Weil er heimlich Hunderttausende aus Russland kassiert hat, wurde Filmemacher Hubert Seipel jetzt von Netzwerk Recherche ausgeschlossen, einem Verbund investigativer Journalisten.
Hubert Seipel ist nicht mehr Mitglied im Netzwerk Recherche (Archivfoto).
Die Vereinigung gilt als eine der renommiertesten ihrer Art und Seipel war etliche Jahre ein geachtetes Mitglied. Der Filmemacher sprach auf Podiumsdiskussionen, leitete Veranstaltungen und trat dort als Referent und Moderator auf. Auf der diesjährigen Jahreskonferenz votierten die Stimmberechtigten ohne Gegenstimme heute für seinen Rauswurf.
"Hubert Seipel hat mit seinem Verhalten die grundsätzlichen Regeln des unabhängigen Journalismus gebrochen und der Glaubwürdigkeit unseres Berufsstandes massiv geschadet", sagte der Vorsitzende des Netzwerks Recherche, Daniel Drepper, dem ZDF.
Reaktion auf internationale Recherche
ZDF frontal hatte- gemeinsam mit dem internationalen Recherchenetzwerk ICIJ und weiteren Partnern wie dem "Spiegel" und der "Washington Post" - die Vorwürfe aufgedeckt. Demnach hatte Seipel heimlich mindestens 600.000 Euro angenommen, die über eine Briefkastenfirma des Oligarchen und Putin-Vertrauten Alexej Mordaschov flossen.
Die Zahlungen waren als Zuschüsse für Seipels Bücher über Wladimir Putin deklariert, der Journalist hatte sie weder dem Buchverlag noch dem NDR gegenüber offengelegt.
Russland-Experte Seipel hat 600.000 Euro von einem Putin-nahen Oligarchen erhalten. Das zeigen ZDF-Recherchen. Seine Unparteilichkeit sieht der Journalist nicht beeinträchtigt.
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Schon kurz nach der Veröffentlichung hatte Daniel Drepper, der Vorsitzende des Netzwerks Recherche, Hubert Seipel zum Austritt aufgefordert. Allerdings war Seipel der Aufforderung nicht nachgekommen, weswegen er nun auf der jährlichen Mitgliederversammlung ausgeschlossen wurde. Seipel selbst durfte nicht mitstimmen, seine "stimmberechtigte Mitgliedschaft" ruhte seit November. An der Versammlung, so teilte Seipel dem Netzwerk Recherche mit, könne er aus privaten Gründen nicht teilnehmen.
ZDF und Spiegel hatten enthüllt, dass Filmemacher und Putin-Biograf Hubert Seipel Hunderttausende Euro aus Russland kassierte. Nun präsentiert der NDR seinen Untersuchungsbericht.
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Nach der Veröffentlichung der Vorwürfe gegen Seipel stellte der Buchverlag Hoffmann & Campe den Verkauf der Bücher Seipels ein. Der NDR setzte eine Kommission unter der Leitung des Ex-Spiegel-Chefs Steffen Klusmann ein, die unter anderem prüfen sollte, inwiefern Seipel über die Jahre "vorsätzlich getäuscht" habe.
Das Ergebnis lautete, der Sender habe sich eher nicht mit Ruhm bekleckert, grobes Fehlverhalten oder gar einen Fehler im System wollten die Kommissionsmitglieder jedoch nicht erkennen. Noch Monate später waren Beiträge mit Seipel auf den Internetportalen des Senders zu finden.
ZDF frontal deckte mit dem "Spiegel" und anderen Recherchepartnern auf, wie sich ein deutscher Journalist von einem russischen Oligarchen korrumpieren ließ. Inzwischen hat der NDR reagiert.06.02.2024 | 2:16 min
Der Mann im Mittelpunkt der Affäre, Hubert Seipel, nahm vor wenigen Wochen am Wirtschaftsforum im russischen Petersburg teil, Putins Heimatstadt. Neben ihm zeigten sich dort auch die frühere österreichische Außenministerin Karin Kneissl, die inzwischen in Russland wohnt, und auch der russische Staatschef Wladimir Putin selbst, samt seiner Tochter Maria Woronzova.
Quelle: ZDF
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