Michael Ballweg: "Querdenken"-Gründer vor Gericht

    FAQ

    Betrug und Steuerhinterziehung:"Querdenken"-Gründer Ballweg vor Gericht

    ZDF-Reporter Jan-Frederik Fischer in Mannheim im Gespräch mit ZDFheute live. ZDFheute live-Logo unten links.
    von Jan-Frederik Fischer
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    Er war eines der prominentesten Gesichter der Corona-Kritiker: Michael Ballweg. Nun muss er sich in Stuttgart vor Gericht verantworten. Es geht auch um seine Glaubwürdigkeit.

    Archiv: "Querdenken"-Initiator Michael Ballweg
    Der ehemalige Unternehmer Michael Ballweg wurde im Rahmen der Corona-Proteste bekannt.
    Quelle: dpa

    Beim Auftakt am Stuttgarter Landgericht gibt er sich trotz der Vorwürfe bewusst zuversichtlich: Michael Ballweg. Kopf und Gründer der sogennanten "Querdenken"-Bewegung. Es geht um nichts weniger als Steuerhinterziehung und versuchten schweren Betrug in mehreren Tausend Fällen.
    Konkret muss das Gericht nun klären: Hat der bekannte Corona-Kritiker seine Unterstützer bewusst getäuscht, und eingesammeltes Geld bewusst in seine eigene Tasche gesteckt? Die wichtigsten Fragen zum Prozess im Überblick:

    Was wird Michael Ballweg vorgeworfen?

    Der Prozess gegen Michael Ballweg wirft schon länger seine Schatten voraus: Schon im Juni 2022 nimmt die Polizei den damals 47-Jährigen mit dem Verdacht auf Betrug und Geldwäsche fest.
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    Ballweg sitzt für neun Monate in Untersuchungshaft in Stuttgart Stammheim - kommt dann aber unter Auflagen frei. Juristen streiten sich anschließend darum, welche Tatbestände genau vor Gericht verhandelt werden sollen.
    Inzwischen ist klar, dass es vor der Stuttgarter Wirtschaftskammer - neben Steuerhinterziehung - vor allem um den Vorwurf des versuchten schweren Betrugs geht.
    Demnach soll Ballweg als Gründer und Kopf von "Querdenken711" in 9.450 Fällen Gelder durch öffentliche Aufrufe oder auf Social Media Kanälen eingeworben haben - und laut Staatsanwaltschaft:

    (…) hierbei die Zuwendenden bewusst darüber getäuscht haben, dass er das Geld nicht nur für 'Querdenken711', sondern in erheblichem Umfang für eigene Zwecke verwenden wollte.

    Stefanie Ruben, Sprecherin Staatsanwaltschaft Stuttgart

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    Am Ende könnte es um mehrere Hunderttausend Euro gehen: So erklärte die Staatsanwaltschaft nach dem ersten Prozesstag, dass der Angeklagte zwar mehr als 1,2 Millionen eingeworben, davon jedoch über 575.000 Euro für eigene Zwecke verwendet haben soll.
    Entscheidend wird für die Kammer nun vor allem die Frage sein, ob der ehemalige IT-Unternehmer Ballweg die Gelder bewusst anderweitig benutzt hat.

    ... hatte sich im Zuge der Corona-Pandemie von Stuttgart aus in vielen deutschen Städten formiert. Die Anhängerinnen und Anhänger demonstrierten immer wieder öffentlich gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Dabei gab es auch Angriffe auf Polizisten und Medienvertreter. Der Verfassungsschutz beobachtet die Szene wegen verfassungsfeindlicher Ansichten, Verschwörungsideologien und antisemitischer Tendenzen.

    Wie steht Michael Ballweg zum Verfahren?

    Nach der Verlesung der Anklage erklärt Ballweg in einem ersten Pressestatement:

    Ich habe meine ganze Zeit und meine Energie dafür eingesetzt, eine Freiheitsbewegung in Deutschland aufzubauen (...) davon werden wir uns nicht abhalten lassen, sondern wir werden weiter für die Freiheitsrechte einstehen.

    Michael Ballweg, Gründer "Querdenken711"

    Schon im Vorfeld hatte Ballwegs Anwaltsteam alle Anklagepunkte bestritten und berkräftigt, dem Verfahren "gelassen" entgegenzusehen. Man werde "problemlos" darlegen können, dass Ballweg mehr Geld für "Querdenken" bezahlt als eingenommen habe.

    Welche Strahlkraft haben Ballweg und "Querdenken" noch?

    Seit dem Wegfall der Corona-Maßnahmen und sinkenden Inzidenzen, sank auch die Bedeutung der sogenannten "Querdenker". Zwar bleibt ein harter Kern, doch Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern wie zur Hochphase finden nicht mehr statt - stattdessen tauschen sich die verbliebenen Anhänger größtenteils in Messenger-Diensten aus und widmen sich anderen Themen.
    Darunter etwa dem Ukraine-Krieg, den Einschränkungen von Grundrechten oder alternativen Finanzmitteln. Auch bei den Bauernprotesten mischt ein radikaler Teil der sogenannten "Querdenker" mit.
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    Michael Ballweg selbst rückte im Sommer 2022 wieder verstärkt in den Mittelpunkt: So trafen sich während seiner Haft immer wieder sogenannte "Querdenker" vor dem Gefängnis, um seine Freilassung zu fordern.
    Im August diesen Jahres tritt der frühere Unternehmer dann wieder selbst ins große Rampenlicht: Mehrere Tausend Menschen folgen Ballwegs Aufruf nach Berlin, um unter dem Motto "Für Frieden, Freiheit und Wahrheit" zu protestieren.
    Es sind Versuche wie diese und ein Themenschwenk, die den sogenannten "Querdenkern" wieder neuen Schub verleihen sollen. Eine breite Mobilisierung abseits von punktuellen Demonstrationen lässt sich aber nicht erkennen. Da hilft es derzeit auch nicht, dass die Bewegung davon spricht, dass es an der Zeit sei: "Querdenken zu rehabilitieren."
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    Ballweg-Prozess: Wann wird mit einem Urteil gerechnet?

    Wann mit einem Urteil im Verfahren gegen Michael Ballweg zu rechnen ist - ist derzeit unklar. Das Gericht hat zunächst mehr als 30 Verhandlungstage bis zum April nächsten Jahres angesetzt.
    Im Falle einer Verurteilung drohen dem Beschuldigten laut Staatsanwaltschaft zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft.

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    Quelle: ZDF

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