Vereinbarkeit von Kind und Beruf:Kita-Platz gesucht: Wie Eltern verzweifeln
von Lukas Wagner
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Nach der Geburt des Kindes zurück in den Job? Bei vielen Eltern scheitert das an der Kita-Suche - besonders für U2-Kinder ist oft kein Platz. Betroffene schildern ihre Erfahrungen.
Viele Kinder in Deutschland müssen deutlich länger als von den Eltern gewünscht darauf warten, bis sie in einer Kita betreut werden.
Quelle: dpa
Das Kind ist da, jetzt aber schnell zurück in den Job: Dieser Anspruch wird zwar oft an frisch gebackene Eltern gestellt, doch in der Praxis ist das mit Blick auf die knappen Kita-Plätze häufig ein zähes Ringen - wenn es überhaupt gelingt.
Merryn Jordan, Ärztin und bald dreifache Mutter, kennt das nur zu gut. Zahlreiche Telefonate und persönliche Gespräche hat sie führen müssen, damit ihre beiden Kinder endlich einen Kita-Platz bekamen - schlussendlich wegen ihrer Anstellung als Ärztin, wie sie selbst vermutet. Sie blickt skeptisch auf die Situation:
Michael Zerger kann das bestätigen: Er lebt im gleichen rheinland-pfälzischen Ort wie Jordan und hat Bescheid bekommen, dass seine fünf Monate alte Tochter keine Kita-Betreuung ab Herbst bekommt.
Hunderttausende Kita-Plätze fehlen
Deshalb wird Zerger nach den Sommerferien doch nicht in seinen Job als Lehrer zurückkehren können, sondern ein weiteres Jahr Elternzeit beantragen müssen. Da kein Anspruch auf Elterngeld mehr bestehe, bricht somit das halbe Einkommen für die Familie weg.
Dass das Problem über den rheinland-pfälzischen Ort hinaus geht, zeigen aktuelle Zahlen für ganz Deutschland. Es mangelt hierzulande an Hunderttausenden Kita-Plätzen, allein für Kinder unter drei Jahren fehlen laut Institut der deutschen Wirtschaft 266.000 Kita-Plätze.
Kita-Leiterin: Können nicht mehr Unter-Zweijährige aufnehmen
In der Kita Weierhof von Leiterin Susanne Martin spiegelt sich das wider, von insgesamt 65 Plätzen können nur drei an "U2-Kinder" vergeben werden. Allgemein müsse man Kinder über zwei Jahren priorisiert behandeln. Dabei sei nicht allein fehlendes Personal Schuld am Mangel an Plätzen, sondern auch zu kleine und schlecht ausgestattete Räumlichkeiten.
"Deshalb würde ich mich als Leiterin verwehren, den Anteil zu erhöhen", sagt Martin. Ansonsten entstünden aufgrund des Lärmpegels und Raummangels Konflikte, die die Situation zu belastend für die Kinder, aber auch für die Erzieher mache.
Wenn zum Beispiel jüngere Kinder noch in der Krabbel-Phase steckten, müsste es für sie genug Platz geben, ohne dass sie mit laufenden Kindern kollidieren.
"Gute-Kita-Gesetz": Gut gemeint, schlecht gemacht?
Das "Gute-Kita-Gesetz" sollte zur Verbesserung der Situation beitragen, indem der Bund den Ländern - die für den Erziehungsbereich zuständig sind - insgesamt 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellte. Rheinland-Pfalz bekam beispielsweise rund 269 Millionen Euro aus dem Fördertopf für die Jahre 2019 bis 2022.
Doch von den Geldern scheint mancherorts nur wenig angekommen zu sein, wie Kita-Leiterin Martin berichtet. Positiv habe sich allein ein Programm für Sprachbildung ausgewirkt, doch mehr Kita-Plätze entstanden dadurch nicht.
Förderungen seien jedoch dringend notwendig für den Ausbau ihrer Kita, da man zum Beispiel bisher "nicht für alle Kinder einen Platz beim Mittagessen" stellen könne, sagt Martin. Diesen braucht es wiederum für einen ganztägigen Betreuungsplatz - und damit Eltern wieder in Vollzeit arbeiten gehen können.
Bund: Länder entscheiden über Einsatz von Fördergeldern
Das Bundesfamilienministerium erklärt gegenüber ZDFheute, dass die Länder selbst "anhand ihrer individuellen Bedarfe und der Situation der Kindertagesbetreuung im Land" entscheiden, wie und in welchen Einrichtungen Fördergelder eingesetzt werden.
Quelle: dpa
Neben der Kita gibt es die Option, eine Tagesmutter zu suchen, da Kinder ab dem Vollenden des ersten Lebensjahres einen rechtlichen Anspruch auf "Förderung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege" haben. Im Fall von Merryn Jordan wäre die nächste Tagesmutter aber 25 Autominuten entfernt gewesen - fast eine Stunde Hin- und Rückfahrt seien für sie und ihren Mann als Ärzte mit Frühschichten allerdings nicht machbar. Ob überhaupt ein Platz freigewesen wäre, sei ohnehin unklar.
Das "Gute-Kita-Gesetz" sei "ein wichtiger erster Schritt" gewesen, so müssten Familien mit nachweislich geringem Einkommen zum Beispiel deutschlandweit keine Elternbeiträge mehr zahlen, so eine Sprecherin. Dennoch räumt das Ministerium ein, dass Kita-Personal "häufig an der Belastungsgrenze arbeite" und die Situation verbessert werden müsse.
Die Gründe für fehlende Kita-Plätze
Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) sieht vor allem den "Fachkräftemangel und fehlende räumliche Kapazitäten" als Hauptgründe für zu wenig Kita-Plätze.
Allein im dortigen Bundesland werden bis 2025 voraussichtlich "rund 32.500 zusätzliche Vollzeitstellen benötigt", erklärt eine Sprecherin. Schon jetzt könne der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung "vielfach" nicht erfüllt werden.
Betroffene können keine Verbesserung erkennen
Familie Zerger schätzt sich glücklich, dass das Ersparte reicht, damit Vater Michael länger in Elternzeit bleiben kann.
Zudem hat sich die Kita-Situation aus seiner Erfahrung mit dem ersten Kind in den vergangenen Jahren "definitiv" verschlechtert. Auch Kita-Leiterin Susanne Martin sagt, dass von einer Verbesserung keine Rede sein könne - es herrscht Stillstand.
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