Stadt ohne Gift:Wie Freiburg auf Pestizide verzichtet
von Tanja Reinhard
|
Fast 600 Kommunen verzichten weitgehend auf den Einsatz von Pestiziden. Freiburg ist bereits seit 30 Jahren fast giftfrei und großes Vorbild. Was die Vorteile des Verzichts sind.
Vier Millionen Tonnen Pestizide werden jährlich weltweit versprüht. Die Rückstände landen über Obst und Gemüse auf unseren Tellern. Landwirte und auch Städte wollen etwas dagegen tun.22.08.2024 | 29:44 min
Wenn Harald Schaich mit dem Fahrrad in Freiburg unterwegs ist, sieht vieles anders aus als in anderen deutschen Städten: Wo anderswo Stiefmütterchen in Reih und Glied Grünanlagen schmücken, wachsen hier wilde Blumen und Gräser auf den Verkehrsinseln.
Inseln im Stadtverkehr für Tiere und Pflanzen
Diese Inseln im Stadtverkehr sind als Refugien für Tiere und Pflanzen angelegt. So können Insekten, Vögel und Eidechsen in einem Biotopverbund durch die Stadt wandern.
Den Plan dafür hat der Abteilungsleiter für Naturschutz im Umweltschutzamt, Harald Schaich, mitentwickelt. Jeder Zentimeter gesundes Grün zählt - und genau das ist seine Mission. In Freiburg hat der Gemeinderat schon 1994 entschieden, eine der ersten pestizidfreien Kommunen in Deutschland zu werden.
In Deutschland sind circa 1.000 Pflanzenschutzmittel zugelassen - wie Insektizide oder Fungizide. Ein Pflanzenschutzmittel besteht aus einem giftigen Wirkstoff und einem oft auch giftigen Beistoff, der das Mittel zum Beispiel wasserlöslich macht.12.07.2021 | 0:29 min
Vier Millionen Tonnen Pestizide werden jedes Jahr weltweit verspritzt - und es werden mehr. Von den verbrauchten Pestiziden sind rund:
50 Prozent Herbizide gegen "Unkräuter"
30 Prozent Insektizide gegen Insekten
17 Prozent Fungizide gegen Pilze
Quelle: Pestizidatlas der Heinrich Böll Stiftung
Keine Pestizide: Umdenken beim Gartenamt
Wege und Plätze werden in Freiburg meist mechanisch und mit der Hand bearbeitet. Gespritzt werden nur noch biologische Stärkungsmittel. Umdenken ist die Devise bei den städtischen Mitarbeitern. Die sind die Verbündeten von Harald Schaich. Einer von ihnen ist Gärtnermeister Paul Kaltenbach:
In meiner Anfangszeit vor 50 Jahren wurden Flächen und Wegränder komplett abgespritzt. Da wollte man dann alles noch clean haben.
„
Paul Kaltenbach, Gärtnermeister bei der Stadt Freiburg
Wo früher kurzgemähte Rasenflächen waren und teure Blumen wuchsen, befindet sich heute ein Refugium von Kräutern und Wildstauden. Das spart Arbeitskosten und Spritzmittel.
Im Sommer-Drink dürfen Zitrusfrüchte nicht fehlen. Doch viele sind mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Diese Tipps ermöglichen Ihnen einen sicheren Fruchtgenuss.
von Karen Grass
mit Video
Naturschutzgebiet statt Landwirtschaft am Stadtrand
Auch größere Flächen am Stadtrand haben sich verändert. Im Westen von Freiburg wurde über viele Jahre konventionelle Landwirtschaft betrieben und städtische Abwässer geklärt. Heute ist hier ein Naturschutzgebiet. Harald Schaich, dessen Job es ist, den Naturschutz in Freiburg voranzubringen, findet dort mittlerweile wieder Libellenlarven, die ein Indikator für sauberes Wasser sind. Weniger Pestizide bedeutet auch mehr Artenvielfalt.
Die Stadt Freiburg lässt sich die Arbeit von Harald Schaich und seinem Team einiges kosten. Rund eine Million Euro hat die Kommune in den letzten beiden Jahren für die Umsetzung von mehr Biodiversität ausgegeben.
Das Artensterben in Deutschland ist dramatisch - unsere heimische Biodiversität ist in Gefahr. Besitzer von Gärten und Balkonen entdecken jetzt, was sie selbst dagegen tun können.23.07.2023 | 28:46 min
Die wichtigsten Maßnahmen für mehr Natur in der Stadt
Einsatz von Wasserbüffeln im Feuchtgebiet am Stadtrand
"Die Wasserbüffel weiden das Gelände unregelmäßig ab, schaffen kleine Gewässer und über den Kot kommen viele Insekten rein. Das bringt Dynamik und schafft Artenvielfalt", so Harald Schaich.
Unterstützung für Landwirte
Wer keine Pestizide auf städtischen Flächen einsetzt, bekommt die Hälfte der Pacht erlassen.
Förderung für Privatleute
Die Bürger können sich beraten lassen für die Anlage naturnaher Gärten, Dächer und Fassaden. Die Stadt gibt Geld dazu.
Mehr Flächen entsiegeln
Die Hälfte des Stadtgebiets steht unter Naturschutz. Mehr als 1.000 gesetzlich geschützte Biotope gibt es mittlerweile in Freiburg.
Um die protestierenden Landwirte in Frankreich zu besänftigen, wurde eine Rücknahme der geplanten Pestizid-Beschränkungen angekündigt. Kritik kommt von der Organisation Phyto-Victimes.20.02.2024 | 2:04 min
Gemüseanbau ohne Pestizide wird gefördert
Die Stadt fördert zusätzlich den Anbau von Gemüse ohne Pestizide. Denn mindestens 30 Prozent aller Lebensmittel für die Schulkantinen sollen aus biologischem Anbau rund um Freiburg kommen. So will es der Freiburger Gemeinderat. Damit wissen die Biobauern, dass ihre Produkte auch nachgefragt werden. Es sei wichtig, die Wertschöpfungskette zu betrachten und "auch unsere Marktmacht als Stadt zu nutzen", meint Harald Schaich.
Den Freiburgern geht es gut mit all diesen Entwicklungen. Viel Grün und Natur hilft gegen Hitze in der Stadt, verbessert die Luft und sorgt für mehr Lebensqualität.
Mehrere Hundert Tonnen Pestizide werden jedes Jahr in deutschen Gärten verteilt. Keine gute Idee, sagen Umweltschützer. Das schade Natur und Gesundheit. Und es gehe auch anders.
von Mark Hugo
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.