Deutscher ESC-Kandidat: "Leute, habt Ihr Lack gesoffen?"
Interview
Israel-Boykott beim ESC?:Isaak: "Leute, habt Ihr Lack gesoffen?"
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Am Dienstag startet der ESC. An der Teilnahme Israels gibt es viel Kritik. Auch der deutsche Teilnehmer Isaak wird aufgefordert, den ESC zu boykottieren. Doch das will er nicht.
Für Deutschland tritt dieses Jahr Sänger Isaak beim ESC an. Forderungen, Israel vom Wettbewerb auszuschließen, weist er zurück.
Isaak: Das ist Wahnsinn. Ich kriege so viele Nachrichten.
Wir sind einfach nur ein paar Dudes, die sich hier treffen und Musik machen. Der Titel der Veranstaltung ist 'United by Music'. Und wenn wir sagen, Israel muss jetzt raus, weil die Regierung irgendwie Schmu macht - ja dann sind wir nicht mehr 'United by Music'.
Dann sind wir 'United by Music' - außer die, die einer Regierung angehören, die irgendwas macht, was uns moralisch nicht in den Topf passt. Finde ich krass.
Wir treffen uns hier, um Musik zu machen. Und wenn wir jetzt anfangen, kategorisch alle auszuschließen, dann werden wir immer kleiner. Und irgendwann gibt es das Event nicht mehr.
Zum Hintergrund: In Schweden haben im Februar mehr als 1.000 Künstlerinnen und Künstler dazu aufgerufen, Israel vom Eurovision Song Contest auszuschließen.16.02.2024 | 2:07 min
ZDFheute: Weil die ESC-Veranstalter Israel nicht ausschließen, gibt es eben diese Forderungen, den ESC zu boykottieren. Außerdem sind in Malmö Demonstrationen gegen die Teilnahme Israels angekündigt, es werden 20.000 Teilnehmer erwartet. Israel hat eine Reisewarnung ausgesprochen. Haben Sie Sorge vor Ausschreitungen?
Isaak: Die Sicherheitsvorgaben sind absurd hoch, was mir jetzt kein absolutes Gefühl von Sicherheit gibt. Das impliziert ja eher das Gegenteil. Je höher die Sicherheitsstufe ist, desto eher erwartet man Gefahr. Aber ich bin halt einfach so ein naiver, gutmütiger Mensch und ich sag mir so: Naja, es wird schon alles gut gehen.
ZDFheute: Die israelische Sängerin Eden Golan wird am Donnerstag im zweiten Halbfinale ihren Song "Hurricane" singen, Russland bleibt ausgeschlossen. Sehen Sie darin einen Widerspruch?
Isaak: Ich habe es mir erklären lassen und das ließ sich schon nachvollziehen. Israel hat eine freie Berichterstattung, Russland nicht. Um die Propaganda Russlands nicht zu unterstützen, hat man eben gesagt, wir können Russland leider nicht teilnehmen lassen.
Deswegen hat man sich letztlich dazu entschieden, Israel teilnehmen zu lassen und Russland nicht. Ich finde es auch nicht schön, aber ich kann es verstehen.
Isaak: Nein. Zu sagen, dass man nichts als der Durchschnitt ist, muss nicht unbedingt sofort heißen, dass man nicht gut genug ist. Dann wäre ja niemand gut genug. Es ist genau das Gegenteil.
Jeder will irgendwie in einer gewissen Art und Weise rausstechen und in diesem Song habe ich diese Erkenntnis einfach rausgepackt. Einfach, weil ich so viel gelernt habe in den letzten Jahren. Und so viele Leute kennengelernt habe, die eben genauso sind wie ich.
Ich bin jetzt kein krasser Überflieger und bin jetzt nicht das Genie, das alle anderen wegsteckt. Ich kann es aber trotzdem noch irgendwie schaffen, einen Weg zu finden und ein gutes Mitglied meiner Umgebung zu sein.
ZDFheute: Welchen Platz streben Sie an?
Isaak: Wir peilen natürlich Platz Eins an. Das Best Case-Szenario wäre zu gewinnen, das steht vollkommen außer Frage. Und ich gebe mir die beste Mühe, die ich mir geben kann und versuche, das Allerbeste aus mir rauszuholen. Aber selbst wenn es der letzte Platz werden würde, dann wird das nicht wirklich massiv etwas an meiner Zukunft verändern.
Isaak, 2024
Die deutsche ESC-Bilanz der vergangenen Jahre ist desaströs. Doch 2024 bricht Sänger Isaak den Fluch. Er wird mit "Always on the run" zwölfter beim ESC in Malmö.
Quelle:
ZDFheute: Deutschland ist bei den vergangenen acht Teilnahmen sieben Mal Letzter oder Vorletzter geworden. Sie selbst stehen in den Wetten im Moment wieder weit hinten. Was, wenn Deutschland wieder schlecht abschneidet? Sollte Deutschland dann beim ESC aussetzen?
Isaak: Nö. Sehe ich gar nicht. Warum denn? Es ist ein Musikevent und nach Schwarz kommt immer Weiß.
Irgendeinen letzten Platz muss es geben, Punkt. Wenn es nach mir ginge, würde ich auf diese ganzen Platzierungen verzichten. Für uns Musiker ist das kein Contest. Wir machen einfach schöne Musik, haben eine schöne Zeit und geben uns Mühe. Competition findet unter Musikern gar nicht statt. Wir machen da kein Armdrücken.
Es schauen 200 Millionen Menschen zu. Wenn du da auftrittst und nur ein Prozent der Zuschauer für dich begeistern kannst, dann hast du zwei Millionen neue Fans. Und dann hast du ein besseres Leben als vorher.
Das Interview führte Dominik Rzepka.
Anmerkung der Redaktion: Eine Interview-Passage wurde nach Veröffentlichung zurückgezogen und der Beitrag entsprechend angepasst.