mit Video
Puppe vs. Bagger, Rosa vs. Blau:Stärkere Genderklischees durch Spielzeug?
|
Vor allem Kinder freuen sich an Weihnachten auf ihre Geschenke. Jedoch werden durch geschlechtertypische Spielzeuge oft klassische Rollenklischees verstärkt. Wozu kann das führen?
In weniger als fünf Wochen ist Weihnachten. Doch was steht in diesem Jahr auf dem Wunschzettel? Das sind die Trends in der Spielwarenbranche.20.11.2024 | 1:27 min
Die Weihnachtszeit hat begonnen. Gerade für Eltern heißt das: Geschenke für die Kinder kaufen. Oft wird für Mädchen zu Geschenken wie Puppen, für Jungs zu Autos oder Technikspielzeug gegriffen. Das kann Folgen für die Entwicklung des Kindes haben. Müssen sich Geschenke - so wie es durch Marketing häufig nahegelegt wird - wirklich an Geschlechterstereotypen orientieren?
Laut Doris Holzberger, Professorin für Psychologie des Lehren und Lernens an der Technischen Universität München, sind es weniger die Kinder, sondern besonders die Eltern, die das Spielzeug aussuchen. Dazu erklärt Holzberger gegenüber der Nachrichtenagentur dpa:
So bildeten Kinder von klein auf bestimmte Interessen stärker aus und verinnerlichten Rollenklischees. Unternehmen gestalteten aus ökonomischem Interesse Kampagnen, die die Stereotype weiter befeuern.
Lego - ein beliebter Spielzeugklassiker. Um die Jahrtausendwende begann das Comeback der bunten Steine.30.11.2020 | 42:57 min
Spielzeug verstärkt die klassischen Rollenbilder
Die Bildungsforscherin erklärt zudem, wie das Spielzeug die klassischen Rollenbilder langfristig stärkt. So sei es bei Jungen, die viel mit Technikspielzeug spielen, wahrscheinlicher, dass sie ein Interesse für technische und naturwissenschaftliche Fächer sowie mehr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln.
Mädchen dagegen, die nur mit geschlechtertypisch weiblichem Spielzeug spielen, fehle diese Erfahrung, sodass sie an diesen Bereichen womöglich weniger Interesse haben und sich selbst als weniger kompetent wahrnehmen.
Nicht nur Kinder spielen gerne. Auf der Nürnberger Spielwarenmesse wurden Gesellschaftsspiele und Modellbauten für Erwachsene vorgestellt, die die Branche als neue Zielgruppe ausgemacht.30.01.2024 | 1:23 min
Gendermarketing untergräbt die Individualität
Autorin und Journalistin Almut Schnerring hat sich mit dem Thema Rollenklischees in der Kindheit auseinandergesetzt. Auch sie kritisiert, dass Unternehmen diese Geschlechterstereotype beim Kinderspielzeug bewusst bedienen. Schnerring warnt zudem:
Es untergrabe die Individualität der Kinder sowie deren Chancen, sich frei zu entwickeln - und damit Kinderrechte.
Kinder merken, wenn sie nicht in die Norm passen
Kinder, die sich für Spielzeug entscheiden, das nicht ihrem biologischen Geschlecht entspricht, merken laut Schnerring schnell, dass das nicht in die vermeintliche Normen passt: "Gendermarketing zieht einen Graben zwischen Kinder und produziert Unterschiede, wo Kinder keine machen würden."
"Während Jungen häufiger Komplimente bekommen für ihr Handeln, erleben Mädchen häufiger, dass ihr Aussehen bewertet wird. Spielzeug spiegelt diesen unterschiedlichen Umgang mit Kindern wider", betont die Expertin.
Jedes Jahr bleiben rund 20.000 Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt. Experten fordern, das Handwerk auch für Frauen attrakiver zu machen.12.09.2024 | 29:45 min
Langfristige Folgen der Genderklischees
Besonders fatal seien auch die langfristigen Folgen dieser Einteilung. "Es ist ja kein Zufall, dass der Fachkräftemangel in Deutschland in genau den Berufen am größten ist, in denen die Geschlechtertrennung am stärksten ist und Klischees am stärksten wirken: Handwerk, MINT und Pflege", erklärt Schnerring.
Personalmangel in der Pflege ist ein langfristiges Problem. Noch immer arbeiten in diesem Bereich mehr Frauen als Männer. 14.12.2023 | 11:51 min
Auch Bildungsforscherin Holzberger weist darauf hin, dass naturwissenschaftliche Studiengänge und Jobs nach wie vor großteils männlich, der soziale Bereich hingegen eher weiblich besetzt sind.
Wie kann man mit Stereotypen brechen?
Doch was könnte gegen diese limitierenden Rollenbilder getan werden? Laut Schnerring sollten sich Eltern und pädagogische Fachkräfte häufiger mit Kommentaren zurückhalten, wenn Kinder Spielzeug präferieren, das nicht den eigenen Rollenerwartungen entspricht. Zudem solle widersprochen werden, wenn über untypische Entscheidungen geurteilt oder gewitzelt wird.
Holzberger zufolge sollten Eltern, Erzieher und Lehrkräfte mit Spielzeugklischees aufräumen und dafür ausgebildet werden. Zwar sei geschlechterspezifisches Spielzeug nicht allein für Rollenklischees verantwortlich, aber es verstärke diese Geschlechterstereotype, meint die Professorin.
Quelle: ZDF
Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Quelle: dpa
Mehr zu Geschlechterrollen
Grafiken
Frauen in der Wissenschaft:Nur ein Drittel der Forschenden sind Frauen
von Michaela Waldow