problem" im Kakaoanbau

    Allerdings scheinen Kontrollen unausweichlich, denn nicht nur mit dem Thema vertraute Menschenrechtsorganisationen, sondern auch Schokoladenhersteller betrachten Kinderarbeit im Kakaoanbau als "systemisches Problem". Ein Hauptgrund: die existenzgefährdende Armut der Bauern.
    In einem Mars-Aktionsplan heißt es wörtlich: "Wir glauben, dass jeder, der in unseren erweiterten Lieferketten arbeitet, ein ausreichendes Einkommen erzielen sollte, um einen angemessenen Lebensstandard aufrechtzuerhalten." Weshalb Unternehmen wie Mars dann an ihren "unfairen Einkaufspraktiken" festhielten, wollen Kritiker wissen.
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    Ein breites Bündnis von international tätigen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) klagt: "Große Schokoladen- und Kakaounternehmen, darunter multinationale Konzerne wie Mars, Ferrero, Mondelez, Hershey und Nestlé, aber auch Händler wie Barry Callebaut und Cargill, zahlen keine Preise, die es Kakaobauern ermöglichen, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen."
    Das Fazit der NGOs: Solange die Schokoladenkonzerne nichts an ihren Beschaffungspraktiken änderten, würden Kinder weiter ausgebeutet und ihrer Zukunft beraubt.