Ärztin stirbt nach Vergewaltigung: Medizinerstreik in Indien

    Ärztin nach Vergewaltigung tot:Indien: Mediziner streiken landesweit

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    In Indien ist eine Ärztin vergewaltigt und ermordet worden. Viele Mediziner streiken nun für härteres staatliches Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und bessere Arbeitsbedingungen.

    Indien: Ärzte streiken landesweit
    In Indien hat ein landesweiter Streik von Ärzten begonnen. 17.08.2024 | 0:22 min
    Wut und Trauer in der Ärzteschaft, Entsetzen in der Gesellschaft: Der gewaltsame Tod einer jungen Ärztin in Ausbildung hat in Indien eine neue Welle von Protesten ausgelöst. Es ist eine weitere Vergewaltigung, die das bevölkerungsreichste Land der Welt erschüttert.
    Erst im Jahr 2022 wurden mehr als 31.000 Vergewaltigungsfälle gemeldet. Nun erreicht der Protest eine neue Dimension: Am Samstag haben Medizinerinnen und Mediziner in den Morgenstunden begonnen, landesweit ihre Arbeit für 24 Stunden niederzulegen. Krankenhäuser wiesen Patientinnen und Patienten ab - wenn es sich nicht um Notfälle handelte.

    Sicherheitsmaßnahmen wie an Flughäfen?

    Währenddessen riefen die Demonstrantinnen und Demonstranten in weißen Kitteln ihre Forderungen und hielten Plakate hoch. Sie möchten eine Bestrafung des Täters oder der Täter - und sicherere Arbeitsbedingungen.

    Ich habe Angst.

    eine junge Frau gegenüber einem Reporter

    Ihre Eltern hätten ihr gesagt, dass sie keine Nachtschichten mehr übernehmen solle.
    Es brauche bei Krankenhäusern Sicherheitsvorkehrungen wie an Flughäfen, erklärte der Chef der Indian Medical Association, RV Asokan. "Ärzte werden misshandelt, sind unterbezahlt und überarbeitet", sagte ein anderer Arzt der "Times of India". Bereits in den vergangenen Tagen hatten Zehntausende protestiert.
    Gleichzeitig rief das Gesundheitsministerium in Neu-Delhi die Protestierenden dazu auf, wieder in ihre Krankenhäuser zurückzukehren - gerade angesichts einer steigenden Zahl von Dengue- und Malaria-Fällen. Sie versprachen, dass ein Komitee Sicherheitsmaßnahmen vorschlagen werde.
    Auf dem Bild ist eine überfüllte Straße mit Rikschas und Taxis zu sehen.
    Vergewaltigung von Frauen ist in Indien eine der häufigsten Straftaten. Um eine Lizenz zu erhalten, müssen etwa Taxi- und Rikschafahrer Benimmkurse besuchen.20.03.2024 | 6:27 min

    Autopsie weist Spuren sexueller Gewalt nach

    Das schon lange schwelende Problem wurde einmal mehr aktuell, als die Leiche der 31-jährigen Ärztin in Ausbildung am Freitagmorgen vergangener Woche gefunden wurde - in einem Seminarraum ihres Krankenhauses in der Millionenstadt Kolkata (früher Kalkutta). Die Frau soll dort nach einer langen Schicht geschlafen haben.
    Ihr Körper wies viele Verletzungen auf, eine Autopsie wies Spuren sexueller Gewalt nach. Die Polizei nahm bislang einen Verdächtigen fest.
    Proteste gegen Vergewaltigungen in Indien. Archivbild
    Indien ist für Frauen eines der gefährlichsten Länder der Welt. Übergriffe im öffentlichen Raum gehören zum Alltag. Erziehungskurse sollen Männer jetzt zum Umdenken bringen. 05.10.2022 | 6:38 min
    Stimmen aus der Ärzteschaft berichteten, die Obduktion deute auf eine Gruppenvergewaltigung hin. Inzwischen wies das Oberste Gericht Kolkatas eine indische Bundespolizeibehörde an, die Ermittlungen zu übernehmen.

    Viele Ärzte werden angegriffen

    Die Berichte richteten die Aufmerksamkeit auf gleich zwei große Probleme: Zum einen erleben Mediziner auf dem Subkontinent immer wieder Gewalt am Arbeitsplatz. Berichte häufen sich, wonach Angehörige handgreiflich werden - gerade wenn Patienten sterben.
    Bis zu 75 Prozent der Ärzte seien etwa Drohungen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt, hieß es in einer Studie der Indian Medical Association von 2019.
    Taliban-Soldat und verschleierte Frauen
    In Afghanistan haben Frauen unter der Herrschaft der Taliban kaum noch Rechte. Protestieren sie dagegen, drohen Verhaftung und Folter. Viele sehen als einzigen Ausweg die Flucht.17.07.2024 | 6:00 min
    Zum anderen ist auch Gewalt gegen Frauen in dem patriarchisch geprägten Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern verbreitet. Nach offiziellen Daten wird in Indien jede Viertelstunde ein neuer Vergewaltigungsfall gemeldet. Die tatsächliche Zahl dürfte dabei deutlich höher sein, wie Frauenrechtlerinnen immer wieder betonen. Aber das Stigma ist so groß, dass viele Opfer lieber schweigen.

    Misstrauen gegenüber Polizei

    Dringen allerdings besonders brutale Fälle sexueller Gewalt an die Öffentlichkeit, ist die Aufmerksamkeit groß - vor allem seit der Gruppenvergewaltigung einer 23-jährigen Studentin in einem fahrenden Bus in der Hauptstadt Neu-Delhi vor zwölf Jahren. Sie starb später in einem Krankenhaus.
    Auch damals gab es Massenproteste, was zu einer Verschärfung der Gesetze führte. Die vier Täter starben sieben Jahre später am Galgen.
    Trotzdem trauen viele Inderinnen der Polizei und dem Justizsystem weiterhin nicht - besonders wenn sie einer tiefen Kaste angehören. Viele Fälle bleiben jahrelang liegen, manche Verdächtige kommen gar auf Kaution frei. Deshalb beteiligten sich zuletzt auch viele Frauen an den Protesten.
    Frauen in Guwahati, Indien demonstrieren wegen des gewaltsamen Todes einer jungen Ärztin in einem Krankenhaus letzte Woche.
    Frauen in Guwahati demonstrieren wegen des gewaltsamen Todes einer jungen Ärztin in einem Krankenhaus in Kolkata letzte Woche.
    Quelle: AP

    Sie marschierten etwa in der Nacht zum Donnerstag, dem Tag der indischen Unabhängigkeit von den ehemaligen britischen Kolonialherren, und forderten ein Leben ohne Angst.

    Premier registriert die Wut der Masse

    Premierminister Narendra Modi griff den Fall in seiner Rede am Unabhängigkeitstag indirekt auf. "Die breite Masse ist wütend", sagte der 73-Jährige.

    Unser Land, unsere Gesellschaft und unsere Regionalregierungen müssen das ernst nehmen. Verbrechen gegen Frauen sollten mit einer größeren Dringlichkeit untersucht werden.

    Premierminister Narendra Modi

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    Quelle: ZDF

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    Quelle: dpa
    Thema

    Gewalt gegen Frauen weltweit